Werkzeugstandzeit und Prozesssicherheit erhöht

Werkstoffe 07. 02. 2021
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Im Rahmen der kontinuierlichen Prozessoptimierung ersetzte die voestalpine Rotec GmbH als weltweit agierender Hersteller von Präzisionsstahlrohrprodukten die manuelle Bearbeitung der Kanten von Stanzwerkzeugen durch einen automatisierten Gleitschliffprozess mit dem Schleppfinisher R 4/700 SF von Rösler. Durch die exakte Einzelteilbearbeitung, die trocken erfolgt, wird eine mindestens doppelte und bei verschiedenen Werkzeugen sogar bis zu zehnfache Standzeit erreicht. Der Return on Investment liegt daher deutlich unter zwei Jahren.

Die voestalpine Rotec ist eine international agierende Unternehmensgruppe mit elf Produktionsstandorten in Europa, Nordamerika und Asien, die sich auf die Herstellung, Weiterverarbeitung und den Vertrieb von Präzisionsstahlrohrprodukten spezialisiert hat. Durch die Einbettung in den weltweit tätigen Stahl- und Technologiekonzern voestalpine steht Kunden das komplette Know-how vom Flüssigstahl bis zur fertigen Rohrkomponente zur Verfügung. Die Entwicklung von innovativen Produkten und Fertigungstechnologien erfolgt in vier Divisionen, wobei die voestalpine Rotec-Gruppe, mit Hauptsitz im steirischen Krieglach, zur Metal Forming Division gehört. Hier werden neben Präzisions­stahlrohren überwiegend sicherheitsrelevante Komponenten wie Gurtstrafferrohre für die Automobilindustrie gefertigt. Die hochkomplexen Anlagen für die Herstellung der Rohrteile werden hier ebenfalls konstruiert und gebaut. Dabei werden nach Aussage von Hannes Winkler, Assistent der Werksleitung bei voestalpine Rotec und zuständig für die Prozessoptimierung, kontinuierliche Prozess­optimierungen genutzt, um auch in Österreich zu international wettbewerbsfähigen Kosten produzieren zu können.

Kostensenkung durch ­Erhöhung der Werkzeugstandzeit

Noch bevor sich an Stanzwerkzeugen wie Dornen und Matrizen Verschleiß ­einstellte, mussten diese aufgrund von Kantenbrüchen ersetzt werden. Die Kanten wurden zwar immer wieder manuell nachbearbeitet, was aber nicht zum gewünschten Erfolg ­führte. Bei rund 50 Millionen gefertigter Teile pro Jahr war die Werkzeugbeschaffung daher ein erheblicher Kostenfaktor. Der Prozess­optimierer suchte deshalb einen reproduzierbaren, automatisierten Prozess für die Verrundung der Kanten, durch die eine längere Standzeit der Werkzeuge erreicht wird.

Schleppfinishen in ­kosteneffizienter Trockenbearbeitung

Der Wunsch nach einer Trockenbearbeitung ist eine Aufgabenstellung, bei der das Schleppfinishen Stärken ausspielen kann. Dieses spezielle Verfahren der Gleitschlifftechnik ermöglicht es, komplex geformte, hochwertige Werkstücke präzise und gezielt zu bearbeiten. Exakt wiederholbare Prozess­parameter gewährleisten dabei reproduzierbare Ergebnisse. Da ich aus einer früheren Tätigkeit bei einem Motorsport-Zulieferer wusste, dass die Rösler Oberflächentechnik solche Anlagen anbietet, wandte ich mich zuerst an dieses Unternehmen. Selbstverständlich haben wir auch mit anderen Herstellern von Gleitschlifftechnik gesprochen und Tests durchgeführt, erklärt Hannes Winkler. Ausschlaggebend bei der Entscheidung für den Schleppfinisher R 4/700 SF war, dass Rösler die Bearbeitung der Werkzeuge in einem trockenen Prozess anbieten konnte. Diese Lösung macht nach Aussage von Hannes Winkler die bei einer Nassbearbeitung erforderlichen Komponenten für die Aufbereitung des Prozesswassers überflüssig. Sie ist seiner Überzeugung zufolge daher sowohl im Invest als auch bei den laufenden Betriebskosten günstiger. Die Qualität und Lebensdauer der Anlagen sowie ihre hohe Verfügbarkeit haben ebenfalls eine Rolle gespielt.

Automatisierte, an ­Werkzeuge ­anpassbare Bearbeitung

Der kompakte, nach dem Plug-and-Play-Konzept gestaltete Schleppfinisher verfügt über ein Karussell für vier Arbeitsspindeln mit jeweils drei Teileaufnahmen. Das Karussell und die Arbeitsspindeln sind mit separaten Antriebsmotoren ausgestattet, sodass deren Bewegungen individuell und unabhängig voneinander einstellbar sind. Unter dem schnell mit einem Flurfördergerät wechselbaren Arbeitsbehälter befindet sich ein Vibrationsmotor, der für eine optimale Durchmischung des Bearbeitungsmediums – hier Walnussschalengranulat und Korund – sorgt.

Für den Prozess werden die zu bearbeitenden Werkzeuge manuell in teilespezifische Werkstückhalterungen gespannt und an die Aufnahmen der Arbeitsspindeln angekoppelt. Der Mitarbeiter fährt die Spindeln dafür per Knopfdruck direkt zur Be- und Entladeposition, sodass die Bestückung ergonomisch, einfach und schnell durchgeführt werden kann.

Nach dem Start des entsprechenden Bearbeitungsprogramms, das in der frei programmierbaren Anlagensteuerung hinterlegt ist, fahren die Spindeln rotierend in das Bearbeitungsmedium. Karussell und Spindel bewegen sich jeweils in der definierten Drehzahl gegenläufig. Nach etwa der Hälfte der Bearbeitungszeit – sie liegt je nach Werkzeug zwischen 15 und 45 Minuten – erfolgt üblicherweise eine Drehrichtungsumkehr. Dies gewährleistet, dass die Kanten der Werkzeuge von allen Seiten gleichmäßig bearbeitet werden.

Steigendes ­Bearbeitungsspektrum verkürzt Amortisationszeit

Anfänglich war der Einsatz der Anlage für etwa fünf Highrunner-Werkzeuge vorgesehen. Durch die sehr guten Ergebnisse der maschinellen Bearbeitung hat sich nach Aussage von Hannes Winkler die Standzeit dieser Komponenten mindestens verdoppelt und bei einigen Werkzeugen sogar verzehnfacht. Inzwischen wird seit mehreren Monaten mit der Anlage gearbeitet und das zu bearbeitende Werkzeugspektrum wurde auf rund 20 Teile erhöht. Die Amortisationszeit liege daher mittlerweile bei deutlich unter zwei Jahren und verkürze sich mit jedem Teil, das hinzukommt, so Winkler. Dies hat auch dazu geführt, dass Rösler in der Unternehmensgruppe als Anlagenlieferant für diese Anwendung gelistet ist.

Neben der Bearbeitung von weiteren Werkzeugen hat der Prozessoptimierer auch eine Polieranwendung im Blick. Sollten die Ergebnisse der weiteren Versuche positiv sein, wird bei voestalpine Rotec ein zweiter Arbeits­behälter für das dafür erforderliche Bearbeitungsmedium beschafft. Das ist auch ein Vorteil dieser Anlage, dass der Behälter einfach ausgetauscht werden kann und wir so unkompliziert von einer zur anderen Anwendung wechseln können, so Winkler.

Über Rösler Oberflächentechnik

Seit über 80 Jahren ist die Rösler Oberflächentechnik GmbH als inhabergeführtes Unternehmen im Bereich der Oberflächenbear­beitung tätig. Als einer der internationalen Marktführer wird ein umfassendes Portfolio an Anlagen, Verfahrensmitteln und Dienstleistungen rund um die Gleitschliff- und Strahltechnik für unterschiedlichste Branchen geboten. Auch die Auswahl aus etwa 15 000 Verfahrensmitteln, die speziell in den weltweiten Testzentren und Laboren entwickelt werden, folgt der spezifischen Kundenanforderung.

Unter der Marke AM Solutions bietet die Rösler-Gruppe zudem vielfältige Lösungen und Dienstleistungen speziell für das Thema 3D-Druck/Additive Fertigung an. Darüber hinaus vermittelt die Rösler Academy als zentrales Trainingscenter ­praxisorientierte Seminare zu den Themen Gleitschliff- und Strahltechnik, Lean Management und Additive Manufacturing. Zur Rösler-Gruppe gehören neben den deutschen Werken in Untermerzbach/Memmelsdorf und Bad Staffelstein/Hausen 15 Niederlassungen und circa 150 Handelsvertretungen weltweit.

Text zum Titelbild: Der kompakte und universell ­einsetzbare Schleppfinisher R 4/700 SF verfügt über ein Karussell mit vier Arbeitsspindeln für ­jeweils drei Werkstücke. Separate Antriebe von Arbeitsbehälter und Spindeln ermöglichen, dass deren Bewegungen individuell und unabhän­gig voneinander einstellbar sind. Für eine ergonomische, einfache und schnelle Bestückung der Arbeitsspindeln kann der Schlepp­finisher per Knopfdruck zur Beladeposition gefahren werden (Bild: Rösler Oberflächentechnik GmbH)

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