Verchromte Oberflächen – nach wie vor unverzichtbar im Automobil

Oberflächen 07. 02. 2021

BIA Forum mit Neuigkeiten und Entwicklungen der BIA Kunststoff- und Galvanotechnik GmbH & Co. KG aus Solingen, situationsbedingt als Online-Veranstaltung

Da Präsenzveranstaltungen dieser Tage kaum möglich sind, nutzte der Automobilzulieferer BIA Ende November erstmals ein digitales Format, um seine Geschäftspartner über aktuelle Entwicklungen im Unternehmen und der Branche zu informieren. Jörg Püttbach, Geschäftsführer der BIA Gruppe, begrüßte die Teilnehmer online zur digitalen Tagung mit Informationen zu aktuellen Themen bei BIA sowie Neuerungen auf dem Gebiet der Herstellung und Beschichtung von Kunststoffteilen. Eingangs stellte der Geschäftsführer die für die BIA Gruppe wichtige neue Schlüsselposition eines Technologiemanagers Automotive vor. Gewonnen wurde für diese Stelle mit Dr. Markus Häp ein erfahrener Fachmann der Galvanotechnik, der ein kompetenter Ansprechpartner für neue Ideen der Kunden und die dafür erforderlichen technischen Lösungen sein wird. Zu ­seinen wichtigen Aufgaben gehört derzeit die Koordination und Kommunikation mit den Kunden, um die im Zusammenhang mit den REACh-Anforderungen erforderlichen Alternativverfahren zu implementieren.

Jörg Püttbach, BIA-Geschäftsführer, begrüßt Interessenten im neuen Format (Bild: BIA)

 

BIA ist nach den Worten von Jörg Püttbach weltweit an allen wichtigen Standorten der Automobilindustrie vertreten. Alle Werke verfügen über die modernsten Anlagen zur Herstellung von Kunststoffteilen – derzeit mit insgesamt 150 Spritzgussmaschinen -, für die Beschichtung und für die Prüfung der Verfahren und Oberflächen. Neben den alternativen Beschichtungsverfahren treibt BIA auch die chrom(VI)freie Vorbehandlung voran. Zu den neuesten Verfahrenstechniken zählt das Lackieren von Kunststoffoberflächen. An allen Standorten stehen neben der Produktion von höchster Qualität auch der bestmögliche Umweltschutz sowie eine hohe Ressourcen­effizienz im Mittelpunkt. Nahezu alle Standorte betreiben bereits Anlagen zur Abscheidung von Chromoberflächen aus Chrom(III)verfahren. Die Vorbehandlung ohne Chromat wird derzeit in Ringversuchen des Fachverband Galvanisierte Kunststoffe (FGK) erprobt. Für die Realisierung wird allerdings nach Einschätzung von BIA noch einige Zeit erforderlich sein.

Das neueste Werk wurde von kurzem in Mexiko eröffnet und betreibt die inzwischen zwölfte und derzeit größte Galvanoanlage innerhalb der BIA Gruppe. Die Serienproduk­tion wird dort im April 2021 aufgenommen.

Das neue Werk in San Luis Potosi in Mexiko (Bild: BIA)

 

Blick auf die neue Anlage im BIA-Werk in Mexiko (Bild: BIA)

 

Dr. Markus Dahlhaus und Jörg Püttbach gaben den Teilnehmern einen Einblick in die Umsetzung der Forderungen aus REACh zur Autorisierung von Chrom(VI). Hier wird seit kurzem seitens der Behörden die Erstellung eines Substitutionsplans für die Alternativen zu Chrom(VI) gefordert. Daraus resultierend wird BIA bis 2025 alle Verchromungen vom bisher üblichen System auf Basis von Chrom(VI) auf Chrom(III)systeme umstellen. Bei den Verfahren zur Vorbehandlung von Kunststoffen konnte bisher nach Aussage von Dr. Dahlhaus noch keine wirkliche Lösung entwickelt werden. Für die Umstellung sind ihm zufolge noch etwa acht bis zehn Jahre erforderlich. Dabei spielen auch die Genehmigungsverfahren mit den Kunden aus der Automobilindustrie eine wichtige Rolle. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die laufenden Artikel in der Serie. Bei der Vorbehandlung können einige Bauteile bereits recht erfolgreich in anderen Verfahren konditioniert werden, aber nicht das gesamte Spektrum an Materialkombinationen und Bauteilgeometrien.

BIA arbeitet derzeit an der Erstellung ­einer neuen Galvanikanlage in Solingen, mit der eine Umstellung sukzessive erfolgen kann. Diese neue Anlage erlaubt es, in der laufenden Serie auf eine neue Vorbehandlung umzustellen und alle dafür notwendigen Produktionsparameter zu erarbeiten und zu optimieren. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Umstellung aller weiteren Anlagen bei BIA ein. Auch alternative Verfahren zur Erzeugung chromähnlicher Oberflächen kommen bei BIA immer wieder auf den Prüfstand, um im Hinblick auf die Marktlage das Portfolio entsprechend zu erweitern.

Dr. Felix Heinzler, Leiter Entwicklung und Prozesstechnik, stellte die neueste Beschichtungsvariante der BIA, eine Lackierung von Kunststoffteilen, vor. Dazu wurde am Standort Solingen eine Lackieranlage aufgebaut, mit der die hochwertigen ­Teile der BIA mit Hochglanzschwarz – zukünftig sehr wahrscheinlich auch Schwarzmatt - und Chromeffektlack beschichtet werden können. Darüber hinaus sollen auch laserstrukturierte Teile, zum Beispiel in Art des Nachtdesigns, mit zusätzlicher Lackierung aufgenommen werden.

Für die Lackierung werden Handlings- und Lackierroboter eingesetzt, wodurch in Verbindung mit einem Rondelltrockner eine sehr kompakte Anlage zur Herstellung von Ein- und Mehrschichtlackierungen zur Verfügung steht. Mit der Technologie können sehr komplexe 3D-Geometrien bearbeitet werden, ebenso Teile für Hinterleuchtung. Die Teile selbst werden für die Lackierung auf Gestellen fixiert. Die Teilegröße richtet sich nach den Abmessungen der erstellten Lackieranlage, die bei einer maximalen Höhe von 200 mm einen Aufnahmeraum von 1400 mm x 800 mm bietet. Mit der neuen Anlage ist es BIA damit möglich, Teile sowohl mit Galvanik- als auch mit Lackoberfläche anzubieten. Dadurch werden die notwendigen Werkzeugkosten für die Herstellung der Kunststoffteile gering gehalten und das Portfolie der BIA deutlich erweitert. Verarbeitbar sind wasserbasierte und lösemittelbasierte Lacke. Das Unternehmen legt selbstverständlich sowohl beim Lackieren als auch bei der galvanischen Beschichtung hohen Wert auf den Umweltschutz.

Dr. Felix Heinzler, Jörg Püttbach und Dr. Markus Dahlhaus stellen sich den Fragen der Teilnehmer am BIA Online-Forum (Bild: BIA)

 

Die Zukunft bei beschichtetem Kunststoff aus Sicht der BIA

Dr. Markus Dahlhaus ist der Ansicht, dass mit unterschiedlichen Autorisierungszeiträumen für die galvanische Beschichtung auf Basis von Chrom(VI) und für die Vorbehandlung von Kunststoff mit dem Einsatz von Chromsäure zu rechnen ist, insbesondere, weil für die galvanische Verchromung heute bereits Alternativen verfügbar sind, während diese für die Vorbehandlung noch in einem frühen Entwicklungsstadium sind.

Beim Mischverbau von Teilen mit ­Schichten aus Chrom(III)- und Chrom(VI)verfahren sind nach Aussage von Dr. Dahlhaus heute bereits kaum mehr Unterschiede im Aussehen zu verzeichnen. Dies ist vor allem auch auf eine sehr hilfreiche Festlegung der Toleranzen durch die OEMs möglich. Hier verweist er auf erfolgreiche Ansätze bei VW, die eine gute Basis für die zukünftige zuverlässige Herstellung von galvanisierten Kunststoff­teilen darstellen.

Nach Meinung von Dr. Markus Dahlhaus ist durchaus eine deutliche Verunsicherung in der Automobilbranche mit den Zulieferern bezüglich der zu erfüllenden REACh-Auflagen für Chromoberflächen erkennbar, insbesondere aufgrund der ausstehenden Entscheidung der Behörden. Allerdings sind vor allem im Automobilinnenbereich nach wie vor Echtchromoberflächen gefragt und aufgrund der Wertigkeit auch unverzichtbar.

Im Hinblick auf das neue BIA-Angebot des Lackierens betont Dr. Felix Heinzler, dass die BIA die Technologie primär als Möglichkeit sieht, ihr Paket an Teilen für die Automobil­industrie zu erweitern und so ihre Attraktivität für die Kunden zu steigern. Sollte das Angebot in starkem Maße angenommen werden, so können bei Bedarf die Kapazitäten deutlich ausgeweitet werden. Die neue Anlage wurde unter anderem auf diesen Gesichtspunkt hin konzipiert. Zudem wird nach Aussage von Dr. Heinzler der neue Technologiemanager Automotive Entwicklungen für innovative Neuheiten unter Einbeziehung von lackierten Oberflächen den Kunden unterbreiten und zusammen mit diesen entwickeln. Einer der Gesichtspunkte zur Einrichtung der Lackieranlage richtet sich auf den Einsatz von Chromeffektlackierungen. Diese können als Alternativen für einige Teile gesehen werden, die beispielsweise nicht auf den Cool-Touch-Effekt, den eine metallische Oberfläche aufweist, Wert legen oder auch kleine Flächen aufweisen. Darüber hinaus bietet Lack die Möglichkeit, weitere Farbnuancen einer chromartigen Oberfläche zu erzeugen.

 

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