Die microTEC Südwest Clusterkonferenz (digital) 2021 erfährt eine durchweg positive Resonanz und verzeichnet eine Anmeldungszahl wie bisherige physische Treffen. Auch die Aussteller zeigen sich sehr erfreut über die Tagung und die rege Beteiligung an den Fachvorträgen. Trotz anfänglicher Bedenken, ob die Zahl der Teilnehmenden an die vorigen Vor-Ort-Treffen heranreichen werden, konnte mit 202 Personen am bisherigen Teilnehmerrekord gekratzt werden; die Erwartungen der Veranstalter und aktiven Teilnehmer wurden damit deutlich übertroffen.
MicroTEC Südwest-Vorstandsvorsitzender Professor Peter Post, der im September 2020 die Nachfolge von Eckehardt Keip angetreten hatte, leitete die Konferenz ein. In seinem Grußwort verwies Michael Kleiner, Ministerialdirektor im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, auf die großen Erfolge von microTEC Südwest seit der Gründung im Jahr 2005 und dankte dem bisherigen Vorstandsvorsitzenden Eckehardt Keip für die geleistete Arbeit. Viele wichtige Technologiethemen des Landes würden durch microTEC Südwest im Rahmen von Projekten des Landes wie der Allianz Industrie 4.0 oder im Projekt ScaleIT vorangetrieben.
Clusterkonferenz der microTEC Südwest erstmals als reine Online-Veranstaltung (Bild: microTEC Südwest)
Themenvielfalt ermöglicht domänenübergreifenden Austausch
Wie in den Vorjahren umfasste das Programm ein breites Spektrum an Themen zu Medizintechnik und Gesundheit, Produktion und Industrie 4.0 sowie zu neuesten Technologietrends. Das Netzwerken kam dank der sogenannten Virtual Lounges, den digitalen Kaffeetischen, nicht zu kurz. Darüber hinaus konnten bilaterale Gespräche vereinbart werden, die durch eine Filterfunktion im Eventtool schnell den Zugang zum richtigen Partner lieferte. 16 Aussteller aus Industrie und Wissenschaft zeigten vielfältige Lösungen und Produkte, die sie in kurzen Beiträgen vorstellten. Die Aufzeichnungen dieser Aussteller-Pitches werden auf dem YouTube-Kanal von microTEC Südwest veröffentlicht.
Rund um Industrie 4.0 spielte die Verbindung von Daten, Algorithmen und der zugrunde liegenden Technologie eine wichtige Rolle und wurde in den Vortragsreihen über Künstliche Intelligenz, Big Data und Datenanalyse sowie Predictive Maintenance & Condition Monitoring adressiert. Die Vielfalt der Themen für Anwendungen in der Medizintechnik und Gesundheit demonstrierten die Vortragenden in der Vortragsgruppe über Lab-on-Chip-Systeme und zwei Vortragsreihen zu Mikromedizintechnik, unter anderem zu intelligenten Implantaten. Schließlich befasste sich eine weitere Vortragsreihe mit technologischen Themen, wie Sensoren, flexiblen, hybriden Systemen und verschiedenen Aspekten der Mikroelektronik, gedruckter Elektronik für Sensorik und Energiegewinnung sowie sogenannten programmierbaren Materialien.
Bei einigen der angebotenen Vorträge wird in der folgenden Zusammenfassung näher auf den Inhalt eingegangen.
Miniaturisierte Sensoren für die Zustandsüberwachung
Die Sicherheit und Effizienz von Maschinen nimmt heute einen hohen Stellenwert in Produktionseinrichtungen ein. Um diese Anforderungen zu gewährleisten eignet sich das Konzept einer Zustandsüberwachung, basierend auf einer regelmäßigen oder permanenten Erfassung des Maschinenzustandes durch Messung und Analyse von physikalischen Größen wie Schwingungen, Temperaturen oder Lage/Näherung. Sensoren, die die Widerstandsänderung eines Materials unter Einwirkung eines Magnetfelds, sogenannte MagnetoResistive (MR)-Sensoren, nutzen, erlauben die Erfassung von physikalischen Größen wie lineare und rotative Position, elektrischer Strom oder Magnetfeld. Auf diesem Gebiet ist Glenn von Manteuffel, Sensitec, Wetzlar, tätig.
Aufbau von MR-Sensoren im Vergleich (Bild: Manteuffel/Sensitec)
Die Sensoren zeichnen sich durch kleine Abmessungen und eine hohe Empfindlichkeit bei der Erfassung von Kennwerten wie Winkel, Länge, Magnetfeld und Stromstärke aus. Ihre Einsatzfähigkeit ist auch unter harschen Umgebungsbedingungen gewährleistet, wie im Falle eines Siebbands für Maschinen zur Kartoffelernte gezeigt wurde. Bei ihnen wird der mechanische Verschleiß von Metallteilen des Bandes erfasst und so eine frühzeitige, verlässliche Aussage über den Verschleißzustand möglich, wodurch Ausfallzeiten der Maschine reduziert werden können.
Sensorherstellung durch hybriden 3D-Druck
Albert Dorneich befasst sich bei Balluff mit größeren, individualisierten Sensoren, hergestellt durch 3D-Druck-Verfahren. Zu derartigen Bauteilen zählen unter anderem Abstandssensoren für Bearbeitungsmaschinen; Individualisierung bedeutet in diesem Fall, dass die Sensoren nicht angebaut, sondern in die Maschinen integriert werden. Erreicht werden kann dies beispielsweise durch die Verwendung von Bauteilen für Maschinen im herkömmlichen Sinn, die extern gefertigt und eingebaut werden, oder aber durch die Schaffung von Einbauraum durch den Maschinenhersteller; dieser Einbauraum wird dann zur Konzipierung eines Sensors genutzt. Zu den Vorteilen des Verfahrens zählt unter anderem, dass der notwendige Bauraum für Sensoren reduziert werden kann. Darüber hinaus wird angestrebt, für jede Maschine und Anwendung einen individuellen Sensor zu generieren, wobei die Grundlagen der Messtechnik gleich bleiben können.
Umgesetzt wurde das Konzept bei Maschinen für das Spritzgießen ohne Werkzeug, mit dem zum Beispiel der Kunststoff PBT als Granulat verarbeitbar ist. Aus diesem Kunststoff wird im ersten Schritt die Form des Maschinenbauteils erzeugt, wobei die für den Sensor notwendigen Formen einbezogen sind. Im nächsten Schritt wird der elektrische Teil des Sensors aufgebaut. Für die elektrischen Komponenten kommen Silberleittinten zum Einsatz. Damit lassen sich die Leiterbahnen und Kontaktierungen herstellen.
Die daraus gefertigten Sensoren wurden mit den selben Verfahren zur Qualifizierung geprüft, wie konventionelle Sensoren in bisheriger Bauart. Als einzige Belastung, die noch nicht den Anforderungen entspricht, hat sich der Temperaturwechsel erwiesen. Darüber hinaus liegen die Kosten für die Herstellung über denen der bisherigen Produktionskosten für entsprechende Bauteile.
Flexibles Packaging
Dr. Björn Albrecht, Institut für Mikroelektronik, Stuttgart, stellte ein flexibles Packaging für die Integration von ultradünnen Sensoren und Auslesechips vor. Derartige Sensoren werden in der Medizin beispielsweise zur Messung von Körperfunktionen benötigt. Zur Auswahl stehen hier Elemente der Standardelektronik (starr) sowie gedruckte Elektronik, die allerdings in ihrer Funktionalität noch eingeschränkt ist.
Neu ist die Kombination von beiden Technologien, bezeichnet als hybride Systeme in Folientechnik. Dafür werden die Anlagen der Halbleitertechnologie herangezogen, wobei rückgedünnte, flexible Halbleiterchips sowie die Packagingtechniken für Systeme mit hoher Komplexität integriert und dadurch Verfahren zur Herstellung von Prototypen und Kleinserien bis etwa 10 000 Stück pro Jahr geschaffen werden. Grundsätzlich verfügen derartige Systeme neben dem Sensor über einen Mikrokontroller, eine Antenne und Bauteile zum Betrieb oder zur Aufzeichnung der Daten. In einem Projekt werden Kathedersensoren für den Einsatz im Herzen und Atemsensoren als Demonstrator entwickelt. Hierzu kamen eine Anwendungsspezifische Integrierte Schaltung (Application Specific Integrated Circuit, ASIC) und ein Biegesensor beziehungsweise Dehnungsmessstreifen in Folien zum Einsatz.
Auswahl der hergestellten Chips: 150-mm-Wafer gedünnt auf 20 µm (a), Flexibilität eines abgelösten Chips (b), gekrümmter, 20 µm dicker Testchip (c) sowie 20 µm dicker Mixed Signal ASIC (d) (Bild: B. Albrecht / IMS)
Als Basismaterial werden zum Beispiel Polyimide verwendet, die sich durch gute dielektrische sowie mechanische Eigenschaften (elastisch, transparent) auszeichnen. Die elektrischen Bereiche werden durch Leiterbahnen aus Aluminium und Gold sowie Aluminium-Silizium-Kupfer gebildet, also typische Verfahren der IC-Herstellung (IC – Integrated Circuit, Integrierter Schaltkreis). Über die Technologien des Rückdünnens lassen sich besonders dünne Chips mit Dicken von etwa 20 µm erzeugen. Die Technologie im Institut für Mikroelektronik ist inzwischen soweit entwickelt, dass in kurzer Zeit Protoypen in unterschiedlicher Ausführung hergestellt werden können.
Monitoring von Energieströmen
In den letzten Jahren wurden deutliche Anstrengungen unternommen, um die Energieeffizienz in der Industrie zu erhöhen. Unterstützend könnten hier die Arbeiten von Hermann Scheithauer und Kollegen von der Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung e. V., Villingen-Schwenningen, über das sensorbasierte Monitoring von Energieströmen in der Produktion wirken. Hierbei wird von einem System mit autonomen Sensorknoten in Modulbauweise ausgegangen, die in bereits bestehende Einrichtungen mit vorhandener Infrastruktur integrierbar sind und ohne Anpassung des laufenden Betriebs genutzt werden können. Mit diesem System lassen sich die jeweiligen Energieverbräuche von Anlagen und Anlagenteilen erfassen und drahtlos an eine Datenbank übertragen und der Auswertung zuführen. Für die Messungen werden sogenannte TMR-Sensoren (Tunnel-Magneto-resistiv) eingesetzt, die über eine hohe Messrate verfügen. Hermann Scheithauer stellte die Herstellung der Sensoren im Detail vor.
Energiemonitoring-Sensor auf TRM-Basis (Bild: Scheithauer/Hahn-Schickard)
Monitoring einer Spritzgussanlage
Ein weiteres System zum Monitoring stellte Peter Wappler, Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung e. V., Villingen-Schwenningen, vor. In diesem Fall werden die relevanten Daten einer Spritzgussmaschine erfasst und ausgewertet. Die Datenerhebung umfasst die Kennwerte Temperatur, Druck, Feuchtigkeit, Kraft, Licht, Viskosität und Strombedarf. Unter Einsatz einer IOT-Architektur wird eine Datenanalyse vorgenommen, die beispielsweise zur Optimierung des Fließverhaltens des Kunststoffs beim Spritzen führt.-wird fortgesetzt-
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