Durchsichtige Nanoschichten für mehr Solarstrom

Werkstoffe 05. 05. 2021
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Nanostrukturiertes Material und ein neues Zelldesign ebnen den Weg für die Produktion von Siliziumsolarzellen mit mehr als 26 Prozent Wirkungsgrad

Günstiger als mit Sonne lässt sich heute kein Strom erzeugen. An sonnigen Standorten entstehen derzeit Kraftwerke, die Solarstrom sogar für weniger als zwei Cent pro Kilowattstunde liefern werden. Auf dem Markt erhältliche Solarzellen auf der Basis von kristallinem Silizium machen dies mit Wirkungsgraden von bis zu 23 Prozent möglich und halten daher einen Weltmarktanteil von etwa 95 Prozent. Mit noch höheren Wirkungsgraden von mehr als 26 Prozent könnten die Kosten weiter sinken. Dieses Ziel hat nun eine internationale Arbeitsgruppe rund um Photovoltaikforscher vom Forschungszentrum Jülich mit einem nanostrukturierten, durchsichtigen Material für die Vorderseite von Solarzellen und einem ausgeklügelten Design im Blick. Über ihren Erfolg vieljähriger Forschung berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Nature Energy.

Siliziumsolarzellen konnten in den vergange­nen Jahrzehnten stetig verbessert werden und haben bereits einen sehr hohen Entwicklungsstand erreicht. Doch noch ­immer tritt nach der Absorption des Sonnenlichts und der photovoltaischen Erzeugung von elektrischen Ladungsträgern der störende Effekt der Rekombination auf. Dabei vereinen sich bereits erzeugte negative und positive Ladungsträger und löschen sich gegenseitig aus, bevor sie für den Fluss von Solarstrom genutzt werden konnten. Dagegen ­helfen spezielle Materialien, die eine besondere ­Eigenschaft – eine Passivierung – aufweisen. Unsere nanostrukturierten Schichten bieten genau diese gewünschte Passivierung, sagt der mittlerweile promovierte Doktorand und Erstautor Malte Köhler vom Jülicher ­Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-5). ­Zusätzlich sind die hauchdünnen Schichten transparent – der Lichteinfall wird also kaum reduziert – und zeigen eine hohe elektrische Leitfähigkeit. Nach Aussage von Dr. Kaining Ding, Leiter der Jülicher Arbeitsgruppe, vereint bisher kein anderer ­Entwicklungsansatz diese drei Eigenschaften – Passivierung, Transparenz, Leitfähigkeit – so gut wie das neue Design der Jülicher Forscher.

Ein erster Prototyp der Jülicher TPC-Solarzelle – die Abkürzung steht für Transparent Passivating Contact – erreichte im Labor einen hohen Wirkungsgrad von 23,99 Prozent (± 0,29 %). Dieser Wert wurde auch von dem unabhängigen CalTeC-Prüflabor des Instituts für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH) bestätigt. Damit rangiert die Jülicher TPC-Solarzelle zwar noch etwas unter den bisher besten Laborzellen aus kristallinem ­Silizium. Doch parallel durchgeführte Simulationen haben gezeigt, dass mit der TPC-Technologie Wirkungsgrade von mehr als 26 Prozent möglich sind. Zudem haben wir bei der Fertigung nur Verfahren angewendet, die sich relativ schnell in eine ­Serienproduktion integrieren lassen, betont Ding den Vorteil gegenüber anderen Forschungsansätzen. Mit dieser Strategie ermöglichen die Jülicher Forschenden, dass ihre Entwicklung aus dem Labor ohne allzu großen Aufwand in einer industriellen Solarzellfertigung im großen Maßstab übernommen werden kann.

Schichtfolge der neuen Solarzellen mit durchsichtigen Frontalschichten (TPC) auf einem Wafer mit zufälliger Pyramidenstruktur: der graue Bereich entspricht dem n-­dotierten kristallinen Siliziumwafer, die hellblaue Schicht ist das nasschemisch gewachsene ­Siliziumdioxid, die rote Schicht entspricht dem passivierenden Siliziumkarbid, gefolgt vom leitendem ­Siliziumkarbid in Orange. Die grüne, abschließende Schicht entspricht dem Indiumzinnoxid (©Forschungszentrum Jülich)

 

Für die Fertigung der TPC-Schichten waren mehrere Prozessschritte notwendig. Auf einer dünnen Lage aus Siliziumdioxid deponierten die Forscher eine Doppelschicht winziger pyramidenförmiger Nanokristalle aus Siliziumkarbid – aufgetragen bei zwei unterschiedlichen Temperaturen. Zum Abschluss folgte eine durchsichtige Lage aus ­Indiumzinnoxid. Dabei wendeten Ding und Kollegen nass­chemische Verfahren, eine Ablagerung aus der Dampfphase (Chemical Vapour Deposition, CVD) und einen sogenannten Sputterprozess an.

Für ihren Erfolg haben die Jülicher Forschenden vom IEK-5 und des Jülicher Ernst-Ruska Zentrums für Elektronenmikroskopie eng mit mehreren Instituten in den Niederlanden, in China, Russland und Ecuador zusammengearbeitet. Zu den Partnern zählen Forschende der RWTH Aachen, der Universität Duisburg-Essen, der Technischen Universitäten Delft und Eindhoven, der Universidad San Francisco de Quito, der Universität und des Kutateladze Institute of Thermophysics in Novosibirsk und der Sun Yat-Sen Universität in Guangzhou. In weiteren Schritten will die Arbeitsgruppe um Kaining Ding die Stromausbeute ihrer TPC-Solarzellen weiter optimieren. Die Forscher rechnen auch mit einem großen Interesse der Solarzellhersteller an ihrer Technologie.

Kontakt:

Dr. Kaining Ding, Silicon Heterojunction Solar Cells and Modules, Institut für Energie- und Klimaforschung, Photovoltaik (IEK-5),
E-Mail: k.ding@fz-juelich.de

Originalveröffentlichung:

Malte Köhler et al.: A silicon carbide-based highly transparent passivating contact for crystalline silicon solar cells approaching efficiencies of 24 %; Nature Energy, 15. April 2021, DOI: 10.1038/s41560-021-00806-9

Text zum Titelbild: Prototyp der fertigen Solarzellen in Laborgröße (TPC – Transparent Passivating Contact); auf dem Siliziumwafer sind vier jeweils 4 cm2 große Solarzellen zu sehen, die jeweils mit siebgedruckten Silberkontakten kontaktiert und eingerahmt sind (©Forschungszentrum Jülich)

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