Hochschule Landshut und Universität Salzburg entwickeln gemeinsames Forschungs- und Entwicklungszentrum für länderübergreifende Forschung und Lehre; enormer Mehrwert für Forschende, Studierende und die Wirtschaftsregion.
Leichtbau zählt heute zu den Schlüsseltechnologien in vielen Branchen, vom Maschinenbau über den Fahrzeugbau bis hin zur Raumfahrt. Denn Leichtbauprodukte punkten, neben dem Einsatz von leichteren Materialien, mit einer optimierten Konstruktion, steigenden Recyclinganteilen, einer Verringerung des Energieaufwands und des CO2-Ausstoßes sowie einer verbesserten Funktionalität. Im September 2015 startete das Gemeinschaftsprojekt n2m (nano to macro) – Synthese, Charakterisierung und technologische Fertigungsansätze für den Leichtbau zwischen der Hochschule Landshut (Kompetenzzentrum Leichtbau, LLK) und der Paris-Lodron-Universität Salzburg (PLUS). Mit dem neu geschaffenen, grenzübergreifenden Forschungs- und Entwicklungszentrum für den Leichtbau findet dieses Projekt nun seinen krönenden Abschluss.
Das Team des erfolgreichen n2m-Projekts unter Leitung von Prof. Dr. Nicola Hüsing, Universität Salzburg, und Prof. Dr. Otto Huber, Hochschule Landshut (1. Reihe); das Bild wurde während der Projektlaufzeit, noch vor der Corona-Pandemie erstellt (Quelle: Hochschule Landshut)
Die Projektsumme betrug 3,1 Millionen Euro; davon förderte die EU das Vorhaben zu 85 Prozent mit rund 2,6 Millionen Euro. Die beiden Verantwortlichen des Projekts, Prof. Dr. Nicola Hüsing und Prof. Dr. Otto Huber sind sich einig, dass eine solche Kooperation im Grenzgebiet Bayern-Österreich bisher einzigartig ist und nachhaltig den weiteren Ausbau der Spitzenposition im Bereich Leichtbau in den Regionen unterstützt. Hüsing ist Vizerektorin für Forschung und Nachhaltigkeit an der Universität Salzburg. Ihr oblag die Gesamtprojektleitung für n2m. Huber ist Leiter des Kompetenzzentrums Leichtbau an der Hochschule Landshut und betreute das Projekt federführend für Landshut.
Bündelung von Wissen und Interessen
Mit dem Fokus, grenzüberschreitende Lehre und Forschung zu fördern, brachte das Projekt die anwendungsorientierte Forschung des LLK mit der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung an der PLUS zusammen. In mehreren unterschiedlichen Problemstellungen stellten wir uns im Team den Herausforderungen, interdisziplinäre Denk- und Forschungsansätze auf den Gebieten Materialchemie, Fertigungstechnik, Mechanik, Werkstofftechnik und -analytik zu verknüpfen, erläutert Huber die Herangehensweise. Das Ziel war dabei, innovative Leichtbaustrukturen zu realisieren und geeignete Produktions- und Prozesstechniken zu entwickeln. Auch umfasste dies die Anschaffung und den Betrieb einer Laserschweißanlage, einer Heizpresse, eines Vibrationspoliergeräts und eines Wärmebehandlungsofens für die Hochschule Landshut sowie eines Transmissionselektronenmikroskops für die PLUS. Mit diesem Equipment erweitern die beiden Institutionen, auch über die Projektlaufzeit hinaus, ihre Forschungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten signifikant und ermöglichen gleichzeitig Spitzenforschung und langfristige Kooperationen im Bereich Leichtbau. Wir haben die Anschaffungen aufeinander abgestimmt und können diese gemeinsam nutzen. Damit steigern wir sowohl den wissenschaftlichen Mehrwert als auch das Innovationspotenzial der Region, betont Hüsing.
Ausschnitt einer Sandwichplatte mit einem Kern aus zellularem Verbundwerkstoff (Glasschaumgranulat aus Recyclingglas, das in einer Polyamidmatrix eingebettet ist) mit integrierten, glasfaserverstärkten Deckschichten (Quelle: Hochschule Landshut)
Steigende Attraktivität für Studierende und Forschende
Durch das bayerisch-österreichische Forschungs- und Entwicklungszentrum gewinnen die beiden Hochschulstandorte Landshut und Salzburg weiter an Attraktivität für Studierende und Forschende. Projekt- und Abschlussarbeiten, Praktika, Workshops und kooperative Promotionen sind länderübergreifend möglich. So trägt diese grenzüberschreitende Partnerschaft auch bereits erste Früchte. Eine, in Kooperation mit Prof. Dr. Oliver Diwald (Betreuer seitens der Universität Salzburg) durchgeführte Promotion befasste sich mit der Charakterisierung und Modellierung des mechanischen Verhaltens von Magnesium, um dieses in der Industrie nutzen zu können. Magnesium gehört Huber zufolge (Betreuer seitens der Hochschule Landshut) zu einem der leichtesten metallischen Konstruktionswerkstoffe, der aufgrund seiner komplexen Mikrostruktur (hexagonal dicht gepackte Kristallstruktur) große Herausforderungen an die Produktentwicklung und Fertigung stelle. Durch die Charakterisierung und Modellierung des Betriebsfestigkeitsverhaltens werde der Werkstoff berechenbar, eine Grundvoraussetzung, um das hohe Leichtbaupotenzial des Magnesiums industriell nutzen zu können.
Ebenfalls, im Rahmen des n2m-Projekts erfolgreich abgeschlossen wurde eine Dissertation, unter Betreuung von Prof. Dr. Holger Saage, Professor am LLK der Hochschule Landshut und Prof. Dr. Mathias Göken, Universität Erlangen-Nürnberg. Diese setzte sich mit dem korrosiven und thermo-mechanischen Verhalten von intermetallischen Titan-Aluminium-Verbindungen auseinander. Verbindungen, die sehr leicht und für den Einsatz bei hohen Temperaturen geeignet sind und so beispielsweise Anwendung bei Turbinenschaufeln finden.
Des Weiteren befasst sich derzeit eine aktuell dritte Promotionsarbeit, unter Obhut von Prof. Dr. Hubert Klaus, ebenfalls Professor am LLK und Prof. Dr. Nicola Hüsing, Universität Salzburg, mit einem recycelfähigen thermoplastischen Werkstoffverbund. Neuartige Sandwichstrukturen mit einem Kern aus einer Polyamid-6-Matrixstruktur und eingebettetem Granulat aus Altglas sowie glasfaserverstärkten Deckschichten, versprechen vielfältige Einsatzmöglichkeiten, wie beispielsweise bei Skateboards oder in der Fahrzeugkarosserie. Gleichzeitig sollen diese durch Aufschmelzen der Bestandteile wieder getrennt und wiederverwendet werden können.
Zusätzliche Anreize für Wissenschaft und Wirtschaft
Auch für Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft bietet der erfolgreiche Abschluss des n2m-Projekts Anreize für zukünftige innovative Kooperationsprojekte. So sind schon heute weitere sieben Hochschulen und For-
schungseinrichtungen in das Forschungs- und Entwicklungszentrum für den Leichtbau eingebunden. Zudem finden grenzüberschreitende Tagungen und Workshops für Öffentlichkeit, Forschungseinrichtungen und Unternehmen statt.
Gleichzeitig wurden bereits mehrere Anschlussprojekte im Rahmen von gemeinsamen Forschungsanträgen der Hochschule Landshut und der Universität Salzburg bewilligt. Erst kürzlich wurde ein gemeinsames D-A-CH-Projekt zum Thema Deformationsmechanismen in mehrachsig beanspruchten Magnesiumknetlegierungen vom österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) genehmigt. Für Huber ist dies ein klares Zeichen, dass die grenzüberschreitende Forschung und Lehre auch in der Zukunft ein wichtiger Bestandteil für das Thema Leichtbau sein wird.
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