Tribokorrosion: Von der Medizintechnik bis zum Maschinenbau

Oberflächen 09. 10. 2021

Von Dr.-Ing. Claudia Beatriz dos Santos, Abteilung Galvanotechnik, Fraunhofer IPA, Stuttgart

Claudia Beatriz dos Santos und weitere Forscherinnen und Forscher vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA haben Testverfahren für Tribokorrosion entwickelt. Sie helfen dabei, Reibung, Verschleiß und korrosive Umgebung bestimmter Werkstoffe besser zu verstehen und zu beschreiben.

Orthopädische Implantate, chemische Pumpen und Geräte für die Lebensmittelverarbeitung oder den Bergbau sind Beispiele für Produkte, die unter extrem beanspruchenden Bedingungen funktionieren müssen. Wie sich Reibung, Verschleiß und korrosive Umgebung auf deren Oberfläche auswirken, lässt sich bisher nur schwer abschätzen.

In den vergangenen Jahren ­untersuchten Forschende [1-5] die korrosive Wirkung von bestimmten Umgebungen auf Materialien in tribologischem Kontakt (Tribokorrosion) unter elektrochemischer Kontrolle. Die Abbaugeschwindigkeit eines tribologischen Kontakts lässt sich nicht einfach aus der Kenntnis der Verschleißfestigkeit bei fehlender Korro­sion oder der Korrosionsbeständigkeit bei fehlender Reibung vorhersagen. Der Grund dafür ist, dass in Tribokorrosionssystemen die elektrochemischen, chemischen und mechanischen Abläufe nicht unabhängig voneinander sind und synergistische Effekte zu einem beschleunigten Materialabtrag führen können.

Charakterisierung der Oberflächentopographie und Messung des Verschleißzustandes von Proben mit dem Lasermikroskop (Bild: Fraunhofer IPA/Rainer Bez)

 

Das Ziel, ein verschleißfestes ­Schichtsystem für ein bestimmtes Substrat und eine bestimmte Anwendung gleichzeitig zu verbessern, erfordert ein sehr gutes Verständnis der relevanten Wechselwirkungen von Werkstoff, Verschleiß, Korrosion und Schmierung. Nur die kombinierte Analyse eines solch komplexen Systems wird die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Systemkomponenten, deren Einflussparameter im Produktionsprozess und das Funktionsverhalten unter verschiedenen Bedingungen aufzeigen. Um die wichtigen Wechselwirkungen von Verschleißmechanismen und elektrochemischer Degradation in einer korrosiven Umgebung besser zu verstehen, wurden Untersuchungsmethoden für den Belastungsfall der Tribokorrosion entwickelt. Diese Tests ermöglichen es, die Materialien, die den tribologischen Kontakt bilden, und ihre Wechselwirkung mit der Umgebung besser zu charakterisieren.

Tribokorrosion am Fraunhofer IPA

Am Fraunhofer IPA werden seit fast zwei Jahrzehnten Tribokorrosionsphänomene untersucht [4, 5]. In dieser Zeit wurden die Entwicklung eines Messsystems und die Bewer­tung verschiedener Werkstoffe mit und ohne Oberflächenbehandlung in einem sehr breiten Anwendungsbereich vorangetrieben. Beschichtungssysteme für Implantate, Oberflächen unter Verformungsbeanspruchung, Edelstahlbauteile, Beschichtungen für extreme Verschleiß- und Korrosionsbedingungen sind einige Beispiele für diesen Anwendungsbereich. Besonders bei der Entwicklung von neuen Systemen, die in einer herausfordernden Umgebung betrieben werden sollen, spielt die Tribokorrosion eine wichtige Rolle.

Literatur

[1] D. Landolt, S. Mischler, M. Stemp: Electrochemical methods in Tribocorrosion: a critical Appraisal; Electrochimica Acta, vol. 46 (2001), S. 3913–3929

[2] F. Galliano, E. Galvanetto, S. Mischler, D. Landolt: Tribocorrosion behavior of plasma nitrided Ti_6Al_4V alloy in neutral NaCl solution; Surface and Coatings Technology, vol. 145 (2001), S. 121-131

[3] S. Mischler: Triboelectrochemical techniques and interpretation methods in tribocorrosion: A comparative evaluation; Tribology International, vol. 41 (2008), S. 573–583

[4] S. Kölle, C. dos Santos, K. Feige, P. Schwanzer, T. Bauernhansl: Beschichtungen für extreme Einsatzbedingungen; WOMag, Nr. 3 (2016), S. 29-31

[5] C. dos Santos, L. Haubold, H. Holeczek, M. Becker, M. Metzner: Wear-Corrosion Resistance of DLC/CoCrMoSystem for Medical Implants with Different Surface Finishing; Tribology Letters, vol. 37 (2010), S. 251–259

Text zum Titelbild: Tribometer mit elektrochemischer Messzelle für Tribokorrosionsmessungen; die Messzelle wurde am Fraunhofer IPA entwickelt (Bild: Fraunhofer IPA/Sina-Helena Gross)

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