Die Wärmebehandlung von galvanisch beschichteten Bauteilen ist energie- und kostenintensiv. Mithilfe von Fenite Elemente-Berechnungen lässt sich der Aufwand zur Ermittlung optimierter Behandlungsparameter deutlich reduzieren.
Wenn hochfeste Bauteile galvanisch beschichtet werden, besteht das Risiko einer Wasserstoffversprödung und daraus resultierenden Sprödbrüchen. Ursächlich ist die Entstehung und das Eindiffundieren von Wasserstoff in die Bauteile während der Vorbehandlung und dem Beschichtungsprozess. Um die Wasserstoffversprödung zu vermeiden, werden als Nachbehandlung Wärmebehandlungsverfahren eingesetzt, die den Wasserstoff austreiben sollen [1, 2]. Die in Normen und Richtlinien festgehaltenen Temperaturbereiche und Behandlungsdauern überspannen häufig einen sehr großen Bereich, um möglichst viele Schicht-Bauteil-Konstellationen abzudecken. Um eine möglichst große Sicherheit hinsichtlich des Wasserstoffversprödungsrisikos zu erreichen, werden daher meist lange Wärmebehandlungszeiten gewählt, die zu hohem Energieverbrauch und Kapazitätsbindung führen. Die Behandlungsparameter werden aufgrund mangelnder Ressourcen in der Regel nicht optimiert.
Im Forschungsprojekt OptiHeat – Sichere und ökonomische Entgasungs-Wärmebehandlung für galvanisch beschichtete Bauteile analysieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für
Werkstoffmechanik IWM in Freiburg sowie vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart Wärmebehandlungsverfahren zum Austreiben von Wasserstoff und damit zur Vermeidung einer Wasserstoffversprödung in Bauteilen mit galvanischer Beschichtung. Ziel ist die Entwicklung von datenbankgestützten Softwaretools, mit denen gezielt Parameter für optimierte Entgasungs-Wärmebehandlungen von galvanisch beschichteten Bauteilen vorgenommen werden können. In der ersten, inzwischen abgeschlossenen Projektphase haben Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer IPA unter kontrollierten Laborbedingungen verschiedene Probengeometrien mit kommerziellen Zink- und Zink-Nickel-Verfahren beschichtet. Am Fraunhofer IWM wurden der Gesamtwasserstoffgehalt und das temperaturabhängige Effusionsverhalten dieser Proben analysiert. Aus den Daten erstellte das Forschungsteam Finite Elemente-Modelle, mit denen die temperatur- und zeitabhängige Wasserstoffdiffusion in Bauteilen und der Beschichtung berechnet werden kann. Für den Zink-Prozess wurde das FEM-Modell bereits in ein browserbasiertes Softwaretool überführt. Mit dessen Hilfe können Anwender zukünftig mit nur wenigen Eingaben optimierte, an Schicht und Bauteil angepasste, Behandlungsparameter berechnen, die deutlich weniger Versuche zur Absicherung benötigen.
FEM-Simulation zum Einfluss einer Beschichtung auf die Wasserstoffkonzentrationsverteilung einer von innen beladenen Kerbprobe im Querschnitt: ohne Beschichtung (l.) sowie mit Anreicherung von Wasserstoff im Kerb durch Probenbeschichtung (r.; rot: hohe Wasserstoffkonzentration, blau: geringe Wasserstoffkonzentration) (Bild: Fraunhofer IWM)
In der aktuell laufenden zweiten Projektphase führen die an OptiHeat beteiligten Industrieunternehmen Zink-, Zink-Nickel- und Chrom-Beschichtungen auf den gleichen Probekörpern durch, um die Berechnungsmodelle mit Daten aus der industriellen Umgebung abzusichern. Damit sollen einerseits die Unterschiede zwischen Beschichtungen im Labor und im industriellen Maßstab untersucht werden und andererseits Daten für eine Datenbank gesammelt werden, die auch nach dem Projekt weiter befüllt werden soll.
Begleitend werden an Probekörpern Bruchversuche durchgeführt, um Korrelationen zwischen Wasserstoffgehalt, Substrat und mechanischem Verhalten analysieren zu können.
Abschließend soll im Projekt eine Anweisung erarbeitet werden, mit der sich zukünftig Parameter und Daten für die Berechnungsmodelle erzeugen lassen. Damit soll auch nach dem Projekt den mittelständischen Anwendern ein Leistungspaket angeboten werden, das eine optimierte energie- und kosteneffiziente Wärmebehandlung ermöglicht.
Das IGF-Vorhaben Nr.: 20816 wird gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
Literatur
[1] W. Paatsch, R. Landgrebe, M. M. Lohrengel: Wasserstoffgefährdungspotenzial von Zink- und Zink-
Nickel-Beschichtungen bei hochfesten Bauteilen aus Stahl; Galvanotechnik (2009) 6, S. 1280–1287
[2] P. Preikschat, R. Jansen: Vermeidung der Wasserstoffversprödung bei der Verzinkung gehärteten Stahls; Hg. v. SurTec GmbH, Zwingenberg (2000); online verfügbar unter https://www.surtec.ch/fileadmin/publikationen/publikationen/Wasserstoffversproedung.pdf, zuletzt geprüft am 30.01.2017