Seit einiger Zeit besteht ein steigender Bedarf an hocheffizienten funktionellen Schichten zum Schutz gegen Korrosion und Verschleiß, einerseits aufgrund der eingeschränkten Nutzbarkeit von klassischen Chromschichten und andererseits im Hinblick auf eine hohe Nachhaltigkeit beim Einsatz von wertvollen Rohstoffen. Vor allem Dispersionsschichten versprechen diesbezüglich gute Aussichten, aber auch neue Technologien wie Beschichtungen durch das Laserauftragsschweißen. Eine Reduzierung des Energie- und Materialverbrauchs in der Oberflächentechnik ist ein weiterer wichtiger Themenkreis, beispielsweise durch den Einsatz von moderner Gleichrichtertechnik oder der Reduzierung des Verbrauchs von Chemikalien für die Oberflächenbehandlung.
Fortsetzung aus WOMag 11/2021
Verschleißschutz
Substrate Engineering
Der Schutz von Bauteiloberflächen gegenüber Verschleiß erfolgt in der Regel durch das Auftragen von Hartstoffschichten. Dabei spielt für die Auswahl von geeigneten Schichtsystemen die spätere Anwendung eine wichtige Rolle. Ein neuer Ansatz, vorgestellt von Wadim Schulz, Hochschule Aalen, richtet sich darauf, die tribologischen Systemeigenschaften durch Veränderung des Substrats beziehungsweise der Substratoberfläche gezielt in Richtung des vorgesehenen Einsatzes zu modifizieren. Insbesondere die Strukturierung der Bauteiloberflächen vor dem Aufbringen von Verschleißschutzschichten ist sehr vielversprechend.
Die Technologie des Substrate Engineerings durch Einsatz der mechanischen Strukturierung und/oder einer Laserbehandlung ermöglicht es, entscheidende Größen wie den Reibungskoeffizienten und die entstehende Verschleißvolumina anwendungsspezifisch zu steuern. Durch Hinzufügen von weiteren Elementen an der Bauteiloberfläche in Form von applizierten Hartstoffschichten entstehen neuartige Oberflächen. Dabei erweist sich die substratseitige Eigenschaftskontrolle als geeignetes Werkzeug für die Präparation von maßgeschneiderten Oberflächen.
REACh-konformer Korrosions- und Verschleißschutz
Hochlegierte Stähle, wie 1.4301 (FeCr18Ni8) werden standardmäßig als Kernmaterial für Anwendungen eingesetzt, die hohe Anforderungen an die Korrosions- und Verschleißbeständigkeit stellen. Die enthaltenen Legierungselemente Chrom und Nickel ermöglichen durch ihre Passivierung, dass die Legierung selbst strenge Normen für Nickellässigkeit erfüllt und unter anderem durch ihre geringen adhäsiven Neigungen hohe Verschleißbeständigkeit zeigt. Die Applikation von Legierungen mit entsprechender Zusammensetzung könnte Kosten für Anwendungen, in denen Edelstahl bisher als Vollmaterial eingesetzt wurde, erheblich senken.
Dominik Höhlich von der TU Chemnitz/Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnik stellte dazu aktuelle Entwicklungen und Möglichkeiten zur galvanischen Abscheidung von rost- und säurebeständigen Eisenbasislegierungen vor und verglich diese mit bestehenden Verschleiß- und Korrosionsschutzsystemen.
Chemisch-Nickel-Dispersionsschichten
Wie Jürgen Meyer, De Martin AG, einführend betonte, haben sich Hartchromschichten seit langem in vielen Anwendungen bewährt, insbesondere aufgrund ihres hohen Verschleißwiderstands, der günstigen Reibeigenschaften, ihrer vorteilhaften Antihafteigenschaften sowie ihrer Zuverlässigkeit und der hohen Wirtschaftlichkeit des Verfahrens. Allerdings macht es die REACh-Verordnung erforderlich, nach alternativen Beschichtungen zu suchen. Zudem stoßen Hartchromschichten im Bereich des Verschleißschutzes in einigen Anwendungen an ihre Leistungsgrenzen
Chemisch-Nickel-Dispersionsschichten stellen eine Möglichkeit zur Lösung von Verschleißproblemen dar. Hier zählen Dispersionsschichten mit eingelagerten Partikeln im Mikronbereich zu den etablierten Verfahren, die vor allem in offenen Tribosystemen mit hoher abrasiver Beanspruchung sehr gute Ergebnisse zeigen. Nach Ansicht des Vortragenden bieten neuartige Dispersionsschichten mit deutlich reduzierten Partikelgrößen weitere Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise bei gleitender Beanspruchung in dynamischen, geschlossenen Tribosystemen. Durch die Auswahlmöglichkeit zwischen Partikeln mit unterschiedlichen physikalischen und chemischen Eigenschaften sowie definierten, eng begrenzten Partikelgrößen bietet sich die Möglichkeit, Schichteigenschaften gezielt an die Anforderungsparameter anzupassen.
Aufnahme der Oberfläche von Dispersionsschichten mit Partikeln in der standardmäßigen Größenordnung von etwa 2 µm (oben) sowie mit Diamantpartikeln von etwa 500 nm Größe bei einer Einbaurate von jeweils etwa 25 % (Bild: J. Meyer)
Untersuchungen des Vortragenden zeigen, dass insbesondere der Verschleiß des Gegenkörpers eines Verschleißsystems deutlich von der Gestaltung der Dispersionsschicht abhängig ist. Bei geringerer Korngröße des eingelagerten Hartstoffs, zum Beispiel Borcarbid, Siliziumcarbid oder Diamant, tritt ein deutlich geringerer Verschleiß des Gegenkörpers bei geringem Verschleiß der beschichteten Oberfläche auf. Dieser positive Effekt kann bei Anwendung einer Wärmebehandlung bei 350 °C zur Steigerung der Härte des abgeschiedenen Nickels im Falle von Siliziumcarbid und Diamant zusätzlich erhöht werden. Damit lassen sich mit derartigen Dispersionsschichten bessere Gesamtergebnisse erzielen als mit einer klassischen Hartchromschicht. Hierbei spielt auch die vorteilhafte Schichtdickenverteilung aufgrund des chemischen Abscheideverfahrens eine Rolle, so dass in bestimmten Fällen auf eine mechanische Nachbearbeitung verzichtet werden kann. Damit bleibt als alleiniger Nachteil der Nickel- gegenüber der Chrombeschichtung der höhere Preis zur Herstellung der entsprechenden Beschichtung.
Chemisch Nickel als Hartchromersatz
Chemisch abgeschiedene Nickel-Phosphor-Schichten führen zu den vielseitigsten Oberflächen im Bereich der galvanischen Beschichtungstechnik; sie werden vor allem aufgrund ihrer hohen Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit vielfältig angewendet, wie Lars Lehmann, TU Chemnitz, ausführte. So werden sie im Maschinen- und Anlagenbau, der Elektrotechnik als auch in der Automobilindustrie eingesetzt. In der Fachliteratur werden zum Verschleißschutz häufig Schichten mit niedrigem Phosphoranteil empfohlen, was aber mit den Erfahrungen der einschlägigen Industrie nicht korreliert. In der Praxis werden deshalb oftmals High-Phos-Schichten im Zustand höchster Härte eingesetzt.
In diesem Zustand haben diese Schichten jedoch die geringste Duktilität und somit ihre maximale Sprödigkeit. Es ist offensichtlich, dass bei diesen Vorgehensweisen nicht die optimale Verschleißbeständigkeit eingestellt werden kann. Die wenigen Studien, die es zu diesem Thema in der Fachliteratur gibt, gestatten aufgrund ihres geringen Umfangs keine vergleichenden Aussagen. Lehmann ging in seinem Vortrag darauf ein, dass durch die Nutzung der relevanten Verfahrensparameter wie Phosphorgehalt oder Zeit und die Temperatur der Wärmebehandlung die Verschleißeigenschaften der chemisch abgeschiedenen Nickelschichten modifiziert und damit die Einsatzmöglichkeiten optimiert werden können.
Funktionsschichten
Außenstromlose Chromabscheidung
Mit einer speziellen Art des Verchromens, der außenstromlosen Abscheidung, befasst sich Martin Leimbach von der TU Ilmenau. Es wurden hierzu bereits einige Entwicklungsarbeiten vorgenommen, ohne jedoch die Praxisreife zu erreichen. Die Technologie sollte, ähnlich der chemischen Nickelabscheidung, eine sehr gute Streufähigkeit aufweisen und damit eine deutlich bessere Schichtdickenverteilung besitzen, als dies mit den galvanischen Verchromungstechnologien möglich ist. Daraus resultierend sollte der Anteil an mechanischer Nachbearbeitung reduziert und anlagentechnische Anpassungen sowie Nachteile durch unzureichende Deckung von Substraten vermieden werden.
Als Ausgangsverbindung wird sinnvollerweise eine Chrom(III)verbindung gewählt, um die Anforderungen der REACh-Verordnung zu erfüllen. Im ersten Schritt ist es notwendig, eine günstige Kombination aus Komplexbildner, Reduktionsmittel und Prozessparametern (Temperatur, Elektrolytbewegung) zu finden. Gestartet wird die Abscheidung in der Regel durch das Reduktionsmittel; in der Folge katalysiert die Chromschicht den Fortgang der Abscheidung. Hierbei ist es wichtig, das geeignete Reduktionsmittel auszuwählen, da die Reduktionsmittel je nach Metall besser oder schlechter harmonieren. Bei der Auswahl ist nicht die Stärke des Reduktionsmittels ausschlaggebend, sondern das Zusammenspiel der Metalle in Kombination mit der katalytisch wirkenden Schicht.
Bei der Chromabscheidung spielen nicht nur die einzustellenden Potenziale zur Aufrechterhaltung des Abscheidevorgangs eine Rolle, sondern auch die Wirkung des Komplexmittels für Chrom. Komplexmittel sind in der Lage, die Reduktion des Metallions stark zu inhibieren. Des Weiteren ist zu beachten, dass bei der Chromabscheidung vor der Oberfläche aufgrund der Wasserstoffabscheidung ein starker pH-Anstieg erfolgt und die Gefahr der Hydroxidbildung besteht. Bei der Verwendung von Hypophosphit findet ein Phosphoreinbau in die Schicht statt. In diesem Fall entstehen amorphe Schichten, ähnlich den Hochphosphorschichten mit Nickel. Dadurch kann die Härte der Schicht mit Anwendung einer Wärmebehandlung verändert werden. Neben Phosphor ist auch der Einbau von Bor bei Einsatz eines entsprechenden Reduktionsmittels denkbar.
Laserauftragschweißen
Das Laserauftragsschweißen wurde bisher in erster Linie zur Herstellung von dickeren Schichten oder in der 3D-Technik eingesetzt. Inzwischen lassen sich damit aber auch dünnere Schichten mit hoher Präzision aufbringen, ein Thema mit dem sich Dr. Sabrina Vogt, Trumpf Laser- und Systemtechnik, befasst, speziell mit dem neuen Hochgeschwindigkeitslaserauftragschweißen. Die Besonderheit dieses neuen Verfahrens ist, dass das Pulver durch eine Düse parallel zum Laserstrahl auf die Oberfläche aufgetragen wird. Dadurch gelangt das Pulver im geschmolzenen Zustand auf die Oberfläche. Im Ergebnis kann damit der Wärmeeintrag in das Bauteil verringert werden. Darüber hinaus lassen sich sehr hohe Auftragsraten von mehr als 500 cm3/h erzielen, eine geringe Wärmeeinflusszone von weniger als 10 µm bis 50 µm, eine genaue Schichtdickeneinstellung sowie eine geringe Oberflächenrauheit von 10 µm bis 20 µm gewährleisten. In der Regel muss damit zwar immer noch nachgearbeitet werden, aber in deutlich kleinerem Umfang.
Querschliff und Härteverlauf einer Inconel 625-Schicht auf einem Stahlsubstrat (Bild: S. Vogt)
Nachteilig ist, dass die großen Vorteile der Technologie in erster Linie bei rotationssymmetrischen Teilen zum Tragen kommen. Vorteilhaft ist dagegen die große Freiheit bei der Auswahl des aufzutragenden Werkstoffs. Dazu zählen alle schweißbaren Werkstoffe wie Stahl, Aluminium, Nickel, Kupfer/Bronze, Kobalt, Titan oder auch Karbide. Dabei lassen sich die Materialien im Prozess variieren. Zu den Vorteilen des Verfahrens zählt auch die gute Verbindungsqualität zwischen Schicht und Substrat.
Aktuell wird dieses Verfahren im Bereich Automobil (Bremsscheibe) oder Maschinenbau (Zylinder, Walzen, Wellen) eingesetzt. Ein zunehmend interessantes Gebiet ist der Ersatz von Hartchrom durch harte Materialien wie AlSi 431 oder Inconel 625, die je nach Werkstoff eher auf eine hohe Härte oder auf die Beständigkeit gegen Korrosion ausgerichtet sind.
Metallabscheidung auf Gasdiffusionselektroden
Die Gasdiffusionselektroden, für die Dr. Mila Manolova, fem Schwäbisch Gmünd, eine Metallabscheidung untersucht, werden zur Reduktion von Kohlenstoffdioxid eingesetzt. Mit Hilfe dieser Technologie lassen sich aus dem Gas beispielsweise Kohlenwasserstoffe zur weiteren Verwendung herstellen. Die entsprechenden Gasdiffusionselektroden bestehen aus einem Stromverteiler, auf den eine mikroporöse Schicht aufgebracht ist. In diese Poren werden Agglomerate eingebaut, die dann wiederum für die Aufspaltung des Kohlenstoffdioxids sorgen.
Beispiel für Schichtstrukturen des galvanisch abgeschiedenen Bismuts auf GDE-Substraten und nach Durchführung der Elektrolysetests (Bild: M. Manolova)
Für die Bestimmung der Verteilung der abgeschiedenen Agglomerate wurden neben der Schlifftechnik die Untersuchung mittels CT und FIB herangezogen. Für die Abscheidung von Zinn in das poröse Substrat wurden kommerzielle Elektrolyte eingesetzt, mit denen die Abscheidungen zu zusammenhängenden Schichten führten. Die Schichten reichen bis in Tiefen von mehr als 50 % der Gesamtdicke des Substrats. Als nachteilig hat sich die Auflösung der Zinnschicht bei der Umsetzung von Kohlenstoffdioxid zu Ameisensäure erwiesen. In einer weiteren Versuchsreihe wurde Kupfer auf das Substrat abgeschieden, das aber ebenfalls beim Einsatz zerstört oder vollständig aufgelöst wurde. Bessere Ergebnisse beim Einsatz zeigten Bismutschichten, bei denen Anteile des Bismuts zu Bismutkarbonat reagierten. Bismut zeigt damit sehr gute Voraussetzungen zur Herstellung eines stabilen Katalysators für die Reduktion von Kohlenstoffdioxid.
Nickel-Dispersionsabscheidung
Daniel Glück, TU Ilmenau, stellte seine Arbeit zur Abscheidung von MAX-Phasen (Ti3SiC2) in Nickel vor. Die Schichten dienen der Verstärkung der Bondverbindungen in der Elektronik aufgrund der guten elektrischen Leitfähigkeit der MAX-Phasen. Die Verbindungen zeigen zudem gute mechanische und thermische Eigenschaften. Im Falle von Ti3SiC2 ist die elektrische Leitfähigkeit doppelt so gut, wie die von reinem Titan. Die Größe der Partikel selbst liegt im Mikrometerbereich und sie zeigen eine scharfkantige Struktur.
Säule der Teststruktur mit eingebetteten Partikeln (Bild: D. Glück)
Zetapotenzialmessungen in Nickelsulfamat deuten auf eine Agglomeration im Elektrolyten hin. Für die Schicht wurde ein zweistufiger Aufbau aus reinem Nickel und anschließender Dispersionsschicht gewählt; diese wurde auf Teststrukturen mit unterschiedlicher Geometrie und Abmessung abgeschieden. Die Teststruktur besteht aus Kreisen (10 µm bis 100 µm), Kreisringen (50 µm Durchmesser) und Rechtecken (20 µm bis 100 µm). Dabei zeigte sich, dass die besten Schichten bei geringsten Strömungsgeschwindigkeiten mittels Umwälzen herge-
stellt werden können. Die gewählten Teststrukturen konnten gut mit der Nickelschicht in einer Dicke von etwa 20 µm abgebildet werden. Zwar sind alle Säulen der Teststruktur mit Partikeln belegt, allerdings in unterschiedlicher Verteilung und unterschiedlicher Dichte an Partikeln. Häufig ragen die Partikel stark aus der Oberfläche heraus. Die Schweißverbindung führte zu einer qualitativ besseren Verbindung, konnte allerdings nicht quantitativ vermessen werden.
Anlagen- und Steuerungstechnik
Effizientes und nachhaltiges Gleichrichterdesign
Nach den Erfahrungen von Lukas Büscher, Munk GmbH, ist seit einiger Zeit ein gesteigertes Interesse nach Werthaltigkeit von Gleichrichtergeräten für Beschichtungsanlagen auf Seiten der Kunden festzustellen. Dies bestätigt das von Munk seit langem gepflegte effiziente und nachhaltige Gleichrichterdesign, insbesondere, da der Gleichrichter als einer der größten Energieumsetzer in einer Galvanikanlage in diesem Zusammenhang eine besondere Stellung einnimmt.
Ein wichtiges Element des Gleichrichterdesigns ist auf das Erzielen einer guten Instandhaltungsintensität gerichtet. Deshalb empfiehlt es sich, bei modularen Gleichrichtern die Menge der verwendeten Gleichrichtermodule mit Bedacht zu wählen. Die steigende Anzahl von Komponenten hat bekanntlich enorme Auswirkungen auf die Systemzuverlässigkeit und zieht damit massive Instandhaltungskosten nach sich.
Der energetische Fortschritt in Stromversorgungen für die Oberflächenindustrie hängt heute stark von den eingesetzten Halbleiterbauelementen ab. Diese werden zunehmend effizienter und sorgen somit für Optimierungen in der Wertschöpfungskette. Neben den dadurch einsparbaren Energiemengen wirken sich diese positiv auf die CO2-Bilanz eines Unternehmens aus, was in Zukunft eine wichtige Kenngröße in einem Produktionsprozess sein wird.
Reduzierung von Oberschwingungen in Industrienetzen
Michael Klammer, plating electronic GmbH, richtete den Blick auf Oberschwingungen in AC-Versorgungsnetzen, die nach seiner Erfahrung ab einem bestimmten Schwellenwert einen spürbaren Einfluss auf Produktionsprozesse haben. Ersichtlich werden diese häufig aber erst dann, wenn es zum Ausfall von elektrischen Verbrauchern während des Betriebs kommt. Die Ursache für das Auftreten von Oberschwingungen ist auf den Einsatz von sogenannten nicht linearen Lasten mit passiver Gleichrichtung im Produktionsprozess zurückzuführen. Bauartbedingt führt der Betrieb dieser Lasten zu einer Verzerrung des idealen, sinusförmigen Netzstroms beziehungsweise der Netzspannung. Dieser Schwellenwert ist für jedes Versorgungsnetz spezifisch und kann nicht verallgemeinert werden.
Um die Qualität eines Versorgungsnetzes zu beurteilen, werden in der Praxis die gesamtharmonische Verzerrung des Stroms (THDI) beziehungsweise der Spannung (THDU) herangezogen. Anhand dieser Werte können fundierte Aussagen über den Netzzustand oder den spezifischen Schwellenwert getroffen werden. Technisch ist es möglich, den Netzzustand zu verbessern, das heißt, die vorhandenen Oberwellen (teilweise) zu kompensieren. Bewährt haben sich hier der Einsatz von Oberwellenfiltern (passiv oder aktiv), aber auch von elektronischen Verbrauchern mit aktiver Gleichrichtung (Active Front End Technologie).
Innovative Gestellbeschichtungen
Gestelle für die galvanische Beschichtung werden mit elastischen Kunststoffen auf Basis von PVC beschichtet. Wie Dr. Sarah Schmitz von der Delta Engineering & Chemistry GmbH ausführte, zählen diese zu den am vielseitigsten einsetzbaren Beschichtungsmaterialien, nicht zuletzt aufgrund exzellenter Haltbarkeit und modulierbarer mechanischer Eigenschaften. Auf Galvanogestellen dient die PVC-Beschichtung als Korrosionsschutz gegenüber den verwendeten Elektrolyten, Beizen oder sonstigen aggressiven Medien sowie als Isolator zur Verhinderung von Gestellmetallisierung. Die eingesetzten Kunststoffe bestehen aus PVC und Weichmacher. Hinzu kommen Zusatzstoffe, um physiko-chemische Eigenschaften, wie Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit, beim Beschichten und gegenüber den chemischen Medien zu gewährleisten.
Eine besondere Herausforderung stellt zum Beispiel die Gestellbelegung der Beschichtungen bei der chrom(VI)freien Kunststoffgalvanisierung dar. Zu diesem Zweck wurde eine neue Formulierung einer umfassenden Prüfung sowohl in Bezug auf Haltbarkeit als auch Metallisierung unterzogen. In den Versuchen überstand die Beschichtung mehr als 400 Zyklen ohne Einbußen. Zugleich zeichnet sich die Formulierung durch gute Beschichtungsbedingungen aus und erfüllt damit auch die Anforderungen der Gestellbauer. Durch die verbesserte Beständigkeit und die verlängerte Durchlaufzeit der Gestelle steigt die Produktivität und verbessert so die Effizienz für den Einsatz in der Kunststoffgalvanisierung.
Chemie- und Umweltregulierung
Digitalisierung und Life-Cycle-Engineering
Korrosion, Reibung und Verschleiß von Bauteiloberflächen haben nach Aussage von Rowena Duckstein, Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST, direkt und indirekt erhebliche ökologische und wirtschaftliche Auswirkungen auf alle relevanten Branchen, Infrastrukturen und Verkehrssektoren. Die Entwicklung und Anwendung von geeigneten Oberflächenbehandlungsverfahren, mit dem Ziel, diese Auswirkungen zu reduzieren, ist daher von entscheidender Bedeutung. Die Methode der Ökobilanzierung ist ein anerkanntes Instrument zur systematischen Analyse von Umweltauswirkungen für verschiedenste Produkte, Verfahren und Dienstleistungen. Dabei wird in der Regel der komplette Produktlebenszyklus – von der Rohstoffgewinnung bis zum Recycling – betrachtet. Ziel ist die Identifizierung und Quantifizierung aller relevanten Umweltwirkungen und die Vermeidung von Problemverschiebungen entlang des Lebenswegs.
Die Durchführung von Ökobilanzen ist allerdings ressourcenintensiv; zudem veralten erzielte Ergebnisse schnell, sobald sich verwandte Materialien, Prozesse oder Prozessparameter ändern. Durch die fortschreitende Digitalisierung und den Einsatz digitaler Zwillinge wurde eine Weiterentwicklung zum Integrated Computational Life-Cycle-Engineering (IC-LCE) möglich, mit dem sich das Team der Vortragenden befasst. Die Zusammenführung verschiedenster vorhandener digitaler Zwillinge reduziert den Erstellungsaufwand von LCA-Modellen signifikant und ermöglicht LCE als Teil des Produktenwicklungsprozesses. Modellparameter können somit deutlich einfacher variiert werden. Durch die Abdeckung von großen Parameterräumen lassen sich richtungssichere Entscheidungen ableiten, zum Beispiel in Bezug auf den Einsatz von Substituten kritischer Chemikalien.
Passivierung für Aluminium- und Zinkdruckguss
Patrick Rio, Dipsol Europe GmbH, stellte eine neu entwickelte Passivierung ohne Kobalt- und Fluorverbindungen für Aluminium- und Zinkdruckguss vor. Wesentliche Bestandteile sind neben dreiwertigen Chromverbindungen kettenförmige Siliziumverbindungen. Die Passivierungen wurden im Bereich Automobil an Prüfplatten aus den Legierungen AlSi9Cu3(Fe) und AlSi12Cu1(Fe) mit umfangreichen Testverfahren auf ihre Wirkung hin geprüft. Die Prüfverfahren umfassten elektrochemische Messungen (Ruhepotenzial, Linear Sweep Voltammetry, EIS) und klassische Korrosionstests (Salzsprühnebeltest nach DIN EN ISO 9227, Korrosionswechseltest nach PV1209).
Vergleich der passivierten Legierungen nach Durchführung der Korrosionstests (Bild: P. Rio)
Die Prüfplatten wurden unter Einsatz einer Dichtung miteinander verschraubt; eines der Bewertungskriterien war die Unterwanderung der Dichtung. Im Falle von AlSi9Cu3(Fe) zeigte keiner der Prüflinge Unterwanderung, während dies bei AlSi12Cu1(Fe) nur bei 33 % der Prüflinge der Fall war. Auch bei den durchgeführten klassischen Korrosionstests zeigte die Legierung mit dem geringeren Anteil an Silizium sehr gute Ergebnisse, sowohl beim neutralen Salzsprühtest als auch beim PV1209. Die guten Testergebnisse werden durch die einfache Handhabung der Passivierung ergänzt.
Borsäurefreie Glanznickelabscheidung
Die europäischen Bestrebungen zur Vermeidung der Verwendung von Borsäure führten zu intensiven Bemühungen der galvanischen Industrie, entsprechende Alternativen, insbesondere für Glanznickelverfahren, zu finden. Dazu stellte Dr. André Egli, riag Oberflächentechnik, die Ergebnisse von Entwicklungsarbeiten der letzten Jahre vor, bei denen vor allem Carbonsäuren im Zentrum der Forschung standen. Die entsprechenden Verfahren zeigten eine deutliche Reduzierung in Glanzbildung und Einebnungsleistung, was nach Ansicht von Dr. Egli auf die koordinativen Eigenschaften der Carbonsäuren bezüglich Nickel zurückzuführen sind, womit eine direkte Interaktion von Glanzbildnern mit Nickel verhindert wird.
Aufgrund weiterer Forschungen wurde eine Substanzklasse identifiziert; auf deren Basis wurden entsprechende Verfahren formuliert, die nicht nur den Anforderungen an Borsäureverfahren gleichkommen, sondern diese in einer Anzahl von Eigenschaften sogar übertreffen. So wurden unter anderem die Vergrößerung des anwendbaren pH-Bereichs erreicht, höhere Stromdichten, verbesserte Glanztiefenstreuung und dadurch auch eine bessere Schichtdickenverteilung sowie hervorragende Duktilität der abgeschiedenen Nickelschichten. Bemerkenswert ist auch, dass diese Substanzen vollständig kompatibel mit Borsäure sind, womit eine nahtlose Umstellung zu borsäurefreien Verfahren möglich wird.
Energie- und Materialeffizienz in der Oberflächentechnik
Hochwertige Oberflächen für Fahrzeuge
Wie Dr. Felix Heinzler, BIA Kunststoff- und Galvanotechnik, eingangs betonte, variieren in aktuellen Interieur-Designs für die zukünftige Fahrzeuggeneration die Oberflächen und damit auch die erforderlichen Beschichtungstechnologien. Neben Echtmetallanwendungen gibt es bekannte Anwendungen im Bereich der Foliendekors, Lackierung und direkt im Spritzgießen erzeugte Oberflächen. Qualität und Funktionalität der Oberflächendekors spielen eine Rolle, ebenso wie Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit in der Produktion. Aber auch die Verwertung von Ausschuss bis hin zum Recycling der Produkte ist von Bedeutung. Verfahren müssen aufgrund dieser Bestrebungen verstärkt ganzheitlich betrachtet werden und unter dem Gesichtspunkt einer Kreislaufwirtschaft Potenziale genutzt werden.
Da im Unternehmen des Vortragenden alle aufgeführten Technologien im Produktionsmaßstab zum Einsatz kommen, besteht eine gute Möglichkeit zum Vergleich der Verfahren nach großtechnischen Maßstäben. Im direkten Abgleich zur Galvanik bietet die BIA Gruppe eine hochwertige Dreischichtlackierung als Chromeffektlack. Für den Vergleich der Verfahren wird neben der Rohteilqualität, dem Beschichtungsprozess, einschließlich Energie und Ressourcenaufwand, auch die Verwertung von Ausschuss unter dem Gesichtspunkt der Kreislaufwirtschaft betrachtet. Zwar umfasst der Galvanikprozess eine höhere Anzahl von Einzelschritten, verbunden mit einer höheren Prozessdauer. Allerdings zeichnet sich die galvanische Beschichtung durch einen deutlich geringeren Energiebedarf (und damit Vorteilen im Hinblick auf die Emission an Kohlenstoffdioxid) und im Fall der Glanzschicht durch ein deutlich besseres Erscheinungsbild aus.
Vergleich der Verfahren in Bezug auf Erscheinungsbild und Einsatz der möglichen Oberflächentechnologien (Bild: F. Heinzler)
Vergleich der Verfahren im Hinblick auf verschiedene Größen zur Herstellung von dekorativen Teilen für Fahrzeuge (Bild: F. Heinzler)
Neben dem Thema Effizienz werden aber auch Vergleiche zur Funktionsintegration sowie Möglichkeiten zur Integration von Ambiente-Beleuchtung und anderen Funktionen bewertet. So sind Dekoroberflächen längst nicht mehr nur gestalterische Mittel, sondern bieten zunehmend ein Zusammenspiel aus Design und Funktionalität. Trends in der Automobilwelt sehen hier das Fahrzeug als dritten Lebensraum; damit gewinnt auch die Wertigkeit von Werkstoffen im Zusammenspiel mit Strukturen und Naturwerkstoffen an Bedeutung. In die Betrachtung dieser gestalterischen Möglichkeiten müssen deshalb auch die Aspekte einer nachhaltigen Fertigung mit einbezogen werden. Dazu wurden in den letzten Jahren sehr effiziente Möglichkeiten in die Praxis eingeführt und gepflegt.
Faulprozesse in Galvanikabwasser
Die Abwasserbehandlung ist nur ein Nebenbereich und trägt nicht direkt zum Umsatz des Unternehmens bei. Durch die gesetzlichen Vorgaben und strengen Einleitekriterien wird aber eine stabile Prozessführung zwingend gefordert, mit deren Entwicklung und Umsetzung sich Alois Kinateder, GusChem, befasst. Solange die jeweiligen Prozessschritte gleichmäßig durchlaufen werden, stellt sich ein stabiler Prozess ein. Kommt es aber zu Prozessunterbrechungen, können die entsprechenden Abwässer durch weitere Prozesse in einen kritischen Zustand übergehen.
Beispiel für die auftretenden Verkrustungen von Behältern (Bild: A. Kinateder)
Neutralisiertes Abwasser enthält eine Vielzahl von Substanzen, die Mikroorganismen als Nahrung dienen. Das führt schnell zur Bildung von voluminösen Biofilmen, die starken Einfluss auf den Prozessablauf haben. Neben dem deutlichen Anstieg des CSB-Werts im Abwasser führen Biofilme beispielsweise zur Verstopfung von Leitungen, schlecht arbeitenden Ionenaustauschern oder falschen Anzeigen bei pH- und Leitwertsonden. Durch die Faulprozesse wird der erzeugte Dünnschlamm zudem schlechter filtrierbar und im Absetzbecken oder Schrägklärer kommt es zum Aufschwimmen von Schlamm.
Die nachteiligen Reaktionen lassen sich durch unterschiedliche Methoden verhindern. In diesem Zusammenhang empfiehlt der Vortragende folgende Möglichkeiten:
- den Einsatz von Phosphaten oder organischen Säuren reduzieren, eventuell auch vollständig ersetzen
- getrennten Entsorgungsweg für Fette und Öle aus Reinigungsmedien nutzen
- polymeres Flockungshilfsmittel durch Bentonitmischungen ersetzen
- durch das Einblasen von Luft (Sauerstoff) anaerobe Bereiche vermeiden
- aktivkohlehaltige Fäll- und Flockungsmittel einsetzen, wodurch sich CSB und AOX verringern
Weitere Lösungsvorschläge richten sich auf den Umgang mit vorhandenen Anlagen und Geräten. So ist es vorteilhaft, die Behälter zur Abwasserbehandlung vor Betriebspausen zu entleeren oder Kalkbeläge regelmäßig zu entfernen. Eine regelmäßige Grundreinigung und eventuell der Einsatz von Bioziden liefert in den meisten Fällen eine dauerhafte Lösung.
Diffusionsdialyse
Der Vortrag von Rainer Klein, Spiraltec, ist in der WOMag 12/2021 in ausführlicher Form mit Abbildungen enthalten.
Ende des Berichts