Mit dem Laser gegen Mikroplastik

Werkstoffe 08. 05. 2022
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Bislang sind Kläranlagen kaum in der Lage, die winzigen Mikroplastikteile im Abwasser ausreichend herauszufiltern. Nun wird der erste lasergebohrte Mikroplastikfilter in einem Klärwerk getestet. Er enthält Bleche mit extrem kleinen Löchern von nur zehn Mikrometern Durchmesser. Die Technologie, um Millionen von Löchern effizient zu bohren, wurde am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen entwickelt. Dort arbeitet man jetzt an der Skalierung der Ultrakurzpuls-Lasertechnologie im Kilowattbereich.

Nachhaltigkeit ist heute keine Option, sondern eine Pflicht für jede Technologieentwicklung. Dementsprechend werden auch in der Laserbranche viele Projekte vorangetrieben, um diese Technologie für nachhaltige Zwecke zu nutzen. Schon heute ermöglichen Laser höhere Wirkungsgrade in der Wasserstofftechnologie ebenso wie absolut dichte Batteriegehäuse in der Elektromobilität.

Im BMBF-geförderten Projekt SimConDrill hat sich das Fraunhofer ILT mit Industriepartnern zusammengeschlossen, um erstmals einen Abwasserfilter für Mikroplastik zu bauen. Im Kern sei es darum gegangen, möglichst viele möglichst kleine Löcher in kürzester Zeit in eine Stahlfolie zu bohren, erklärt Andrea Lanfermann, Projektleiterin am Fraunhofer ILT, die Herausforderung.

Das ist gelungen. Im Rahmen des Projekts bohrten nach der Prozessentwicklung am Fraunhofer ILT die Expertinnen und Experten der LaserJob GmbH 59 Millionen Löcher mit zehn Mikrometern Durchmesser in ein Filterblech und schufen so einen Filter-Proto­typen. Für das ambitionierte Projekt arbeiten die Fraunhofer-Forschenden noch mit drei weiteren Firmen zusammen. Neben dem Projektkoordinator Klass Filter GmbH sind die Lunovu GmbH und die OptiY GmbH beteiligt.

Inzwischen wurden die lasergebohrten Metallfolien in den patentierten Zyklonfilter der Klass Filter GmbH eingebaut und umfangreichen Tests unterzogen. Im ersten Versuch wurde mit dem feinen Pulver von 3D-Druckern verunreinigtes Wasser filtriert. Der Aufbau wird jetzt unter realen Bedingungen in einem Klärwerk getestet.

Im Mikroplastikfilter sind die Folien mit den Mikrolöchern auf einem gröberen Raster befestigt, damit sie unter dem Wasserdruck nicht zerreißen (© Fraunhofer ILT, Aachen)

 

Prozesswissen ist der Schlüssel

Millionen Löcher nacheinander zu bohren, dauert seine Zeit. Schneller geht es mit dem Multistrahlverfahren, bei dem aus einem Laser­strahl über eine spezielle Optik eine Matrix von identischen Strahlen erzeugt wird. Am Fraunhofer ILT in Aachen hat man so mit einem Ultrakurzpulslaser (TruMicro 5280 Femto Edition) mit 144 Strahlen gleichzeitig gebohrt. Die Basis für solche Anwendungen ist ein detailliertes Prozesswissen. Das wurde am Fraunhofer ILT über Jahrzehnte hinweg gesammelt und in entsprechende Modelle und Software umgesetzt. Damit lassen sich dem Fraunhofer ILT zufolge alle Parameter am Computer variieren und optimale Prozessparameter werden schnell gefunden. Auch die Robustheit des Prozesses lässt sich so vor dem Applikationsversuch analysieren.

Parallel zu dieser Bohranwendung arbeitet ein Konsortium aus sechs Partnern an der Umsetzung einer industriellen Maschine zur Multistrahlbearbeitung. Im EU-Projekt Multi­Flex erhöhen Forschende unter Industriebeteiligung die Produktivität der scannerbasierten Lasermaterialbearbeitung mittels Multistrahlverfahren. Das Besondere besteht bei diesem Vorhaben darin, dass alle Teilstrahlen individuell angesteuert und somit für die Herstellung beliebiger Oberflächenstrukturen genutzt werden können. Ziel ist es, die Geschwindigkeit des Prozesses um das Zwanzig- bis Fünfzigfache zu steigern und somit die Wirtschaftlichkeit des gesamten Verfahrens signifikant zu erhöhen.

CAPS: Skalierung in den kW-Bereich

Das Prozesswissen ist auch ein entscheidender Faktor bei der weiteren Skalierung der Materialbearbeitung mit ultrakurzen (UKP) Laserpulsen mit oder ohne ­Multistrahloptik. Wenn die Leistung in den Kilowattbereich erhöht wird, kann es zu einer thermischen Schädigung des Werkstücks kommen. Solche Effekte werden durch komplexe Simulationen erforscht, die Prozesse können entsprechend angepasst werden.

Die Laser für solche Versuche stehen im Applikationslabor am Fraunhofer ILT in Aachen zur Verfügung. Sie gehören zum Fraunhofer Cluster of Excellence Advanced Photon Sources CAPS, in dem 13 Fraunhofer-Institute gemeinsam Laserstrahlquellen, Prozesstechnik und Anwendungen für UKP-Laserleistungen bis 20 Kilowatt entwickeln. Ein zweites CAPS-Labor wird am Fraunhofer IOF in Jena betrieben.

Text zum Titelbild: Im Mikroplastikfilter sind die Folien mit den Mikrolöchern auf einem gröberen Raster befestigt, damit sie unter dem Wasserdruck nicht zerreißen (© Fraunhofer ILT, Aachen)

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