Reinigen mit Laserlicht – der nachhaltige Weg für die Industrie

Werkstoffe 05. 10. 2022
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Von Edwin Büchter, Herzogenrath

Metallische Werkstoff unterliegen im Produktionsprozess in der Regel unterschiedlichen Bedingungen, die häufig Deckschichten oder Beläge bilden. Derartige Deckschichten können oxidischer Natur sein, aber auch Zusammensetzungen aufweisen, die bei weiteren Bearbeitungsschritten stören. Im Bereich der Elektrotechnik werden darüber hinaus Isolierungen eingesetzt, die für die Herstellung von Kontakten zu entfernen sind.

Vor allem das Reinigen und Entfernen von Deckschichten erfolgt klassisch auf chemischem oder mechanischem Weg, zum Beispiel durch Schleifen. Als moderne Alternative zu diesen Bearbeitungsverfahren bietet sich die Verwendung spezieller Lasertechnologie an. Es ergeben sich hierbei eine ganze Reihe von Vorteilen und interessanten Auswirkungen.

Das Reinigen mit Laserlicht benötigt sehr wenig Energie und zugleich keinerlei Reinigungsmedien, wodurch das Verfahren den Gedanken der nachhaltigen Produktion unterstützt. Durch die kurze Einwirkdauer des gepulsten, fokussierten Laserstrahls werden Schmutz- oder Deckschichten schlagartig verdampft, ohne dabei dem Grundmaterial zu schaden.

Das Laserstrahlreinigen ist außerdem extrem präzise. Es muss nicht mehr das ganze Bauteil gereinigt werden, sondern nur der für den Prozess benötigte Bereich. Die Geometrie der Entschichtung ist einfach und exakt über eine grafische Benutzeroberfläche einstellbar. Bei der Schweißvorbehandlung von Karosserien zum Beispiel lässt sich großflächiges Entfetten durch lokales Laserreinigen ersetzen.

Die beim Laserprozess in geringsten Mengen sortenrein anfallenden Reststoffe werden durch angepasste Absaugtechnik vollständig gesammelt und so einer umweltgerechten Entsorgung zugeführt. Schließlich lässt sich die Technologie leicht in den Fertigungsprozess integrieren. Dadurch werden Transportkosten und -wege sowie die damit verbundene Umweltbelastung reduziert.

Innerhalb der letzten 25 Jahre hat sich die Clean-Lasersysteme GmbH (cleanLASER) aus Herzogenrath bei Aachen vor allem auf die Formen- und Werkzeugreinigung, die Entlackung und Entschichtung sowie die Reinigung und Modifikation von Oberflächen mit Laserlicht spezialisiert.

Entlacken und Entschichten im Bereich der Elektromobilität

Laserverfahren bieten zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten im Bereich Elektromobilität. Dazu gehören vor allem das rückstandsfreie Entlacken und das mikrometergenaue Entschichten.

Für die E-Mobilität ist es beispielsweise notwendig, Oberflächen elektrisch leitend zu gestalten, um Masse- oder Leitfähigkeitsanforderungen zu erfüllen. Das Entlacken mittels Laser bringt hier entscheidende Vorteile, wie beispielsweise die erzielbare Präzision und Reproduzierbarkeit sowie die einfache Integrierbarkeit in die Prozesskette. Gleichzeitig wird durch den Einsatz von Licht als Reinigungsmittel die Partikelverschmutzung zum Beispiel beim Entlacken von Kontaktflächen vermieden. Die beim Laserabtrag freigesetzten Dämpfe und Stäube der abgetragenen Lackschicht lassen sich lokal einfach absaugen, wodurch eine erneute Verschmutzung des Bauteils vermieden wird.

Zu den Anwendungen gehören beispielsweise Entlackungen verschiedener Bauteilbereiche, das Entfernen von störenden Deckfilmen für die Schaffung elektrischer Kontakte oder zur Vorbereitung von dem Schweißen, aber auch die gezielte Strukturierung von Oberflächen zur Erhöhung der Haftung von Klebeverbindungen.

Effiziente Vorbehandlung von Metallbauteilen für Batteriewannen

 

Elektrische Massekontaktierung

Batteriemodule werden in stabile Batterie­kästen implementiert, um einen Schutz der empfindlichen und elektrisch geladenen Batterien gegen Berührung, Kurzschluss und äußere Einflüsse zu gewährleisten, aber auch einen Batteriebrand nach einem Unfall zu vermeiden. Diese Batteriekästen sind in der Regel wannenförmig und bestehen aus Guss oder Profilstrukturen.

Meist sind diese Batteriewannen mit ­einer KTL-Schicht versehen und so wirkungsvoll gegen Korrosion geschützt. Nach dem Einbau der Batterien werden die Wannen mit einem oder mehreren Deckeln wasserdicht verschlossen. Die Deckel müssen aus Gründen der elektromagnetischen Verträglichkeit leitend mit dem Gehäuse verbunden werden. Hierzu hat cleanLASER das contour­SCAN-Verfahren entwickelt. Mit dieser Technologie lassen sich per Dateiimport die Konturen der Dichtflächen in eine von cleanLASER hergestellte Fertigungszelle importieren und dann auf Knopfdruck konturgenau auf der Oberfläche des Batteriekastens applizieren. Das Ergebnis ist eine sauber und rückstandsfrei entlackte Fläche, die für eine gute elektrische Verbindung zwischen Gehäuse und Deckel sorgt, ebenso wie für lackfreie Massekontaktpunkte der Batterie im Batteriekasten.

Der Lack wird rückstandsfrei entfernt und die Kontur kann ohne Programmieraufwand direkt aus den CAD-Daten generiert werden. Durch die Anpassung der Breite an den Vorschub des Portal-Automationssystems der Laseroptik lässt sich so eine effiziente und nebenzeitarme Entlackung realisieren. Dabei werden je nach Lackschichtart und Dicke Abtragraten von deutlich über 30 cm2 pro Sekunde erreicht. Ein Batteriekasten mittlerer Größe lässt sich damit in der Regel in weniger als zwei Minuten im Kontaktierungsbereich millimetergenau entschichten.

Entlacken von Kupferdraht

Automatisierte Entlackung von Drähten im Durchlauf

 

Entlacken von Hairpins

Eine andere Anwendung ist das Entlacken von Kupferdrähten (Kupferlackdraht). Die entsprechenden Drähte werden in Folgeprozessen geschnitten und gebogen. Die dabei entstehenden Schlaufen, sogenannte Hairpins, stellen die Grundlage für die Wicklungspakete und Anschlüsse dar. Um eine Kontaktierung und einen Fügevorgang der Drähte zu ermöglichen, müssen diese ­vollständig und rundherum von Lack befreit werden.

Für diese Anwendung hat cleanLASER die wireLINE-Optik entwickelt. Mit dem Optik­system ist es möglich, die Rundumbearbeitung von Drähten im Durchlauf oder auch die allseitige Entlackung im Endbereich mit nur einer Laserstrahlquelle zu erzielen. Durch die Arbeitslänge von bis zu circa 400 mm lassen sich Hairpins mit einer entsprechenden Länge im kontinuierlichen Durchlauf on the fly erzeugen.

Durch das große Arbeitsfenster kann der ­Laser über einen langen Zeitraum einwirken. Der große Arbeitsbereich der Optik ermöglicht es, den Draht zu entschichten, ohne dabei auf die nächste Entlackungsstelle warten zu müssen. Da diese Pausenzeiten entfallen, können leistungsschwächere Laser eingesetzt werden. Daraus ergibt sich wiederum ein Kostenvorteil gegenüber konventionellen mechanischen Anlagen oder Anlagen auf ­Basis von CO2-Lasern.

Entschichten von Statoren

Auch bei der Herstellung der Elektromotoren (Statoren) kommen Laser zum Einsatz. Zum Fixieren der Statorwicklungen in den Blechpaketen der Statoren werden diese in Harz getränkt und anschließend getrocknet. An den Unterseiten des getränkten Stators sowie auf der Mantelfläche bilden sich Harzrückstände, die entfernt werden müssen, um die Passgenauigkeit zum Gehäuse zu sichern oder die Wärmeableitung des Stators an das Außengehäuse nicht zu vermindern. Die dafür eingesetzte Technologie für die Entschichtung mittels Laser kann mit hohen Prozessgeschwindigkeiten ausgeführt werden.

Schweißvorbehandlung

Organische Rückstände wie Fett, Trennmittel oder Umformöle auf Leichtmetallen führen bei thermischen Fügeprozessen zu einer explosionsartigen Verbrennung. Dies stört signifikant die beim Löt- oder Schweißprozess entstehende Schmelze und führt zu unerwünschten Poren und Lunkern, welche die Festigkeit der Naht und die Oberflächenanmutung der Schweißraupe zerstören. Durch den Einsatz von Lasern lassen sich solche Rückstände vollständig entfernen. Die blanke metallische Oberfläche wird gleichzeitig leicht geglättet.

Auch transparente Rückstände, zum ­Beispiel von Trockenschmierstoffen und ­Emulsionen, werden sicher entfernt. Der Schmutz wird dabei von unten weggesprengt. Durch das rückstandsfreie Entfernen der Organik ist eine Verdampfung von Kontaminationen während des thermischen Schweißprozesses ausgeschlossen. Das Verfahren verhindert wirkungsvoll Fehlstellen in der Naht, zugleich werden Verbindungsqualitäten mit minimaler Porosität und hoher Festigkeit im Nahtbereich erzielt. Durch jüngste Prozessoptimierungen ist es der Clean-Lasersysteme GmbH gelungen, Ölschichten von bis zu 4 g/m2 – die deutlich über üblichen Verschmutzungen liegen – sicher und reproduzierbar von Aluminiumblechen zu entfernen. Dabei konnten Vorschubgeschwindigkeiten von mehr als 12 m/min erreicht werden bei nachweislich nahezu perfekter Schweißnahtqualität. clean­LASER produziert entsprechende Anlagen, die bereits über 130-mal bei OEMs in der ­Serienproduktion eingesetzt werden.

Auch die Nachbehandlung von Schweißnähten, zum Beispiel für die Abdichtung mit Heißbutyl oder MS Polymeren, lässt sich mittels Laserreinigung kontaminationstolerant und prozessstabil durchführen.

Strukturelle ­Klebevorbehandlung von Batteriegehäusen

Oxid- und Fettschichten lassen sich mit Laserlicht rückstandsfrei von metallischen Oberflächen entfernen. Zugleich können dabei ungleichmäßige, gewachsene Oxidschichten oberflächennah gleichmäßig umgeschmolzen werden. Die dann verdichtete beziehungsweise mikrokristalline und amorphe Übergangszone ist weniger anfällig für die Elementkorrosion. Die auf dieser konditionierten Oberfläche unmittelbar beim Laserprozess ausgebildete, sehr dünne und homogene neue Oxidschicht stellt die optimale Basis für einen Klebeprozess dar.

Die Vorbehandlung mit dem cleanLASER-Verfahren ist somit langfristig korrosionsstabil, was sich in repräsentativen Alterungstests widerspiegelt. Daher eignet sich das Verfahren auch zur strukturellen Klebevorbehandlung von Batteriegehäusen. Eine direkte Epoxid- und PU-Verklebung und auch der Einsatz sehr ölempfindlicher MS Poly­mere sind prozesssicher möglich. Die Flächenleistung der Klebevorbehandlung beträgt 10 cm2 bis 30 cm2 pro Sekunde.

Bei der Klebevorbehandlung von Gehäusebauteilen aus Aluminium lässt sich der ­Laser auch auf unbeschichtetem Material ­effektiv einsetzen. Durch die Modifikation wird die Oberfläche für die Anbindung der Kleb- und Dichtstoffe vorbereitet und so eine optimale Haftung der FIPG- und CIPG-Dichtungen erzielt.

Außerdem eignet sich die Oberflächenreinigung und Modifikation für strukturelle Verklebungen. Durch eine gezielte Veränderung der kristallinen Struktur zum Beispiel bei Aluminium ist eine Absenkung des elektrochemischen Korrosionspotenzials und somit eine dauerhafte Klebefestigkeit auch für crash­belastete Strukturen möglich.

Mit der cleanCELL, einer flexiblen, schlüsselfertigen Bearbeitungszelle, lassen sich robotergestützt bis zu 100 Teile in einem Durchlauf vorbehandeln. Die integrierte Qualitätsüberwachung sorgt für reproduzierbare Ergebnisse.

Batteriezellen und Zellcluster

Die präzisen Lasersysteme eignen sich auch für Anwendungen im Bereich der Bearbeitung von Batteriezellen. Rundzellen und prismatische Zellen werden unter anderen in den Kontaktbereichen zur Vorbereitung vor dem Wire Bonding gereinigt. Durch die homogene Reinigung wird die Strukturierung der Kontakte vermieden, sodass es beim Schweißen zu einer gleichmäßig guten Anbindung des Bonddrahts oder des Zell-Kontaktsystems (ZKS) am Terminal der Zelle kommt.

Durch die On the fly-Technik mit ­partieller Bearbeitung lässt sich dabei die Prozess­effizienz gegenüber flächiger Bearbeitung deutlich (bis zu Faktor 6) erhöhen, indem nur die Fügezonen behandelt werden. Dank der schonenden homogenen Strahlung werden die Isolatoren zwischen Anode und Kathode nicht geschädigt. Eine aufwendige Aussparung dieser empfindlichen Bereiche kann entfallen.

Gleiches gilt auch für die Gegenseite, das Zell-Kontaktsystem. Reinigung, Fügevorbehandlung und die Vorbereitung des Zell-Kontaktsystems zum Fixieren von Leitungssystemen sind mit dem cleanLASER-Verfahren in einem Arbeitsgang möglich.

Darüber hinaus lassen sich Zellen und Zellcluster vor dem Beschichten und Fixierkleben mit dem Laser vorbereiten. Hohe Prozess-Flächenraten von etwa 50 cm2/s sorgen für eine schnelle und sichere Beschichtungs- und Klebevorbehandlung.

Fazit und Ausblick

Zu den Vorteilen des Verfahrens von Clean-Lasersysteme gehören nachweislich die sehr guten Haftungseigenschaften und Klebfestigkeiten, die Steigerung der Korrosions­beständigkeit, eine dauerhaft stabile Abdichtung sowie die Crashfestigkeit.

Zukünftig möchte das Unternehmen neben der seit Jahren etablierten und zertifizierten Laserbearbeitung von Metallen auch 3-μm-Lasersysteme zur Klebe- und Lackiervorbehandlung bei der nachhaltigen Konditionierung von Faserverbundwerkstoffen einsetzen. Aktuell wird an dieser Aufgabe im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts gearbeitet, das durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert wird.

Text zum Titelbild: Reinigung der Oberflächen von Batteriezellen zur Erzeugung eines guten elektrischen Kontakts

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