Bessere Magnete für grüne Energie

Werkstoffe 05. 10. 2022
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Forschungsteam stellt feste und duktile Weichmagnete durch Mehrkomponentenlegierung her. Neueste Erkenntnisse wurden in der Zeitschrift Nature veröffentlicht

Weichmagnetische Werkstoffe sind Schlüsselmaterialien für die Energiewende. Sie werden in Elektromotoren eingesetzt, welche die Energie aus nachhaltigen Quellen wie Wind und Wasser in Elektrizität umwandeln und so nutzbar machen. Allerdings sind herkömm­liche Weichmagnete, die derzeit in der Industrie eingesetzt werden, anfällig für Schäden bei starker mechanischer Beanspruchung. Wissenschaftlerinnen und ­Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung MPIE, der Technischen Universität Darmstadt und der Central South University, China, haben eine neue Designstrategie entwickelt, welche die Lebensdauer von weichmagnetischen Werkstoffen erhöht und Hightech-Anwendungen wie Hochgeschwindigkeitsmotoren ermöglicht. Ihre Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.

Nanopartikel erhöhen ­Festigkeit und Duktilität

Das Problem bei herkömmlichen weichmagnetischen Werkstoffen ist, dass wir entweder einen starken Magnetismus oder ein festes Material haben, erklärt Liuliu Han, Doktorand am MPIE und Erstautor der Veröffentlichung. Beide Eigenschaften gleichzeitig ließen sich bisher nicht vereinen, so Han. Eine höhere Festigkeit von Werkstoffen wird normalerweise durch Anpassungen in der Mikrostruktur, wie beispielsweise durch die Implementierung von Ausscheidungen und Defekten erzielt. Laut bisherigem Forschungsstand würde der Einsatz von Nanopartikeln in der Mikrostruktur die magnetischen Eigenschaften verringern, da diese Nanopartikel die Bewegung der Domänenwände hemmen. Diese Bewegung ist jedoch essenziell für die magnetische Wirkung des Werkstoffs. Das internationale Forschungsteam entdeckte nun, dass die Größe der Nanopartikel sowohl für die mechanische Festigkeit und Duktilität des Werkstoffs als auch für dessen magnetische Eigenschaften eine entscheidende Rolle spielt. Bisher sei man davon ausgegangen, dass kleinere Nanopartikel weniger mit den Domänenwänden interagieren und so die Stärke der magnetischen Wirkung weniger beeinflussen, so Han. Doch genau das Gegenteil sei der Fall. Wir haben Partikel eingesetzt, die nur etwas kleiner sind als die Breite der Domänenwand, sagt Han. Diese Vergröberung führe zu einer geringeren spezifischen Oberfläche und reduziere die innere Spannung. So würden die magnetischen Eigenschaften trotz der Partikel nicht beeinträchtigt und die Duktilität und Festigkeit werde verbessert.

Mehrkomponentenlegierung für ­bessere weichmagnetische Werkstoffe

Das Forschungsteam setzte diese Designidee in einem Mehrkomponenten-Legierungssystem mit multifunktionalen Eigenschaften um. Es stammt aus dem Konzept der Hochentropielegierung und enthält Eisen, Nickel, Kobalt, Tantal und Aluminium. Bei herkömmlichen Weichmagneten, die nicht auf eine hohe Festigkeit und Duktilität setzen, ist diese Zusammensetzung unüblich. Darüber hinaus sind die auf dem neuen Legierungssystem basierenden Werkstoffe einfacher herzustellen und haben eine höhere Lebensdauer als herkömmliche Magnetwerkstoffe. Mit ­Hilfe von Computersimulationen und maschinel­lem Lernen versuchen wir nun, die Kosten der neuen Legierung zu senken, sagt Dr. Fernando Maccari, Postdoktorand in der Gruppe Funktionale Materialien der TU Darmstadt und Zweitautor der Veröffentlichung. Dazu wollen die Forschenden die Menge der teuren Elemente wie Kobalt reduzieren und Elemente mit ähnlichen Eigenschaften finden, um die teuren Elemente zu ersetzen. Die magnetischen Eigenschaften wurden an der TU Darmstadt untersucht, während Design und Charakterisierung der Legierung am MPIE durchgeführt wurden.

Die hier verwendete Zusammensetzung dient als Modellsystem für Mehrkomponenten­legierungen. Das Konzept ist nicht auf weichmagnetische Werkstoffe beschränkt, sondern lässt sich auch auf Hightech-Legierungen mit neuen und ungewöhnlichen Kombinationen von funktionellen und mechanischen Eigenschaften anwenden.Yasmin Ahmed Salem

Kontakt:

Liuliu Han, Max-Planck-Institut für Eisenforschung MPIE, E-Mail: liuliu.han@mpie.de

Original-Publikation:

L. Han, F. Maccari, I. R. Souza Filho et al.: A mechanically strong and ductile soft magnet with extremely low coercivity; Nature 608 (2022), 310-316, https://doi.org/10.1038/s41586-022-04935-3

 

 

Vergleich der mechanischen und funktionellen Eigenschaften der neuen Mehrkomponentenlegierung (MCA – engl. multicomponent alloy): hier in Rot und Violett dargestellt und bestehende konventionelle weichmagnetische Werkstoffe: in Grün, Gelb und Blau(Bild: Nature, doi:10.1038/s41586-022-04935-3)

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