Oberflächenfunktionalisierung mittels Laserinterferenz – von der Idee zum Markterfolg

Werkstoffe 06. 11. 2022

Der geschäftsführende Gesellschafter Dr.-Ing. Dominik Britz stellt die SurFunction GmbH vor

Im März 2020 wurde die SurFunction GmbH mit dem Ziel gegründet, nach mehr als 20 Jahren Forschung und Entwicklung in Dresden und Saarbrücken erstmalig die sogenannte Direct Laser Interference Patterning (kurz DLIP)-Technologie zu industrialisieren. Die beiden mehrfach ausgezeichneten Erfinder der Technologie, Prof. Andrés Lasagni und Prof. Frank Mücklich, sind als Mitgründer aktiv in der SurFunction eingebunden.

Materialforscher Prof. Dr. Frank Mücklich hatte bereits 1999 die Idee, mittels Laserinterferenz Werkstoffe gezielt zu strukturieren. Gemeinsam mit seinem damaligen Doktoranden, Prof. Andrés Lasagni, wurde die Technologie weiterentwickelt und für immer mehr Werkstoffe – von Metallen, über Polymere bis hin zu Glas und Keramik – validiert. Nach seiner Rückkehr als Humboldt-Stipendiat aus den USA kam Prof. Lasagni über das Fraunhofer Attract-Programm an das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS, um die DLIP-Technologie industriell voran­zubringen.

Die Entwicklungen im Bereich dieser Technologie von Prof. Lasagni stellten einen Meilenstein dar, die in der ersten ­Generation an kompakten DLIP-Optiken mündeten. Nach dem Ruf an die Technische ­Universität Dresden konnte er die Technologie auch im Bereich der Grundlagen verstärkt weiterent­wickeln. Mit dem Material Engineering Center Saarland, einem Steinbeis-­Transferzentrum, wurden parallel in Saarbrücken die DLIP-Technologie in zahlreichen Industrieprojekten evaluiert und die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Oberflächenfunktionalisierung validiert. Mit ihren Forschungsteams haben Prof. Mücklich und Prof. Lasagni über 200 Fachartikel zur DLIP-Technologie veröffentlicht und wurden unter anderem mit ihren Arbeitsgruppen gemeinsam mit dem Berthold-Leibinger-Innovationspreis 2016 für eine der besten Laserinnovationen ausgezeichnet.

Gemeinsam mit Dr.-Ing. Dominik Britz gründeten Prof. Mücklich und Prof. Lasagni schließlich – nach konkretem Bedarf aus der Industrie und nach erfolgreichem Proof-of-concept einer Serienanlage – im März 2020 die SurFunction GmbH in Saarbrücken, wobei der Unternehmensname ein Akronym von Surface (Oberfläche) und Function (Funktion) ist. Wichtiger Erfolgsfaktor für den Übertrag in die Serienfertigung ist dabei auch die personelle Vielfalt im Unternehmen. Neben Forschern setzt SurFunction auch auf ein internationales Team aus erfahrenen Mitarbeitenden im Hinblick auf industrielle Fertigungsprozesse und Produktskalierung. Auch die neue Generation an patentierten DLIP-Optiken sowie eine Erweiterung der Technologie mit komplementären Technologien (extended DLIP – kurz xDLIP) leisten einen wesentlichen Beitrag zum aktuellen Technologieportfolio, um damit komplexe und gleichzeitig hochfunktionale Oberflächenstrukturen kontaktlos auf nahezu beliebigen Materialien in Rekordzeiten zu funktionalisieren.

Das physikalische Grundprinzip der DLIP-Technik ist die gezielte Überlagerung gepulster Laserstrahlung. In diesem Verfahren werden mindestens zwei Laserstrahlen auf der Materialoberfläche derart überlagert, dass ein exakt periodisches Intensitätsmuster entsteht, wodurch auf der zu bearbeitenden Substratoberfläche ein zum Intensitätsmuster reziprokes Topographiemuster hervorgerufen wird. Auf diese Weise ist es nicht nur möglich, geometrisch komplexe ­Strukturen auf Festkörperoberflächen zu erzeugen, sondern mit der Änderung der Wellen- und Pulslänge des Lasers, sowie der Anordnung und Anzahl der Laserstrahlen neben der erzeugten periodischen Oberflächentopographie auch die Mikrostruktur des Materials oder die Oberflächenchemie gezielt zu variieren.

All diese Möglichkeiten, vereint mit der industrierelevanten Prozessgeschwindigkeit und einem breiten materialwissenschaftlichen Hintergrund, heben die DLIP-Technologie im Vergleich zu allen anderen Technologien zur Oberflächenfunktionalisierung hervor. Dabei geht es nicht nur um die Laserstrukturierung an sich, sondern vielmehr darum, die Oberfläche auf Grundlage des spezifischen Substrats optimal anzupassen und im Hinblick auf die geforderten Funktionen zu entwickeln.

Die Charakterisierung von Oberflächen vor und nach der xDLIP-Behandlung ist unverzichtbar – daher testet SurFunction alle relevanten Eigenschaften und untersucht gezielt sämtliche Faktoren, welche die Zuverlässigkeit und Eignung eines Materialsystems betreffen. Die Entwicklung optimierter Materialsysteme und deren Zuverlässigkeit stehen dabei im Mittelpunkt. Materialwissenschaftliche Expertise und Zugriff auf ein breites analytisches Spektrum sind für den erfolgreichen Transfer in den industriellen Prozess unabdingbar und grenzen SurFunction vom Wettbewerb ab.

Konkrete Anwendungsfelder wurden bereits in der Automobilbranche, der Medizin und Sicherheitstechnik mit Effekten wie Reibungs- und Verschleißkontrolle bis hin zur Schaffung von antibakteriellen und antiviralen Oberflächen und der Benetzungssteuerung identifiziert. Ausgewählte Leistungsbeispiele umfassen bei der Topographie eine Verringerung der Reibung um bis zu 80 Prozent und des Verschleißes um bis zu 99 Prozent. Für erneuerbare Energien kann die Solarabsorption um bis zu 35 Prozent erhöht werden. Elektrische Systeme weisen einen reduzierten Kontaktwiderstand von bis zu 80 Prozent auf.

In einer Vielzahl von Projekten wurden derartige, durch direkte Laserinterferenz (extended Direct Laser Interference Patterning, xDLIP) erzeugte funktionelle Oberflächenstrukturen in verschiedenen medizintechnischen Anwendungsbereichen bis hin zu Experimenten auf der internationalen Raumstation ISS eingehend untersucht. Die Anhaftung und metabolische Aktivität von pathogenen Bakterien kann dabei im gleichen Maße gehemmt, wie aktiv ­antimikrobielle Oberflächeneigenschaften um ein Vielfaches gesteigert werden. In In-vitro-Versuchen zu unterschiedlichen Implantatanwendungen werden die Proliferation, Orientierung und Differenzierung der zur Einheilung von essenziellen Zelltypen des Patientengewebes durch gezielte Oberflächenstrukturierung sowohl gesteigert als auch gesteuert und negative Gewebeinteraktionen unterdrückt. Basierend auf diesen Ergebnissen bietet die xDLIP-Technologie das Potential, Patienten noch individualisierter behandeln zu können und das Risiko von schweren Verläufen zu ­reduzieren.

Nature Knows Best – SurFunction nutzt Oberflächenstrukturen inspiriert durch die Natur, um Produkte zu verbessern und nachhaltiger zu gestalten, und somit einen aktiven Beitrag für die Gesellschaft und für einen positiven ökologischen Wandel zu leisten. In einer Vielzahl von Anwendungsbereichen bietet die xDLIP-Technologie branchenübergreifend signifikante Innovations- und Wettbewerbsvorteile. Darüber hinaus ergeben sich Energieeinsparungen, die Möglichkeit, den Einsatz von Chemikalien zu reduzieren, sowie die Effizienz von Produkten zu steigern, welches die xDLIP-Technologie in hohen Maßen nachhaltig macht.

Text zum Titelbild: Exemplarische Darstellung der Zweistrahl-Laserinterferenz mittels xDLIP auf einer metallischen Oberfläche

 

Expertenwissen bei der SurFunction GmbH (v.l.n.r.): Andrés Lasagni, Dominik Britz, Frank Mücklich und Ralf Zastrau

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