Wege zur Klimaneutralität in der Galvanotechnik

Oberflächen 06. 03. 2023

Von Stefan Kölle, Fraunhofer IPA, Stuttgart

Die Galvanotechnik leidet unter den stark gestiegenen Strompreisen und muss langfristig klimaneutral werden. Wie der Weg zur Klimaneutralität für diese energieintensive Branche aussehen könnte, zeigen Expertinnen und Experten aus Industrie und Forschung im Sommer in einem Seminar am Fraunhofer IPA.

Energiepreise und Klimaziele

Die im vergangenen Jahr massiv gestiegenen Industriestrompreise befinden sich derzeit trotz eines Rückgangs von 26 % mit einem Preis von knapp 40 ct/kWh zu Jahresbeginn weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Im Jahr 2021 kostete die Kilowattstunde für die Industrie noch knapp 20 ct [1]. Trotz entfallener EEG-Umlage stellen die hohen Energiepreise die Industrie daher noch immer vor immense Herausforderungen. Gleichzeitig müssen die Anstrengungen auf dem Weg zur Klimaneutralität, die in Deutschland bis zum Jahr 2045 erreicht werden soll, durch Emissions- und Energieeinsparungen deutlich intensiviert werden [2]. Dabei müssen die Einsparungen auch von der Industrie mitgetragen werden, da diese für 24 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Dies kann nur gelingen, wenn Ansätze zur Energieeinsparung durch effiziente Produktionsprozesse mit alternativen beziehungsweise regenerativen Erzeugungstechnologien kombiniert werden.

Warum nicht mehr Energieeffizienz?

Dabei sind die Einsparpotenziale beim Energie- und Ressourcenverbrauch als durchaus hoch einzustufen. Die Erhebung des Energieeffizienzindexes des Instituts für Energie­effizienz in der Produktion an der Universität Stuttgart sieht bei kleinen und mittelständischen Unternehmen Energieeffizienzpotenziale in Höhe von 10 % bis 20 % [3]. Gerade in der energieintensiven Branche der Galva­notechnik besitzen die Energiekosten neben den Materialkosten einen besonders hohen Anteil an den Produktionskosten. Häufig bleiben diese Reduktionsmöglichkeiten ­jedoch ungenutzt oder könnten in deutlichem höherem Umfang ausgeschöpft werden.

Im Forschungsprojekt Galvanoflex (www.galvanoflex-bw.de) wurde unter anderem untersucht, welche Hemmnisse der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen gegenüberstehen. Besonders fehlende Kapazitäten sorgen bei unklarer Aussicht, welche Einsparungen tatsächlich zu erzielen sind, dafür, dass die Umsetzung von Maßnahmen aufgeschoben wird. Zudem sind messtechnisch erfasste Energieverbräuche auf Prozessebene nur teilweise vorhanden, sodass nicht immer bekannt ist, welches die wesentlichen Verbraucher sind, um zielgerichtet Effizienzmaßnahmen ableiten zu können. Im Projekt BenG wurde ein Benchmarking speziell für die Galvanotechnik aufgebaut, mit dessen Hilfe Unternehmen in die Lage versetzt werden sollten, ihren eigenen Verbrauch in Abhängigkeit des Verfahrens mit Wettbewerbern vergleichen zu können. Bei einigen Verfahren ist dies gelungen und zeigt langfristig den Vorteil, dass durch einen Benchmark Optimierungsansätze im Wettbewerb, aber auch im eigenen Betrieb validiert werden können [4].

Zusammengefasst ist eine breite Datenbasis zu Energieverbräuchen der Ausgangspunkt für die Identifikation und Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen. Darüber hinaus kann durch den Einsatz von effizienten und gegebenefalls regenerativen Erzeugungstechnologien zukünftig eine deutliche Reduktion der Treibhausgasemissionen, aber auch der Energiekosten erreicht werden.

Wege zur ­Klimaneutralität in der Galvanotechnik

Unter der Überschrift Wege zur Klimaneutralität in der Galvanotechnik findet am 13. Juni 2023 am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart ein Seminar statt, bei dem anhand von Praxisberichten aus der Branche Schritte aufgezeigt werden, wie mehr Energieeffizienz erreicht werden kann, aber auch, an ­welchen Stellen Hürden und Hemmnisse bestehen. Des Weiteren werden Wege aufgezeigt, wie sich der CO2-Ausstoß durch den Einsatz von regenerativen Technologien reduzieren lässt. Wie ein intelligentes Energiemonitoring aufgebaut werden kann, wird ebenfalls Bestand­teil der Veranstaltung sein. Abgerundet wird sie durch Erkenntnisse aus der Forschung. Mit Hilfe mehrerer Diskussionsrunden soll auch den Veranstaltungsteilnehmern eine Plattform geboten werden, ihre Gedanken zu diesem Themenbereich darzulegen und mit den Expertinnen und Experten zu diskutieren.

Literatur

[1] BDEW (2023): BDEW-Strompreisanalyse Februar 2023; online verfügbar unter https://www.bdew.de/service/daten-und-grafiken/bdew-strompreisanalyse/, zuletzt geprüft am 24.02.2023

[2] Bundesministerium für Wirtschaft, Energie, Umweltbundesamt: Treibhausgasemissionen in Deutschland nach Sektoren: Stand 2021; online verfügbar unter: BMWK – Treibhausgasemissionen in Deutschland nach Sektoren, zuletzt geprüft am 24.02.2023

[3] Institut für Energieeffizienz in der Produktion EEP
(2020): Energieeffizienz-Index ­Wintererhebung 2019/2020; online verfügbar unter https://www.eep.uni-stuttgart.de/institut/aktuelles/news/Energieeffizienz-Index-Wintererhebung-2019-20-Mehrheit-der-Unternehmen-strebt-Klimaneutralitaet-an/, zuletzt geprüft am 24.02.2023

[4] V. Lampret, S. Kölle, E. Köse, A. Sauer: Benchmarking in der Galvanotechnik; wt Werkstatttechnik online 1/2-2023, online verfügbar unter: Inhalte der Online-Ausgabe 1/2-2023 (ingenieur.de), zuletzt geprüft am 24.02.2023

 

Relevante Unternehmen

Video(s) zum Thema

Werbepartner

Links zu diesem Artikel

Aus- und Weiterbildung

Top