Faserverbundmaterialien zerstörungsfrei untersuchen

Werkstoffe 04. 04. 2023
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Defekte in Faserverbundmaterialien schon während des Produktionsprozesses entdecken, gelingt künftig mit ­Hilfe eines neuartigen Radarverfahrens, das die Kontrolle des Fertigungsprozesses von Faserverbundwerkstoffen zerstörungsfrei und automatisch ermöglicht. Bislang erfolgte das Monitoring manuell per Sichtprüfung. Das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR hat das innovative Verfahren zusammen mit den Konsortialpartnern Ruhr-Universität Bochum, Fachhochschule Aachen und der Aeroconcept GmbH im Projekt FiberRadar entwickelt.

Bei der Herstellung von glasfaserverstärkten Strukturbauteilen, wie sie etwa in Rotorblättern vorkommen, wird die Faserstruktur mit einer Harzmatrix fixiert. Unregelmäßigkeiten in der Ausrichtung und/oder im Verlauf der Faserverstärkung verändern die Struktur-
­­eigenschaften und reduzieren somit die Qualität des entstandenen Verbundwerkstoffs. Wie Dr. André Froehly, Projektleiter vom Fraunhofer FHR in Wachtberg, erklärt, werden bei der Produktion von Rotorblättern Glasfaserlagen übereinander in einer Schale ausgelegt. Erfolge dies nicht akkurat, könne es zu verschiedenen Defekten wie Wellenbildungen beziehungsweise Ondulation kommen. Aber auch die Richtung der Faser könne sich verdrehen und somit die mechanischen Eigenschaften des Bauteils beeinflussen. Bislang war eine Untersuchung des Faserverlaufs und der Faserschichtung vor dem Einbringen der Harzmatrix nicht zuverlässig möglich, sodass Fehlstellen erst im Nachgang etwa durch Ultraschalluntersuchung gefunden werden konnten. Dies machte eine kontrollierte Prozesskette unmöglich und führte zu kostenintensiver Nacharbeit oder sogar zum Verschrotten von Bauteilen.

Im Projekt FiberRadar haben die Forschenden nun ein Verfahren entwickelt, mit dem sich erstmalig auch die Ausrichtung der unteren Glasfaserschichten überprüfen lässt – zerstörungsfrei und automatisiert. ­Möglich macht es ein Millimeterwellen-­Scansystem, bestehend aus einem Roboter, einem vollpolarimetrischen Radar mit Bildgebungssoftware. Dieses nutzt auch die Polarisation der elektromagnetischen Wellen, das heißt, es kann mögliche Defekte auch durch Änderung der Polarisationsrichtung erkennen (Polarisation kennzeichnet in der Antennentechnik die Richtung der elektrischen Feldkomponente einer elektromagnetischen Welle).

Der Roboter scannt das Bauteil, das Radar übernimmt die Messungen, die anschließend zu einem 3D-Bild zusammengesetzt werden. Während übliche Radare nur über einen Kanal verfügen und somit eine Polarisation zum Senden als auch zum Empfangen nutzen, schickt das neue Radar Signale in zwei Polarisationen aus – auch empfangen wird in zwei Polarisationen. Damit lassen sich nicht nur Faserstrukturen hochauflösend darstellen, sondern auch Defekte in tieferen Schichten einfach offenlegen. Zusätzlich verbessert die Brechungskompensation die ­Bildqualität: Sie rechnet Effekte heraus, die durch die Brechung vor allem in tieferen Schichten problematisch sein können. Da sich mit dem Radar die einzelnen Schichten abbilden lassen, werden auch Abweichungen in der Faserorientierung entdeckt und das gesamte Volumen des Materials zerstörungsfrei überprüft.

Im Projekt FiberRadar wurden die integrierte Radartechnologie der Ruhr-Universität, die Algorithmenexpertise des Fraunhofer FHR und die Robotikkompetenz der FH Aachen genutzt, um ein Messsystem zu realisieren, das die Fertigung von Faserverbundwerkstoffen und die Kontrolle der gefertigten Bauteile in bis dato unerreichbarer Präzision ermöglicht. Durch die Erfahrung der Aeroconcept GmbH kann die Technologie damit direkt in den Fertigungs- und Monitoringprozess im Bereich der Windradblattherstellung integriert und eine Schlüsseltechnologie für qualitativ hochwertige Verbundwerkstoffe etabliert werden. Wir planen, in Folgeprojekten das System in Richtung Produktreife weiterzuentwickeln, um es im Produktionsprozess einzusetzen. Neben der Geschwindigkeit wird auch die Tiefenauflösung verbessert, um in kürzerer Zeit noch mehr mögliche Defekte zu erkennen, so Froehly. Das Projekt wurde aus den Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.

Kontakt:

Jens Fiege, Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR,
E-Mail: jens.fiege@fhr.fraunhofer.de

Form einer Rotorblattspitze mit ausgelegten Faserlagenpaket bei Aeroconcept GmbH (© Fraunhofer FHR/André Froehly)

Text zum Titelbild: Radarbilder eines Faserlagenpakets mit nicht erkennbarer Ondulation unter der Oberfläche, zu sehen in Kopolarisation (links) und Kreuzpolarisation (© Fraunhofer FHR/André Froehly)

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