Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause freuten sich die Veranstalter des 28. Leipziger Fachseminars, die DGO-Bezirksgruppen Sachsen und Thüringen, 206 Teilnehmer und 42 Aussteller in Leipzig begrüßen zu können. Prof. Thomas Lampke, TU Chemnitz, Professur für Werkstoff- und Oberflächentechnik, der Moderator des Vormittagsprogramms, begrüßte das Auditorium und brachte seine Freude zum Ausdruck, dass wieder LFS-Zeit ist. Er dankte den Ausstellern für ihr Engagement zur Unterstützung der Veranstaltung, den Teilnehmenden für ihr Kommen und dem Organisationsteam für die Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung. Das Nachmittagsprogramm moderierte Dr. Olaf Boehnke, Technischer Umweltschutz.
Prof. Dr. Lampke (rechts) bei der Moderation
Das Grußwort der DGO überbrachte der Vorsitzende der DGO, Dr. Martin Metzner vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart. Er lobte die Größe des Fachseminars äquivalent eines Kongresses und freute sich über die Umsetzung dieser wichtigen Veranstaltung, der zweitgrößten Veranstaltung der Oberflächentechnik. Metzner sprach kommende Umbrüche und Chancen in der Branche an, wie die Verlagerung in Richtung Elektromobilität, einhergehend mit einer verminderten Nachfrage nach Gleitlagern für Verbrennungsmotoren oder den Umbruch zur Wasserstofftechnologie, einhergehend mit der Chance auf innovative Beschichtungslösungen im Bereich Elektrolyse. Auch für diese Zukunftsthemen ist die Oberflächentechnik mit ihren skalierbaren und großtechnisch umsetzbaren Verfahren gewappnet.
DGO-Vorsitzender Dr. Martin Metzner überbrachte Grußworte der DGO
Markus Geisenberger, Geschäftsführer der Messe GmbH Leipzig, brachte im Anschluss seine Freude über die Veranstaltung zum Ausdruck und lenkte das Augenmerk auf die günstige Kombination mit den zeitlich parallel stattfindenden Messen INTEC (Internationale Fachmesse für Werkzeugmaschinen, Fertigungs- und Automatisierungstechnik), die Zuliefermesse Z sowie die GrindTec (Internationale Fachmesse für Werkzeugbearbeitung und Werkzeugschleifen). In Summe sind in diesem Verbund 821 Aussteller aus 29 Ländern (ca. 20 % ausländische Unternehmen) präsent und stellen damit seinen Worten zufolge den größten Industriemesseverbund in Ostdeutschland dar.
Beschichtung mit Chromtrioxid in Europa, Autorisierung und Substitution
Dr. Arkadius Waleska, aktiv in Forschung und Entwicklung bei der WHW Walter Hillebrand GmbH & Co. KG, berichtete im zweigeteilten Vortrag zu den Themen REACh-Autorisierung und Revision. Bei der Verchromung kommt Chromtrioxid als Zwischenprodukt vor und ist autorisierungspflichtig. Ziel des Zulassungsverfahrens ist es, die Risikominimierung im Umgang mit einem besorgniserregenden Stoff über den gesamten Lebenszyklus sowie Alternativen, die technisch und wirtschaftlich sind, aufzuzeigen. Dabei müssen die Alternativen nicht zwangsläufig die gleichen technischen und optischen Eigenschaften haben oder das günstigere Produkt sein.
Dr. Waleska schlüsselte den Autorisierungsprozess übersichtlich auf, von der Einreichung bis zur Entscheidung der Kommission. Die Gesamtdauer des Prozesses kann erfahrungsgemäß zwischen elf und 23 Monaten dauern. Zwar gibt es eine Reihe an Autorisierungen für Applikationen des funktionellen Verchromens, allerdings keinen Prozess, der als Alternative für die Bandbreite aller Artikel fungieren kann. Aus diesem Grund bedarf es zwangsläufig der Autorisierung mehrerer Prozesse. Ist eine Autorisierung erfolgreich seitens der Kommission entschieden, wird der Prozess fortgeführt und mündet nach einer gewissen Zeit in der Größenordnung einiger Jahre in einen erneuten Autorisierungsprozess. Eine Ungewissheit der zukünftigen Weiternutzung ist immer präsent.
Der zweite Teil des Vortrags handelte von der REACh-Revision mit den Konzepten generic risk, essential use und zero emission. Dr. Waleska wählte als Beispiel für das Konzept generic risk einen verkapselten Elektromotor mit geringem Anteil von Blei im Lot. Entsprechend des Konzepts generic risk ist der Einsatz des Bleis nicht zulässig. Das Konzept essential use und zero emission kann hierfür eine Ausnahmeregelung schaffen, da durch die Verkapselung des Lots eine Risikominimierung und keine Exposition für die Nutzer vorliegt. Ziel sollte immer die Minimierung der Exposition und Emission sein, von der Entstehung über die Anwendung bis zum Recycling, . Die Europäische Kommission versucht mit diesem Konzept einen Weg zur systematischen Entscheidungsfindung zu etablieren. Dabei ergibt sich für die Unternehmen oft die Schwierigkeit, gesellschaftliche Fragen zur persönlichen und öffentlichen Sicherheit alleinig beantworten zu müssen.
Abwasserbehandlung aus chemisch Nickel-Prozessen ohne Komplexspaltmittel
Erik Bratfisch, verantwortlich für die Projektierung von Großanlagen bei der bi.bra Abwassertechnik GmbH in Dresden, präsentierte ein Verfahren zur Abwasserreinigung von chemisch Nickel-Prozessen. Motivation ist die Reduzierung der hohen Nickelgehalte auf die einzuhaltenden Grenzwerte von 3 g/L bis 6 g/L auf 1 mg/L für direkte sowie 0,5 mg/L für indirekte Einleiter. Phosphor liegt als nicht ausfällbare Ortho- und Hypophosphitverbindung vor und muss mit einem Gehalt von etwa 30 g/L auf die Grenzwerte von 2 mg/L für direkte sowie 5 mg/L bis 10 mg/L für indirekte Einleiter reduziert werden. Stand der Technik ist die sulfidische Fällung, Filtration und pH-Korrektur. Als Komplexspalter wird ein Organosulfid eingesetzt. Dieser Prozess ist personal- und zeitintensiv, erfordert Platz und Investitionen, die Vorhaltung von Fällungschemie und er erzeugt wertlose Mischschlämme mit geringem Nickelgehalt.
Die bi.bra Abwassertechnik GmbH verwendet als Alternative einen schwachsauren Kationenaustauscher, der sehr selektiv Nickel mit einer Kapazität von 30 g Nickel pro Liter eingesetztem Harz entfernt. Nach Regenerierung des Ionenaustauschers können werthaltige Schlämme mit hohen Nickelgehalten gewonnen werden.
Durch die nachgelagerten Prozesse Nassoxidation mit UV (Abbau Organik) und Wasserstoffperoxid (Phosphatbildung), Phosphatfällung, Filtration und pH-Korrektur wird erreicht, dass das Abwasser entsprechend der Grenzwertvorgaben eingeleitet werden kann. Die Vorteile des Verfahrens sind eine Vereinfachung der Abwasserbehandlung, keine Verwendung von Komplexspaltmitteln, eine bessere Weiterverwertung von Nickel sowie die Einhaltung der Grenzwerte und des Gesamtphosphatgehalts. Eine einfache Nachrüstung in bestehende Anlagen ist möglich.
Beschichtung von Bremsteilen und Ausblick auf zukünftige Anforderungen
Renè van Schaik von MacDermid Enthone Industrial Solutions berichtete in seinem Vortrag über Beschichtungstechnologien von Bremsteilen. Global ist ein ansteigender Bedarf an Komponenten der Bremsanlage im Bereich der Elektrofahrzeuge festzustellen. Grundlegende Herausforderung ist dabei der Trend zur Gewichtsreduzierung um 200 kg bis 300 kg pro Fahrzeug, was wiederum den Verbrauch an Treibstoff für Verbrenner reduziert oder die Reichweite von Elektrofahrzeugen erhöht. Für Elektrofahrzeuge wird eine geringere Beanspruchung der Bremsen und eine längere Standzeit angestrebt. Der Trend geht in Richtung Bremsanlagen ohne Bremsflüssigkeit und den vermehrten Einsatz von Aluminium als Werkstoff.
Das System Zink-Nickel setzt sich auf dem europäischen (70 % Anteil), nordamerikanischen (60 % Anteil) und chinesischen Markt (10 % Anteil) immer mehr durch. Zink-Nickel zeigt sich vorteilhaft bei der Vermeidung von Kontaktkorrosion, verringert das Risiko der Wasserstoffversprödung und stellt gegenüber reinen Zinkschichten für Graugussbauteile einen verbesserten Korrosionsschutz dar. Wichtigster Punkt ist eine reproduzierbare Einbaurate von Nickel in die Schicht zwischen 12 Gew.-% bis 16 Gew.-%.
Eine Perspektive für Verfahren zur Erzeugung von Konversionsschichten und der elektrolytischen Oxidation zeigt der zu erwartende verstärkte Einsatz von Aluminium für Bremssättel. Eine besondere Herausforderung wird hierbei die Zusammensetzung der Aluminiumlegierungen sein.
Beizinhibitoren – warum die Säurewirkung schwächen?
Bjoern Stroh, seit 2017 aktiv bei MKS Atotech, befasst sich unter anderem mit Beizinhibitoren und der Schwächung der Säurewirkung im Zusammenhang mit Beizinhibitoren. Stroh führte mit Grundlagen zum Beizmechanismus und der Wirkungsweise von Beizinhibitoren in seinen Vortrag ein. Als Beizchemie werden häufig 15 Gew.-% bis 20 Gew.-% Salzsäure in Kombination mit Inhibitoren und Benetzungsmitteln eingesetzt. Das Ziel ist die Entfernung von Verunreinigungen und Oxidationsprodukten.
Sehr gute Inhibitoren hemmen den Angriff der Säure auf das Grundmaterial (Adsorption) und zeichnen sich gegenüber dem Substrat als sehr selektiv aus. Geringe Mengen an Inhibitoren können die Verweilzeit und Beständigkeit des Substrats in der Beize signifikant erhöhen. Das Überbeizen wird verhindert und die Gefahr der Wasserstoffversprödung gemindert. In seinem Vortrag stellte der Referent einen Beizinhibitor von MKS Atotech mit der Bezeichnung Next Gen Inhibitor vor. Die positiven Eigenschaften dieses Zusatzes wurden in vergleichenden Untersuchungen zur Ätzrate sowie C-Ring-Test (Wasserstoffversprödung) mit Beizen ohne Inhibitor, einem klassischen Inhibitor sowie der Kombination mit Benetzungsmittel verdeutlicht.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Inhibitor sehr selektiv wirkt und ein Überbeizen vermeidet. Die positiven Effekte sind eine längere Standzeit der Beizlösung, Schutz vor Überbeizen (Oberflächenaufrauung) und eine deutliche Minderung des Wasserstoffgehalts unterhalb kritischer Werte.
Förderung von hocheffizienten Gleichrichtern – Praxisbeispiele
Lukas Büscher von der Munk GmbH zeigte dem Auditorium mögliche Praxisbeispiele zur Finanzierung von hocheffizienten Gleichrichtern auf. Im Fokus stehen dabei Fördermittel und entsprechende Förderprogramme. Ziel ist es, den Ausstoß an Kohlenstoffdioxid zu minimieren und ressourcenschonender mit Energie umzugehen. Im Schnitt entfallen ein Drittel der eingesetzten Prozessenergie in einer Galvanikfertigung auf elektrische Geräte wie Pumpen und Gleichrichter, wobei Gleichrichtergeräte einen Großteil dieser Prozessenergie erforderlich machen. Deshalb eröffnen neue, energieeffiziente Gleichrichtergeräte infolge von innovativem Design und neuester Halbleitertechnik neue Einsparpotenziale bezüglich Energiekosten und ökologischem Fußabdruck.
Büscher stellte drei Fördermöglichkeiten vor:
- Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft, Modul 4 vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (kurz BAFA)
- Bundesförderung Energieberatung NWG, Anlagen und Systeme, Modul 1 von der KfW
- Förderung über den Projektträger VDI/ VDE Innovation + Technik GmbH
Der Schwerpunkt des Vortrags konzentrierte sich auf den Ablauf zur Förderung über das BAFA. Die Munk GmbH unterstützt Kunden aktiv und ist bei der Kooperation mit einem vom BAFA zertifizierten Energieberater behilflich. Im Detail sind 40 % der Kosten (inkl. Nebenkosten und Einsparkonzept) bis maximal 500 Euro (900 Euro für KMU) pro eingesparte Tonne Kohlenstoffdioxid unter der Bedingung förderfähig, dass die Amortisation länger als drei Jahre dauert. Die Vorteile einer Förderung sind ein einmaliger Zuschuss seitens des BAFA ohne Verbindlichkeiten, ein neuer Gleichrichter mit gesicherter Lebensdauer von mehr als zehn Jahren, eine zügigere Amortisation, ein geringer bürokratischer Aufwand (Energieberater) sowie die Reduzierung von Emissionen an Kohlenstoffdioxid und dem Energiebedarf. Wie die nachfolgende Diskussion zeigte, ist für die Anschaffung neuer Gleichrichter mit einem erhöhten Wirkungsgrad vor allem die individuelle Situation der Gerätetechnik im Betrieb entscheidend.
Automatisierte Elektrolytentwicklung – Möglichkeiten und Perspektiven robotergestützter Galvanik
Dr. Roy Morgenstern, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Chemnitz, Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik, vermittelte dem Auditorium zu Beginn des Vortrags anhand einer kurzen Filmsequenz eindrücklich den Einsatz der robotergestützten Galvanik. Die Entwicklung dieses Vorhabens, die im übrigen mit dem Leipziger Galvanopreis 2021 ausgezeichnet wurde, war mit einer Reihe von Forschungsprojekten der TU Chemnitz verknüpft. Eine Triebkraft war die Entwicklung von alternativen, REACh-konformen Schichtsystemen zu bestehenden Zink-Eisen- oder Zink-Nickel-Schichtsystemen im Korrosionsschutzbereich. Dafür kommen eine Vielzahl an möglichen Legierungsschichten und Legierungselektrolyte in Frage. Der Aufgabenumfang und die erforderliche Versuchsmatrix war und ist anspruchsvoll.
Für einen effizienten Forschungsansatz setzte die TU Chemnitz auf eine Kombination aus Elektrolytvorbetrachtung (pH-Wert, Art der eingesetzten Komplexverbindungen und Komplexstabilitätskonstanten, Halbwertszeiten) sowie den Einsatz der Pulsstromabscheidung. Der Einsatz der robotergestützten Galvanotechnik erlaubte eine Reduzierung des Aufwands und die Minimierung der erforderlichen Versuchsmatrix. Dadurch konnten neue Legierungsschichten auf der Basis von Zink-Wolfram, Zink-Wolfram-Kupfer oder Zink-Eisen-Molybdän entwickelt werden. Letztere haben sich als eine sehr gute REACh-konforme Alternative für Legierungsschichten aus Zink-Nickel herauskristallisiert. In kommenden Projekten soll die robotergestützte Galvanikanlage genutzt werden, um beispielsweise Erweiterungen um eine integrierte RFA, eine automatisierte Gestellbestückung, eine KI-gesteuerte Probenbewegung sowie ein Kamerasystem für die Oberflächencharakterisierung zu testen.
Plasmabehandlung und Nickeldispersionsschichten
Dr. Sven Gerullis, Bereichsleiter Oberflächentechnik Innovent e. V., stellte Ergebnisse von Untersuchungen zur Plasmabehandlung von Trockenschmierpulvern und Einlagerung in Nickeldispersionsschichten zur Verschleißreduktion vor. Durch das Einbringen von Hartstoffen (Erhöhung der Härte) oder von Trockenschmierstoffen (Verbesserung der Schmiereigenschaften) in Nickel-Dispersionsschichten kann ein verbesserter Verschleißschutz dieser Schichten erreicht werden.
Der Vorteil der Plasmamodifikation gegenüber der bisher verwendeten nasschemischen Modifizierung nicht dispergierbarer Substanzen ist der Verzicht auf fluorhaltige Tenside. Für die Untersuchung wurde ein handelsüblicher Elektrolyt mit einem Phosphorgehalt von 1 % bis 3 % und einer Beschichtungsrate zwischen 10 µm/h und 25 µm/h eingesetzt. Als Substrat wurden Bleche aus unlegiertem kaltgewalztem Stahl und als Pulver hexagonales Bornitrid (hBN), Polyetheretherketon (PEEK) und Poliyimid (PI) verwendet.
Die Dispergierbarkeit von behandelten und unbehandelten Pulvern wurde durch optische Tests abgeschätzt. Die Bindungsänderungen auf den Oberflächen wurden mittels ATR-FTIR und XPS nachgewiesen. Aus der XPS-Analyse ging hervor, dass der prozentuale Sauerstoffgehalt steigt und der Kohlenstoffgehalt sinkt. Hinsichtlich der Erhöhung des Sauerstoffgehalts konnte für die Polymerpulver PEEK und PI der stärkere Effekt nachgewiesen werden. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass der Einfluss von pH-Wert und Nitratgehalt zu beachten sind. Eine Lagerzeit des Pulvers von etwa 24 Stunden an der Luft vor der Dispergierung führt zu einer Verringerung der Nitratkonzentration und einem leichten Anstieg des pH-Werts.
Alle plasmamodifizierten Pulvermaterialien konnten in die Nickelschichten eingelagert werden. Anhand von Rasterelektronenaufnahmen stellte Gerullis den unterschiedlichen Einbau der plasmabehandelten Artikel in der chemisch abgeschiedenen Nickelschicht dar und bewies, dass die Einbettung von plasmavorbehandelten Trockenschmierstoffen in Nickelschichten möglich ist. Dadurch konnten mechanische und tribologische Eigenschaften der Schicht verändert werden. Es konnten verbesserte Verschleißeigenschaften gegenüber unmodifizierten Nickelschichten nachgewiesen werden. Schichten mit hBN erreichten die höchste Verbundhärte und den geringsten Verschleiß. Die Untersuchungen werden weiter geführt; insbesondere Versuche zur Erhöhung des Füllgrades sowie zur Charakterisierung der Schichten.
Metallisierung von Textilien
Den Abschluss der Vortragsveranstaltung bildete der Vortrag von Julia Ullrich, Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland, Greiz. Sie machte eindrucksvoll deutlich, welche Möglichkeiten die Galvanotechnik bieten kann. Ziel der Metallisierung von Textilien ist vorrangig das Einbringen von elektrischer Leitfähigkeit; damit sind elektrische Funktionen in Textilstrukturen integrierbar, zum Beispiel Heiztextilien, Robotikanwendungen, Medizintechnik.
Die Galvanisierung von Textilien hat Ähnlichkeit mit der Metallisierung von Kunststoffen. Herausforderungen bei der galvanischen Beschichtung von Textilien sind vor allem die Haftung der aufgebrachten Metallschichten, die textile Verarbeitbarkeit, der Erhalt der textilen Eigenschaften sowie die Entfernung der Elektrolytreste. Bei der Vorbehandlung der Textilien für die Beschichtung geht es darum, Präparationen der Vorprozesse (Spinöle, Fette, Wachse) zu entfernen. Danach muss die Oberfläche aufgeraut werden, ohne das Textilsubstrat zu zerstören. Das Aufrauen erfolgt mittels Natronlauge und die anschließende Aktivierung mit Palladium. Der erste Beschichtungsschritt ist die chemische Verkupferung. Die Versilberung von Polyamid wurde industriell umgesetzt (Shieldex).
Die Beschichtung von Fäden arbeitet nach dem Prinzip der Drahtgalvanik. Dadurch wird eine qualitativ hochwertige galvanische Abscheidung am Faden ermöglicht. Bei der galvanischen Beschichtung von Gestricken können bis zu drei Gestricke parallel beschichtet werden und es lassen sich hochleitfähige Gestricke erzeugen. Die Referentin gab einen Überblick über die Anforderungen an die Textilgalvanik und zeigte Möglichkeiten der technischen Realisierung auf.
Abschließend präsentierte Julia Ullrich äußerst interessante Anwendungen, für die leitfähige Textilien zukunftsweisend sein könnten:
- Galvanische Kontaktierung metallischer Leiter in Gewebe (z.B.: LED-Faden-Gewebe)
- Entwicklung einer textilbasierten Farbstoffsolarzelle als Energieversorgung für autarke flexible Mikrosysteme auf der Basis von intelligenten technischen Textilien
- Elektrochemische Modifikation: Anodisieren zur Erzeugung von Oxidschichten (z. B. nanoporöses Zinkoxid als photosensitives Garn) oder kathodisch induzierte Polymerisation von Sol-Gel-Monomeren
- Gewebte Elektronik: Gewebte Textilien in Kombination mit LEDs, Farbdisplays
- Textile Elektroden: Gewebte / gestrickte Elektroden zur Muskelstimulation (Bandagen)
Fazit
Die Resonanz von Referenten, Ausstellern und Teilnehmern zu dieser Veranstaltung war überaus positiv, so dass von einem gelungenen Neu-Start des Leipziger Fachseminars gesprochen werden kann. Auch die beiden letzten Vorträge des Tages aus dem Bereich der Grenztechnologien der Galvanotechnik wurden positiv aufgenommen. Das LFS bietet auch immer solchen Technologien einen Raum zur Präsentation. Die Erwartungen des Organisationsteams wurden damit mehr als erfüllt. Nun geht es an die Vorbereitung des 29. Leipziger Fachseminars, das aus heutiger Sicht für Anfang März 2024 geplant ist. Abschließend gebührt den Moderatoren ein herzliches Dankeschön für ihre äußerst sachkundige und charmante Moderation.
Mathias Weiser / Marion Regal