Green Deal…oder wie man den Teufel mit dem Beelzebub austreibt

Oberflächen 06. 06. 2023

Die REACh-Gesetzgebung ist eine richtige, zukunftsweisende Verordnung der Europäischen Union, die Mensch und Umwelt schützen soll. Wie bei allen menschlichen Zielen und Zukunftsideen ist es die Umsetzung, diees in sich hat.

Zehn Jahre ist es her, dass Chrom(VI)verbindungen (in der Galvanotechnik steht damit in erster Linie Chromtrioxid (Chromsäure) im Blick der Verordnung) auf die Agenda XIV der REACh-Verordnung (REACh-VO) gesetzt wurden. Damit ist dessen Verwendung also zulassungspflichtig. Inzwischen ist erkennbar, dass das in nahezu allen Wirtschaftsketten eingeführte und von der Verordnung betroffene Produkt Chrom (als dünne Schicht auf der Oberfläche von Teilen) nicht immer 1:1 ersetzt werden kann, beziehungsweise auch die Alternativen genau betrachtet werden müssen. Es gibt hervorragende Möglichkeiten zu substituieren, aber auch einige, die nicht oder nur unter vielen Schwierigkeiten durchgeführt werden können. Es mag hier argumentiert werden, dass dies durch Forschung überwunden werden könne, was sich aber häufig schwer gestaltet und möglicherweise noch Jahre dauern kann.

An dieser Stelle soll nur (aus der Praxis) eine der möglichen Alternativen für die funktionelle, dekorative Beschichtung genannt werden: die galvanische Abscheidung aus Chrom(III)verfahren als Alternative zu den bisher üblichen Chrom(VI)verfahren. Die wünschenswerte Eigenschaft dieser Beschichtungen und deren Möglichkeiten im Einzelnen sollen hier nicht verglichen werden.

Chromsäure ist unbestritten ein CMR-Stoff, bei dem es gilt, Mensch und Umwelt vor den negativen Eigenschaften ­beziehungsweise Auswirkungen zu schützen. Zukunftsgerichtete und verantwortungsvolle ­Unternehmer beziehungsweise Unternehmen haben nicht erst seit 2012 Verfahren und technische Bedingungen geschaffen, die die negative Wirkung reduziert haben und weiter reduzieren werden. Das Chrom(VI)verfahren ist abwassertechnisch gut beherrschbar, die anfallenden Abfälle lassen sich also ohne Nachteile beseitigen.

Eine Substitution durch Chrom(III)verbindun­gen ist möglich, hat aber auch Risiken und Nebenwirkungen für Mensch und Umwelt zur Folge. Die alternativen, etablierten Verfahren enthalten Borsäure, ein Stoff der möglicherweise in der Anwendung (ebenfalls durch die REACh-VO) beschränkt werden soll. Die Expositionszeit der Produkte in den galvanischen Elektrolyten verdoppelt sich und die Elektro­lyttemperatur erhöht sich um 50 %. ­Einen gleichen Durchsatz kalkuliert, muss also die Zahl der Elektrolytpositionen und -volumina verdoppelt werden. Im Saldo liefe das dann auf eine Erhöhung des energetischen Aufwands um 100 % hinaus. Die problematische Fremdmetallanreicherung bei der Beschichtung von Metallen, die eine Behandlung mit Ionenaustauscher erfordert, sei nur am Rande erwähnt. Die für den Schutz der Umwelt notwendige Abwasserreinigung gestaltet sich problematisch, da der Elektrolyt Komplex­bildner enthält, die nur schwer zu knacken und damit aus dem Abwasser zu entfernen sind.

Auch wenn mit dem Gesagten nur wenige Stichpunkte angeschnitten sind, bleibt zum Schluss die Frage: Wer ist hier Teufel und wer Beelzebub?Marita Voss-Hageleit

Hinweis: Dieser Artikel gibt ausschließlich die Meinung der Verfasserin wieder, die aus der langjährigen intensiven Beschäftigung in und mit der Galvanotechnik entstanden ist.

Relevante Unternehmen

Video(s) zum Thema

Werbepartner

Links zu diesem Artikel

Aus- und Weiterbildung

Top