Weniger Papier, mehr Überblick – Vorteile von digitaler Dokumentation

Werkstoffe 01. 09. 2023

Alexander Windhab gibt einen Einblick in die Nutzungsmöglichkeiten einer fortschrittlichen und effizienten Datentechnologie zur Organisation der Prozesse und Warenströme in Unternehmen der Oberflächentechnik

Bei der klassischen Dokumentation auf Papier sammeln sich Auftragsdokumente in unzähligen Ordnern, manche verschwinden unter Papierbergen; teils werden Informationen zu Artikeln nur handschriftlich ergänzt. Dabei ist es schwer, den Überblick zu behalten. Hat beispielsweise ein Kunde eine Rückfrage zu einem Auftrag, der drei Monate zurückliegt, kostet die Suche nach Informationen dementsprechend viel Zeit. Ein Ansatz, um das System effizienter und damit zeitsparender zu gestalten, ist, die Dokumentation umfassend zu digitalisieren. Um die Daten aus allen Abteilungen zusammenlaufen zu lassen, bietet sich als Zentrale ein ERP-System an.

Ein ERP ist keine Insel

Ein Beispiel: Im Wareneingang wird bei einem bereits bekannten Artikel ein Fehler an einzelnen Teilen festgestellt. Da es aber keine direkte Schnittstelle vom Wareneingang zur Qualitätssicherung oder zur Produktion gibt, müssen die Mitarbeiter manuell darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass nicht alle gelieferten Teile i.O. sind. Gleichermaßen lässt sich im Wareneingang nicht prüfen, ob vielleicht für diesen Artikel bereits ähnliche Fehler oder Reklamationen dokumentiert sind.

Hinzu kommt, wie diese Informationen transportiert werden. Beispielsweise könnten Daten vom Kundenlieferschein abgetippt werden, der daraus entstehende Betriebsauftrag wird gedruckt und nach und nach handschriftlich ergänzt, bevor er wieder als Lieferschein digital erfasst wird. Diese Formatwechsel sind sogenannte Medienbrüche, durch die es nicht verwunderlich ist, dass in diesem Prozess viele Übertragungsfehler entstehen können. Außerdem sorgen diese Hürden dafür, dass Informationen nicht kontinuierlich oder standardmäßig ausgetauscht werden.

In den meisten Fällen sind wie im Beispiel bereits in einigen Unternehmensbereichen digitale Lösungen im Einsatz. Diese sind jedoch oft nicht miteinander verknüpft. Zwar ist dann teilweise eine digitale Dokumentation vorhanden, allerdings auf einzelne Abteilungen beschränkt. Diese sogenannten Insel-Lösungen sind Programme oder ­Strukturen, die sich um einzelne spezielle Aufgabenstellungen kümmern und diese in einem gewissen Rahmen lösen. Software-Inseln sind voneinander weitestgehend isoliert; Kommunikation kann zwar stattfinden, ist allerdings mit erheblichem – meist manuellem – Arbeits­aufwand verbunden, sei es der Griff zum Telefon oder der Weg durch die Werkshallen. Informationen müssen aktiv in andere Bereiche getragen werden, von Insel zu Insel.

Daten zentral verwalten

Ein Lösungsansatz sind deshalb ERP-Syste­me (ERP – Enterprise Resource Planning), mit denen alle Unternehmensprozesse abgebil­det und gesteuert werden können. Dieses Vorgehen sorgt dafür, dass Daten aus allen Unternehmensbereichen in einer Zentrale zusammenlaufen und damit für alle Mitarbeiter jederzeit abrufbar sind. So müssen Informationen nur einmalig erfasst werden.

Ist beispielsweise ein Artikel bereits aus einem alten Auftrag bekannt und wird wieder angeliefert, muss für den neuen Auftrag kein neuer Artikel erstellt, sondern nur aus dem System übernommen werden. ­Insbesondere in der Oberflächentechnik sind hierbei Parameter wie unterschiedliche Beschichtungsverfahren und Normen wichtig, die ebenfalls dokumentiert werden sollten. Weitere branchenspezifische Anforderungen sind unter anderem die Möglichkeit, Artikel an Kunden oder Kundengruppen zu binden und die Variantenfertigung für Artikel.

Wird ein Artikel in verschiedenen Varianten gefertigt, also zum Beispiel mit anderen Geometrien oder Verfahrensschritten, erfordert dies normalerweise, dass separate Artikel einzeln mit Artikelnummer und Stammdaten angelegt werden müssen. Wird die Variantenfertigung im ERP-System berücksichtigt, können stattdessen die Daten auf Auftrags­ebene angepasst werden, um diesen Schritt zu umgehen. Damit bleiben die Stamm­daten des Artikels bestehen und gewünschte Anpassungen können mit wenig Aufwand nur für den jeweiligen Auftrag vorgenommen werden.

Diese systematische Dokumentation zieht sich durch den gesamten Produktionsprozess: Betriebsdaten mit Informationen zu einzelnen Prozessschritten können zurückgemeldet sowie Prüfprotokolle und Prüfvorschriften für einzelne Artikel hinterlegt werden. Aus den zentral verfügbaren Daten lassen sich im Handumdrehen Rechnungen und Lieferscheine erstellen, ohne Informa­tionen zusammensuchen zu müssen, die gegebenenfalls über verschiedene Dokumente und Abteilungen verteilt sein können.

Bilddokumentation per App

Nicht nur Textdokumente und Daten können der Dokumentation dienen. Häufig gibt es im Arbeitsalltag Momente, in denen ein Foto die Dokumentation wesentlich vereinfacht, beispielsweise um Waren schneller zu ­erkennen und eine Verwechslung auszuschließen, für Vorgaben zur Aufhängung oder spezielle Verpackung von Teilen oder um Reklamationen bei Rohwaren zu dokumentieren.

Per App können Fotos direkt vor Ort aufgenommen und zum Beispiel bei Artikeln oder Aufträgen hinterlegt werden

 

Ein Foto ist zwar schnell angefertigt; es auf den Computer zu übertragen und zudem an der richtigen Stelle im System ­abzulegen, kann aufwendig sein. Mit einer Fotonotiz-App, die ans ERP-System gekoppelt ist, lassen sich Fotos bequem vor Ort aufnehmen und übermitteln. Dafür erfolgt die richtige Zuordnung, beispielsweise zum passenden Auftrag oder Artikel, direkt in der App. Textnotizen können ergänzt werden und im Anschluss lädt die App die Daten hoch; kurzgesagt ein ähnliches Prinzip wie beim Ver­senden von Fotos per Messenger-App. Damit ist ein flexibler Einsatz überall im Fertigungsprozess möglich und die Fotodokumentation lässt sich reibungslos in vorhandene Strukturen integrieren.

Automatisierte ­Dokumentation über Schnittstellen

Ein ERP-System verwaltet unternehmens­interne Prozesse. Für die Kommunikation zu weiteren externen Systemen gibt es Schnittstellen wie EDI-Formate zum elektronischen Datenaustausch. Schnittstellen zu anderen Systemen können bei der Dokumentation ebenfalls eine Rolle spielen und als automatisierte Lösung dienen, die den Arbeitsaufwand für Mitarbeiter reduzieren.

Über Schnittstellen vernetzen sich ­externe Systeme mit dem ERP, um Daten direkt auszutauschen. Sind diese einmal ­konfiguriert, vereinfachen sie den Datenaustausch maßgeblich. Gängig für die Dokumentation sind beispielsweise Schnittstellen zu einem Dokumentenmanagementsystem (DMS), in dem unter anderem Aufträge und ­Rechnungen abgelegt werden. Auch zur Finanzbuchhaltung (Fibu) gibt es oft Schnittstellen, bei denen Teilaspekte automatisiert werden können. Statt beispielsweise PDF-Kopien manuell ins Fibu-System zu laden, können diese Dateien auch über einen Link bereitgestellt werden, über den sie automatisch abrufbar sind.

Damit stellen Schnittstellen eine elegante Lösung zur weiteren Optimierung der Datenverwaltung dar, die von Fall zu Fall sehr unterschiedliche Funktionen erfüllen können.

Vorteile einer ­digitalen Dokumentation

Übersichtliche Dokumentation wird immer wichtiger, vor allem da immer mehr Daten zur Verfügung stehen und die Anforderungen von Kunden, zum Beispiel an die Dokumentation für die Qualitätssicherung, steigen. Der Einsatz von digitalen Werkzeugen eignet sich, um effizienter zu dokumentieren. Sind alle Daten in einem System verwaltet, spart dies Zeit und vermeidet Übertragungsfehler durch mehrfaches Erfassen sowie Medienbrüche zwischen einzelnen Prozessschritten.

Die dadurch gewonnene Übersicht spricht ebenfalls für die digitale Dokumentation: Arti­kel, Verfahren, Aufträge und vieles mehr müssen nicht mehr aus Papierakten herausgesucht werden. In der ERP-Datenzentrale genügt es, den gewünschten Artikel kurz in die Suchfunktion einzutippen. Die Prozess­abläufe werden sicherer und effizienter – ein Vorteil mit positiven Ergebnissen für ein ­Unternehmen.

Text zum Titelbild: Übersicht der Unternehmensprozesse im ERP-System OMNITEC

Relevante Unternehmen

Video(s) zum Thema

Werbepartner

Links zu diesem Artikel

Aus- und Weiterbildung

Top