Ronja Feltz: Möchten Sie Ihr Unternehmen und Ihr Ziel kurz vorstellen?
Frank Benner: Die BAG ist letztes Jahr vor Ostern gegründet worden mit dem Ziel, ein System für prozessnahe Analytik zu entwickeln.
Dr. Elke Spahn: Wir möchten unseren Kunden die Möglichkeit geben, zu wachsen. Wir helfen ihnen, Daten zu sammeln und selbst daraus zu lernen. Neben klassischen Daten und deren Auswertung haben wir mit der BAG erstmals die Möglichkeit geschaffen, Daten über die chemischen Prozesse zu sammeln, alles gemeinsam zu erfassen, zu bewerten und zu verwerten.
Ronja Feltz: Sie beide sind ja jetzt schon sozusagen alte Hasen in ihren jeweiligen Branchen. Waren Ihre vorher gesammelten Erfahrungen hilfreich bei der Gründung der BAG?
Dr. Elke Spahn: Auf jeden Fall! Die BAG wurde auf Basis unserer Erfahrungen gegründet. Wir sind zwar Spezialisten in unseren jeweiligen Fachgebieten, allerdings sind wir auch Pragmatiker. Die BAG konnte so schnell auf den jetzigen Stand kommen, weil wir nie die Basis vergessen haben und alles selbst umsetzen!
Ronja Feltz: Haben Sie denn aus dem ersten Jahr nach der Gründung trotzdem neue Lektionen mitgenommen, die Sie vorher noch nicht kannten oder neu lernen mussten?
Frank Benner: Ja, vor allem die Digitalisierung chemischer Prozesse erfordert eine ganz neue Denkweise. Wir haben festgestellt, dass die traditionelle Art, Analysen händisch durchzuführen, Werte zu ermitteln, zu dokumentieren und vor allem die Vorgabe für Zugaben rauszugeben, nicht mehr in unsere schnelllebige Welt passen. Außerdem gehen wertvolle Zeit und Daten verloren. Die Produktionsprozesse gehen mittlerweile so schnell vonstatten, dass wir mit den Analysen viel näher an das Geschehen ranmüssen, um eben auch schneller gegenzusteuern zu können. Heute hat niemand mehr die Zeit, Badproben im Betrieb von A nach B zu bringen.
Dr. Elke Spahn: Noch eine kleine Anmerkung dazu: Wir haben in diesem Jahr vor allem festgestellt, dass zwar alle von Industrie 4.0 reden, wir aber noch sehr weit davon entfernt sind! Es gibt für die Betriebe in den unterschiedlichsten Industriezweigen noch nicht DIE Lösung.
Ronja Feltz: Welches waren die größten Hürden, die Sie bei der Gründung überwinden mussten?
Frank Benner: Wir arbeiten prinzipiell mit erfahrenen Fachleuten zusammen. Dabei ist festzustellen, dass es ihnen häufig schwerfällt, von Gewohntem, Gelerntem abzurücken und neue Wege zu gehen. Das bedarf häufig viel Überzeugungsarbeit und wiederholtes Vorführen.
Ronja Feltz: Wie ist die BAG in der Branche aufgenommen worden?
Frank Benner: Ich denke sehr unterschiedlich. Es gab die alten Platzhirsche im Bereich Digitalisierung und Analytik. Die waren etwas verwundert über das neue Konsortium.
Dr. Elke Spahn: Aber es gab auch sehr positive Resonanz, nachdem man sich das Produkt angeschaut und verschiedene Ideen angehört hat. Einige sind der Meinung, dass wir jetzt genau das brauchen und sind froh darüber, dass es ein Unternehmen gibt, das innovativ nach vorne geht.
Ronja Feltz: Was sind aktuell die größten Herausforderungen, vor denen die BAG steht?
Frank Benner: Die größten Herausforderungen sind die Kundenwünsche und -anforderungen. Diejenigen, die diesen Schritt mit uns gehen, sind offen und sprudeln vor Ideen darüber, was noch möglich sein soll oder könnte. Eine weitere Herausforderung ist, Entwickler zu bekommen, die diese Wünsche kreativ und im neuen Denken entsprechend umsetzen können.
Dr. Elke Spahn: Das sehe ich auch so. Die größte Herausforderung, sind diese 24 Stunden, die wir pro Tag haben!
Ronja Feltz: Welches sind Ihrer Einschätzung nach die größten Meilensteine der BAG?
Dr. Elke Spahn: Nachdem wir erstmal alle Ideen, alle Innovationen sortiert hatten, war der größte Meilenstein, einen Plan für die Basis auszuarbeitet und die Plattform zu gestalten. Auf dieser Basis können wir jetzt so aufbauen, dass wir in alle Branchen, wie zum Beispiel in die Lebensmittel- oder Pharmaindustrie, gehen können.
Frank Benner: Ein großes Highlight war, ASAP so für uns zu entwickeln, dass es sinnvoll nutzbar war. Wir haben zum Beispiel mit Phoenix Contacts nicht nur einen Kunden, sondern einen innovativen Entwicklungspartner gefunden, der diesen Weg mit uns geht und die Software in der Praxis erfolgreich anwendet.
Ronja Feltz: Die BAG war bis jetzt ja eher in der Galvanikbrache unterwegs. Mit welchen besonderen Erfahrungen Frau Dr. Spahn konnten Sie die BAG hier weiterbringen?
Dr. Elke Spahn: Die Gravitech kommt tatsächlich eher aus der Lebensmittel- und Pharmaindustrie. Zusätzlich haben wir Erfahrungen mit Grundchemikalien, der Lackindustrie und auch der Kosmetikindustrie. Hier konnten wir feststellen, dass im Prinzip immer die gleichen Ansprüche an die Analytik gestellt werden: Der Kunde möchte eine gute Qualität, also ein gutes Produkt und er möchte effektiv arbeiten. Für diese Herausforderungen können wir mit unseren Ansätzen und unserer Idee beisteuern!
Ronja Feltz: Herr Benner, Sie sind ja eher in der Galvanikindustrie bekannt. Wie können Sie andere Branchen noch besser erreichen und vor allem, was können Sie mit Ihrer Erfahrung speziell in anderen Branchen bewirken?
Frank Benner: Das ist relativ einfach zusammengefasst: Am Ende ist es ein Fertigungsprozess, ob das jetzt die galvanischen Abscheidesysteme oder chemischen Prozesse sind, ob im Lebensmittelbereich, in der Pharmaindustrie – wo auch immer, der Prozess ist immer ähnlich: Entwicklung, Zusammenführung, Überwachung, Dokumentation, Anpassung, Korrekturmaßnahmen. Wir haben den Vorteil, dass in der Produktion bei B+T viele chemische Prozesse sehr gleichmäßig in verschiedenen Anlagen laufen und gleichmäßig überwacht werden. Das heißt, wir können sehr gut die Transformation aus unserer Branche in andere nachvollziehen.
Ronja Feltz: Kommen wir als Nächstes zu den Angeboten der BAG. Sie bieten verschiedene Produkte und Dienstleistungen an. Verfolgen Sie mit Ihrer Angebotspalette ein bestimmtes Ziel?
Frank Benner: Die Markteinführung hat mit einer Software begonnen, die letztendlich die Schlüsseltechnologie für andere Anwendungen ist. Wir haben den Anspruch, eine Vielzahl von Analysengeräten anschließen und vernetzen zu können. Unsere Entwicklung kann aus der Software in die Anlagentechnik oder ein ERP-System hineinstrahlen. Letztendlich geht es auch darum, dass wir nicht nur diese Software anbieten, die alles vernetzten kann, sondern auch ganzheitlich beraten und unterstützen: Bei Laborausbau, bei der richtigen Analysenmethode und deren Entwicklung, bei der Prozessführung und Vieles mehr. Immer häufiger mündet eine Softwareanfrage in eine Komplett-Unterstützung bei der Planung oder Neustrukturierung der Oberflächenprozesse.
Dr. Elke Spahn: Das Besondere an der BAG ist, und ich denke, da haben wir ein Alleinstellungsmerkmal, dass wir nicht nur einen speziellen Teil, sondern den ganzen Betrieb betrachten: vom Wareneingang bis zum -ausgang, vom Personalwesen über die Produktqualität, vom Audit über die Sicherheitsdatenblätter, von der Lagerlogistik bis zur Kundenbetreuung. Egal welcher Bereich noch nicht an das bestehende System angeknüpft ist: Wir finden eine Lösung! Das hat sich in diesem Jahr als große Herausforderung, aber auch als großes Plus für unser Unternehmen gezeigt.
Ronja Feltz: Eines Ihrer Produkte ist ASAP. Was ist ASAP? Was kann ASAP?
Dr. Elke Spahn: ASAP steht nicht nur für As soon as possible, sondern auch für unsere Mission Analyzing System for Automated Processes. Die BAG ist eine Zwei-Generationen-Gesellschaft und bei der Namensfindung beziehungsweise bei der Produktentwicklung von ASAP war die Jugend dabei.
Frank Benner: ASAP ist ein mächtiges Tool, das verschiedene Teilbereiche der Unternehmensprozesse digital abbildet. Es ist modular aufgebaut, sodass das System auf seine spezifischen Bedürfnisse verbunden werden kann. Das spart Ressourcen, auch finanzielle. Es spart Zeit im Bereich der Implementierung. Vor allem besteht die Möglichkeit, es zu erweitern, im gleichen Maße wie das eigene Unternehmen und die Vision 4.0 wächst.
Dr. Elke Spahn: Ich würde das noch ergänzen: Wir reden alle von Digitalisierung und Nachhaltigkeit und in jedem Betrieb ist das teilweise schon umgesetzt. Unser Ziel war es, das, was vorhanden und gut ist, zu implementieren. Im Falle des Wachsens hat der Kunde eben auch die Möglichkeit, das Ganze langsam in seinen Betrieb einzuführen, step by step. Und das kommt richtig gut an.
Ronja Feltz: Neben ASAP und weiteren Diensten bieten Sie auch Workshops an. Was möchten Sie mit den Workshops genau erreichen?
Dr. Elke Spahn: Das lässt sich sehr schön und prägnant zusammenfassen: Trau dich!
Frank Benner: Also bei uns gibt es prinzipiell nur Workshops, also keine Veranstaltungen, bei der der Teilnehmer sitzt und Frontalunterricht bekommt und dann nach acht Stunden nach Hause geschickt wird. Wir vermitteln Wissen, das in einem praktischen Teil angewendet und ausprobiert werden kann nach dem Grundsatz: Ist diese Technologie etwas für mich? Habe ich das verstanden? Wie fühlt sich das an? Wie sieht das aus? Wie kann ich damit arbeiten? Bisher hatten wir überall sehr positive Rückmeldungen.
Dr. Elke Spahn: Genau. Unsere Workshops sind alles andere als statisch und richten sich an Digitalisierungsanfänger und -fortgeschrittene. Unser Konzept stellt die Kundenwünsche in den Vordergrund. Wir stellen fest, dass sich die Teilnehmer miteinander vernetzen, ins Gespräch kommen und sich gegenseitig helfen.
Ronja Feltz: Wollen Sie uns denn schon mal eine kleine Vorschau geben, was uns in den nächsten Workshops erwartet?
Frank Benner: Wir haben verschiedene Themen vorbereitet. Das große Thema ist und bleibt natürlich Digitalisierung. Ein weiteres wichtiges Thema beschäftigt im Moment alle: CO2. Um Fragen in der Art Wie kann ich durch Digitalisierung und Vernetzung dem CO2 digital auf der Spur sein? müssen zunächst einmal Daten und Fakten erstellt werden, damit Maßnahmen ergriffen werden können. Dabei unterstützen wir. Wir schauen gemeinsam, wie verschiedene Prozesse – vor allem Fertigungsprozesse – optimiert werden können, um dabei den CO2-Fußabdruck nachhaltig zu minimieren.
Ronja Feltz: Sie haben eben schon mal Ihre jeweiligen Kinder erwähnt, die auch Gesellschafterinnen beziehungsweise Gesellschafter der BAG sind. Welche Aufgaben übernehmen die Kinder jetzt schon – neben der Namensfindung von ASAP?
Dr. Elke Spahn: Im Moment sind ja alle noch sehr jung, alle vier studieren im Moment noch. Wir legen großen Wert darauf, dass sie das erst noch ordentlich zu Ende bringen. Aber letztendlich gibt es immer wieder Themen, die wir ansprechen, und Ideen, die wir austauschen. Sie unterstützen bei Events oder Messen; in der vorlesungsfreien Zeit nehmen wir die Unterstützung gerne an. Und ich muss schon sagen, alle vier brennen für das Unternehmen, brennen fürs Produkt!
Ronja Feltz: Das klingt auch schön! Zurück zu Ihnen beiden. Welches Ziel haben Sie sich denn für die BAG als Nächstes gesetzt?
Frank Benner: Die großen Meilensteine, die wir uns da für nächstes Jahr vorgenommen haben, sind: die Teilnahme an Messen, neue Produktgruppen, neue Kundenkreise, neue Industriezweige zu gewinnen, und das über deutsche Grenzen hinaus; international in Europa wäre sehr schön. Das ist das große Ziel. Mit der professionellen Vertriebsunterstützung, die wir seit letztem Jahr haben, sind wir auf einem sehr guten Weg.
Ronja Feltz: Wenn Sie eine Sache an der BAG ändern könnten, welche wäre das?
Dr. Elke Spahn: Wir brauchen mehr Zeit - optimal wären 240 Stunden pro Tag – was ich eingangs schon mal sagte. Das ist mein einziger Wunsch! Es gibt so viele Ideen und so viele Dinge, die wir noch anpacken wollen.
Frank Benner: Ja! Am Konzept würde ich auch nichts ändern wollen. Das funktioniert, das passt! Natürlich kann im Detail immer weiter verbessert werden. In den Bereichen Vertrieb, Innendienst und Marketing sind wir bereits gut aufgestellt, aber das ist je nach Wachstum weiter ausbaufähig. Natürlich haben wir noch Ideen, Visionen und Gedanken, – aber alles zu seiner Zeit.
Ronja Feltz: Kommen wir nun zur Abschlussfrage. Die hat jetzt nicht mehr viel mit der BAG zu tun, sondern ist etwas persönlicher. Mit welcher bekannten Person würden Sie gerne zu Abend essen und hat diese Person Sie auf Ihrem Lebensweg inspiriert?
Dr. Elke Spahn: Ich kann sofort sagen, wer! Leider schon verstorben. Aber mein großer Wegbereiter war immer Marie Curie. Das war schon immer so und mit ihr hätte ich gerne mal gegessen! Sie war nicht nur eine tolle Naturwissenschaftlerin, sondern auch eine tolle Frau. Sie hat zwei Nobelpreise erhalten, das Geld in Röntgengeräte gesteckt und ist im Ersten Weltkrieg damit an die Front gegangen ist. Also, das war eine tolle Frau!
Ronja Feltz: Wer hat Sie inspiriert, Herr Benner?
Frank Benner: Mein Schwiegervater, selbst Galvaniseur der ersten Stunde. Von ihm habe ich gelernt, Entscheidungen zu treffen, wenn sie getroffen werden müssen, die Konsequenzen daraus zu tragen und Verantwortung zu übernehmen. Er gehört zur Altersgruppe von Menschen, die nicht viele Worte machen. Er hat mich viel selber machen lassen. Auch wenn ich mich manchmal allein gelassen fühlte, muss ich sagen, heute bin ich ihm sehr dankbar dafür. Aber mit meinem Schwiegervater kann ich noch Abendessen!
Ronja Feltz: Das war’s tatsächlich auch schon! Danke, dass Sie beide sich Zeit genommen haben.
Hinweis
Das Interview führten Ronja Feltz (RF, Moderation, Recherche und Script) und Jessica Tschakert (Kamera, Recherche und Script) bei der B+T Unternehmensgruppe am 25. Juli 2023.

Text zum Titelbild: Ronja Feltz, Frank Benner und Dr. Elke Spahn beim Interview (v.l.n.r.) (Bild: J. Tschakert)