Entwicklung von Hochleistungskomponenten

Werkstoffe 09. 02. 2024
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Komponenten von Produktionsanlagen, Windrädern oder Flugzeugen stehen unter extrem hohen Belastungen. Zugleich sollen deren Bauteile möglichst leicht sein, um leistungsfähig und ressourceneffizient arbeiten zu können. Mittels additiver Fertigung wollen Forschende der Rheinland-Pfälzischen TU Kaiserslautern-Landau (RPTU) gemeinsam mit der Leibniz Universität Hannover neuartige Hochleistungskomponenten aus hybriden porösen Werkstoffen entwickeln, die diese und weitere Anforderungen erfüllen. Die DFG fördert den Sonderforschungsbereich HyPo nach Mitteilung der RPTU für vier Jahre mit rund 12,65 Millionen Euro. Die Hälfte der Mittel fließt an die federführende RPTU.

HyPo-Komponenten bestehen aus einer Kombination unterschiedlicher Werkstoffe, weisen eine lokal variierende Dichte auf, etwa in Form von Poren - daher hybrid-porös (hypo), und sind dadurch sehr anpassungsfähig. Die Variabilität in der Dichte ermöglicht zum Beispiel eine erhebliche Gewichtsreduzierung in Bereichen, die gering beansprucht sind. Damit sind Komponenten bei dynamischen Belastungen weniger träge und arbeiten schneller, was Potenzial zur Effizienz- und Leistungssteigerung ­eröffnet. Ebenso ist es möglich, die Materialeigenschaften so einzustellen, dass stark belastete Bereiche eine besonders hohe Festigkeit erhalten.

Das Forschungsteam im neuen Sonderforschungsbereich (SFB) wird neuartige Verfah­ren der additiven Fertigung (3D-Druck) nutzen, um multifunktionale HyPo-Komponenten zu entwickeln, die neben Porosität und einem speziellen Werkstoffgemisch noch einen weiteren Vorteil mitbringen: integrierte Sensorik, die – über messbare Zustandsveränderungen des Materials – Aufschluss über Zuverlässigkeit der Bauteile liefert. Die Kombination dieser drei Funktionen in einer Komponente ist bislang einmalig. Der Fokus liegt auf der Entwicklung von metallischen HyPo-Bauteilen, denen eine besonders große technische Bedeutung zukommt.

Für diese Forschungsaufgabe bringen wir die notwendigen Infrastrukturen und Kompetenzen mit, sagt Prof. Dr. Werner R. Thiel, Vizepräsident für Forschung an der RPTU in Kaiserslautern. Im universitären Profilbereich Advanced Materials Engineering, gefördert über eine Forschungsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz, konnten die Forschenden nach seiner Aussage bereits die komplexen Zusammenhänge von Werkstoff, Fertigungsprozess, resultierender Mikrostruktur und den hierdurch bestimmten Anwendungseigenschaften umfassend untersuchen. ­Einer Förderung des Wirtschaftsministeriums verdanken die Forschenden Prof. Thiel ­zufolge zudem, dass in Kaiserslautern ein Anwendungszentrum für Additive Fertigung entstanden ist – beste Voraussetzungen für den Sonderforschungsforschungsbereich HyPo. Prof. Thiel ist erfreut, dass die DFG mit der Förderzusage nun den Startschuss gegeben hat, um die Grundlagen zur Fertigung von Hochleistungskomponenten zu erarbeiten. Auch im Sinne der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung biete das Vorhaben beste Bedingungen: Gut ein Drittel der Beteiligten werden Nachwuchswissenschaftler sein, die sich in einem derartigen koordinierten Forschungsprogramm in Leitungspositionen qualifizieren können.

Prof. Dr.-Ing. Jan C. Aurich, Leiter des Lehrstuhls für Fertigungstechnik und Betriebs­organisation an der RPTU, ist Sprecher des Sonderforschungsbereichs, den er gemeinsam mit der Leibniz Universität Hannover auf den Weg gebracht hat. Als weitere Partner sind Forschende des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) in Kaiserslautern, des Leibniz-Informationszentrums Technik und Naturwissenschaften (TIB) in Hannover und der Technischen Universität Darmstadt eingebunden. In diesem koordinierten Programm zur additiven Fertigung können wir die Sicht verschiedener Partner und Fachdisziplinen zusammenbringen, freut sich der Ingenieur. Zugleich wird die gesamte Prozesskette von der Werkstoffauslegung und Produktentwicklung bis hin zur Fertigung und Qualitätskontrolle abgedeckt. Als Demonstrator wird ein Fräszentrum dienen, eine vielseitige Produktionsmaschine, an der wir stark belastete Bauteile sukzessive gegen die von uns entwickelten und gefertigten Hochleistungskomponenten austauschen. So können die Forschenden feststellen, ob und um welchen Faktor die Arbeitsvorgänge schneller werden, der Energiebedarf sinkt und vieles mehr. Anwendung könnten diese Hochleistungskomponenten beispielsweise in Werkzeugmaschinen, Flugzeugen oder Windkraftanlagen finden, wo dynamische Belastungen von Bauteilen kontinuierlich gegeben sind und es auf schnelle Bewegungen ankommt.

Für die Herstellung der HyPo-Komponenten werden additive Fertigungsverfahren genutzt, die eine große Designfreiheit bieten. Das Material wird dabei Schicht für Schicht aufgetragen. Mit einem neu entwickelten additives Verfahren können metallische Schäume hergestellt werden. Aufgrund der Poren lassen sich Dichte und damit Festigkeit und Gewicht des Werkstoffs variieren. Die Forschenden wollen mit einem anderen additiven Verfahren den Schaumkern mit einer Metallschicht umhüllen, um die Komponenten nach außen zu schließen. Hierbei werden sie mit Schichten aus verschiedenen Stahllegierungen arbeiten, um so an jeder Stelle das für die individuelle Belastung optimale Material einsetzen zu können. Die integrierte Sensorik bringen die Komponenten ebenso direkt mit. Die Belastung im Arbeitseinsatz veränderten die Materialstrukturen. Diese Änderungen sind messbar und damit das Erreichen deskritischen Zustand erkennbar. Das erhöhe Ausfallsicherheit und Zuverlässigkeit von Maschinen und Anlagen.

Der SFB trägt den Zusatz Transregio, weil die RPTU das Vorhaben mit einer weiteren Hochschule, der Leibniz Universität Hannover (LUH), beantragt hat und umsetzen wird. Co-Sprecher des Vorhabens ist Professor Dr.-Ing. Hans Jürgen Maier, der das Institut für Werkstoffkunde an der LUH verantwortet.

Kontakt:

Prof. Dr.-Ing. Jan C. Aurich, Lehrstuhl für Fertigungstechnik und Betriebsorganisation/RPTU in Kaiserslautern,
E-Mail: jan.aurich@rptu.de

Text zum Titelbild: Prof. Dr.-Ing. Jan C. Aurich (r.) Jacques Platz zeigen die Hochgeschwindigkeits-Laserauftragsschweißanlage (Bild: RPTU, Koziel)

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