Ob Autos, Brücken oder Werkzeuge: Hybridwerkstoffe, in denen unterschiedliche Materialien fest miteinander verbunden sind, kommen fast überall zum Einsatz – und das aus gutem Grund. Beispielsweise ermöglichen Hybridwerkstoffe leichtere Fahrzeuge, die mit weniger Treibstoff weitere Strecken fahren können. Eine wichtige Voraussetzung für die nachhaltige Mobilität der Zukunft!
Hybridwerkstoffe: Wichtig für Leichtbau, aber kaum zu recyceln
In vielen Anwendungen wird Metall mit kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) verbunden, um sowohl Stabilität zu gewährleisten als auch eine deutliche Gewichtsreduzierung zu erreichen. Doch dabei gibt es ein großes Problem, wie Sara Nester, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Materialforschung Aalen (IMFAA) und SmartPro-Forscherin, erklärt: Am Ende des Lebenszyklus gibt es keine wirklich nachhaltige Möglichkeit, die beiden enthaltenen Materialien zu trennen. Sie werden oft mit Verfahren zusammengefügt, die irreversibel sind, d.h. für die es keinen etablierten umgekehrten Prozess gibt. Daher können bisher diese Materialien kaum recycelt werden und müssen weggeworfen werden.
Nester möchte das ändern und rückt das Recycling im Leichtbau stärker in den Vordergrund. Dafür forscht sie an Verfahren, die zwar Materialien fügen, aber so, dass sie danach wieder getrennt werden können. Die 27-Jährige ging 2019 an die Hochschule Aalen, um den Masterstudiengang Advanced Materials and Manufacturing zu absolvieren. Seitdem forscht sie am IMFAA, zunächst als studentische Hilfskraft, derzeit arbeitet sie in zwei SmartPro-Projekten: Smart-LIGHT und SmartCycle. Nun möchte sie dort über den neu gegründeten Promotionsverband Baden-Württemberg an der Hochschule Aalen promovieren.
Forschungsergebnisse auf Verbund-Symposium präsentiert
Vor kurzem präsentierte Sara Nester in Freiburg ihre neuesten Ergebnisse des Smart-LIGHT-Projekts auf dem Symposium Verbund 2024 in einem Vortrag. Das Symposium wurde von der Deutsche Gesellschaft für Materialkunde e.V. (DGM) organisiert und zog rund 150 Forschende aus dem In- und Ausland an, die sich mit Verbundwerkstoffen und Werkstoffverbunden beschäftigen. Die vorgestellten Forschungsergebnisse sind eine Teamleistung zwischen Florian Zeller und ihr, unter der Leitung von Prof. Dr. Volker Knoblauch, Dr. Dieter Meinhard und Prof. Dr. Iman Taha.
Sie haben ein Verfahren untergesucht, um eine Verbindung zwischen Aluminium und CFK zu entwickeln, die später wieder aufgelöst werden kann. Die innovative Idee: Zusammen mit dem LaserApplikationsZentrum (LAZ) haben sie die Aluminiumoberfläche vor der Verbindung mit CFK mit einem Nahinfrarot-Laser bearbeitet und so Mikrostrukturen auf dem Aluminium erzeugt. Beim Fügen wird das CFK erhitzt und auf das Aluminium aufgebracht. Die Polymermatrix im CFK schmilzt und füllt die Mikrostrukturen in der Aluminiumoberfläche aus, wodurch eine feste Verbindung entsteht. Wie Nester erläutert, wurden anschließend Tests durchgeführt, um zu zeigen, dass die Fügeverbindung genauso robust ist wie durch vergleichbare Methoden, zum Beispiel mit Klebstoff. Der klare Vorteil des neuen Verfahrens ist aber, dass nach dem Erhitzen des Hybridbauteils auf den Schmelzpunkt der Polymere sich die Materialien trennen und recyceln lassen - bei Klebstoffen ist das meist nicht möglich.
In einem weiteren Schritt wurde das Aluminium und CFK nach der Trennung wieder zusammengefügt. Hierbei wurde als beeindruckendes Ergebnis festgestellt, dass die strukturelle Integrität zu 80 % erhalten bleibt. Das zeigt, dass diese Teile nicht nur für andere Anwendungen recycelt, sondern – natürlich nach weiterer Forschung – auch wiederverwendet werden können, so Nester.
Impulse für die wissenschaftliche Arbeit
Für Nester war die Teilnahme am Symposium von großem Wert. Ihr Vortrag war Teil einer Session zum Thema Recycling, und es war für sie sehr aufschlussreich, Fragen und Feedback von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu erhalten, die sich mit den aktuellen Fragen zum Recycling von Hybridmaterialien beschäftigen. Sie hatte auch die Gelegenheit, die Labore des Instituts für Nachhaltige Systemtechnik (INATECH) der Universität Freiburg zu besichtigen und die Forschungsschwerpunkte näher kennenzulernen.
Nach diesem gelungenen wissenschaftlichen Austausch kehrte sie inspiriert nach Aalen zurück. Zuerst gab es etwas zu feiern: Ein wissenschaftlicher Artikel über ihre Projektergebnisse wurde kürzlich in der Fachzeitschrift Composite Interfaces veröffentlicht. Nester führt mit Freude aus, dass sie das Projekt durch weitere Arbeiten im Labor voranzutreiben wird. Neben der Fortführung ihrer wissenschaftlichen Arbeit und Qualifizierung über die Angebote der Research Academy der Hochschule Aalen ist ihr nächster Schritt, einen Antrag auf Annahme im Promotionsverband einzureichen.
Info zu SmartPro
Das Forschungsnetzwerk SmartPro der Hochschule Aalen arbeitet daran, die Energieeffizienz von Produkten zu erhöhen und Ressourcen zu schonen. Dafür entwickelt die Hochschule gemeinsam mit über 60 Partnern aus Industrie und Wissenschaft smarte Materialien und intelligente Technologien − als Grundlagen für ein nachhaltiges Morgen. Die Schwerpunkte liegen auf Energiewandlern, Energiespeichern und Leichtbau sowie den Methoden Additive Fertigung und Machine Learning. Seit 2017 fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung SmartPro mit rund 10 Millionen Euro.
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