Graphen durch innovativen Plasmaprozess im Rolle-zu-Rolle-Verfahren

Werkstoffe 08. 08. 2024
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Lagen aus Graphen versprechen aufgrund ihrer hervorragenden Eigenschaften unter anderem in Transparenz, Barriere­wirkung und Leitfähigkeit große Fortschritte und Effizienzsteigerungen in Solaranwendungen, Energiespeichern oder smarten Glasanwendungen. Den Durchbruch des vielversprechenden Materials verhindert bisher noch der Mangel an skalierbaren Abscheideverfahren mit gleichbleibend hoher Schichtqualität bei kosteneffizienten Durchsätzen. Am Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP wurde nach Mitteilung des Instituts im Rahmen des geförderten EU-Projekts NewSkin (FKZ 862100) ein innovatives PECVD-Verfahren entwickelt, das die Abscheidung von Graphen bei hohen Prozessgeschwindigkeiten ermöglicht und höhere Fertigungsdurchsätze sowie eine breitere Substratauswahl bei geringeren Prozesstemperaturen bietet.

Graphen hat das Potenzial für außergewöhnliche Leistungsfähigkeit beim Einsatz in Solarzellen, organischen Leuchtdioden (OLED), elektrischen Energiespeichern oder smarten Fenstern bis hin zu Membranen, zum Beispiel zur Meerwasserentsalzung. Seine hervorragenden Eigenschaften sind bestechend: Das Material ist transparent, leicht sowie zugfester als Stahl. Außerdem besitzt Graphen eine hohe Leitfähigkeit für Wärme und Strom und ist sehr flexibel.

Forschende arbeiten seit einigen Jahren an der Integration von Graphen als transparente Elektrode in der Photovoltaik oder in OLEDs, etwa für gebogene Touchscreens oder zur Effizienzsteigerung von Solarzellen. Durch seine hohe elektrische Leitfähigkeit kann Graphen in Energiespeichern wie Batterien oder Superkondensatoren zu schnelleren Lade- und Entladezyklen beitragen. Seine große Oberfläche ermöglicht außerdem eine höhere Kapazität und Energiedichte; die mechanische Stabilität des Materials trägt zur Lebensdauer und Zuverlässigkeit von solchen Speichergeräten bei. Bisher beschränkt jedoch die Skalierbarkeit der Abscheidung von Graphen mit gleichbleibend hoher Qualität dessen Einsatz. Zudem stellt die Integration von Graphen in bestehende Fertigungsprozesse eine technische Herausforderung dar.

Das Fraunhofer FEP verfügt nach eigenen Angaben über eine mehr als 30-jährige Expertise in der Entwicklung von maßgeschneiderten Schichten und Schichtsystemen. Mit seinen Kernkompetenzen in der Elektronenstrahl- und Plasmatechnik sowie in der Prozessentwicklung zur Abscheidung von homogenen, dünnen Schichten, zum Beispiel im Rolle-zu-Rolle-Verfahren, arbeiten die Forschenden an einer neuen Technologie zur Synthese von Graphen mittels PECVD (Plasma Enhanced Chemical Vapor Deposition). Erste wichtige Grundlagen für künftige kosteneffiziente Abscheideverfahren von Graphen konnten nun innerhalb des geförderten EU-Projekts NewSkin (FKZ 862100) erarbeitet werden, berichtet das Fraunhofer FEP.

Plasmaverfahren für ­effizientere Herstellung von Graphen

Aktuelle Syntheseverfahren für Graphen erfordern die Anwendung hoher Temperaturen und den Einsatz von Katalysatoren. Die Wissenschaftler des Fraunhofer FEP nutzen hingegen Plasma-unterstützte Verfahren. Damit lässt sich das Parameterfenster für die Erzeugung von Graphen deutlich erweitern, so dass eine Abscheidung auch bei geringeren Substrattemperaturen und gleichzeitig höheren Durchsätzen möglich wird.

Zur Entwicklung des neuen Verfahrens nutzten die Forschenden des Fraunhofer FEP die Vielseitigkeit der Inline-Beschichtungsanlage MAXI. Die multifunktionale Vakuumanlage bietet je nach Entwicklungsreife des Verfahrens die Möglichkeit, Prozesse sowohl im Sheet-to-Sheet-Modus als auch im Rolle-zu-Rolle-Verfahren durchzuführen. Die Verfahrensvielfalt reicht bis zur Pilotproduktion, wodurch die Anlage eine gute Basis für die Entwicklung und die Skalierung von Verfahren zur Abscheidung von Graphen bietet.

Mit dem entwickelten PECVD-Verfahren kann Graphen auf metallischen Bändern abgeschieden werden, erläutertDr. Stefan Saager, Gruppenleiter für Beschichtung Metall und Energietechnik. Dazu komme der Rolle-zu-Rolle-Modus der Anlage MAXI zum Einsatz. Das Metallband werde im ersten Schritt mit einer dünnen Schicht eines Katalysatormaterials wie beispielsweise Kupfer im Vakuum beschichtet. Dadurch könne die Auswahl des gewünschten Substratmaterials ­unabhängig vom geeigneten Katalysatormaterial erfolgen. Unmittelbar danach werde das ­beschichtete Metallband in eine Prozesseinheit mit einer Argon-Plasmaentladung bewegt. Die dort erzeugten Argonionen kollidieren mit dem Substrat und erwärmen es hocheffizient in sehr kurzer Zeit. Durch Zugabe eines geeigneten Präkursor-Gases wie beispielsweise Methan oder Acetylen in unmittelbarer Umgebung der Plasmaentladung können die jeweiligen Moleküle in ihre Einzelbestandteile zerlegt und gleichzeitig teilweise ­ionisiert werden. Die dabei erzeugten Kohlenstoffatome und -ionen lagern sich im Idealfall in einer einlagigen, geordneten 2D-Struktur auf dem Substrat ab und erzeugen so die gewünschte Schicht aus Graphen, so Saager.

Durch die Unterstützung der im Plasma vorhandenen Ionen kann der Formationsprozess bei vergleichsweise geringeren Substrattemperaturen realisiert werden, als dies mit anderen Verfahren nach dem Stand der Technik bisher möglich war.

Versuchsaufbau für Katalysatorbeschichtung und Graphen-Synthese (© Fraunhofer FEP)

 

Die Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer FEP konnten mit dem neu entwickelten PECVD-Verfahren bereits Graphen auf einer Bandbreite von 280 mm bei Prozessgeschwindigkeiten von einem Meter pro Minute synthetisieren. Damit ermöglicht das Verfahren hohe Fertigungsdurchsätze und damit verbundene Kosteneinsparungen für zukünftige Produktionsprozesse. Zudem erlaubt die Technologie eine Erweiterung der einsetzbaren Substratmaterialien und damit ein breiteres Anwendungsspektrum.

Reproduzierbarkeit und ­Optimierung auf der Agenda

Im nächsten Schritt arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Fraunhofer FEP an der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse und an der weiteren Verbesserung der erzielten Schichteigenschaften, zum Beispiel hinsichtlich der Anzahl der Graphenlagen.

Eine weitere Herausforderung der ­neuen Technologieentwicklung liegt laut Fraunhofer FEP außerdem in der präzisen Kontrolle der Plasma- und Temperaturbedingungen für gleichmäßige Schichtqualitäten und -morphologien. Zudem wird künftig an der Verbesserung des Wickelprozesses des heißen Bandes und an der weiteren Skalierung der bisherigen Verfahrensparameter geforscht.

Mit den erzielten Ergebnissen, dem vorhandenen Know-how und der Anlagenausstattung bietet das Fraunhofer FEP Herstellern aus den Bereichen Elektronik und erneuerbarer Energien sowie anderen Technologie­unternehmen und Forschungseinrichtungen eine Basis für Projekte zur Weiterentwicklung und Skalierung der Prozesse zur Synthese von Graphen.

Text zum Titelbild: Schema des PECVD-Syntheseverfahrens für Graphen (© Fraunhofer FEP)

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