Materialentwicklung im Flachland

Werkstoffe 08. 10. 2024
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Einem Team von Physikern und Physikerinnen aus dem Forschungszentrum Jülich und der Universität Graz gelang ein Durchbruch bei der Entwicklung und Charakterisierung von sogenannten 2D-MOFs, einer besonderen Art von zwei­dimensionalen Materialien. Sie konnten zeigen, wie die Struktur der Materialien entsteht und welche elektronischen und magnetischen Eigenschaften damit verbunden sind, berichtet das Forschungszentrum Jülich. Daraus ergeben sich vielversprechende Möglichkeiten für das Design von zukünftigen Werkstoffen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler in zwei Studien in den renommierten Fachmagazinen ACS Nano und Advanced Science.

Wenn man immer dünnere Materialien anstrebt, erreicht man schließlich die zweidimensionale (2D) Grenze, an der das ­Material nur noch wenige Atome oder sogar nur ein Atom dünn ist. In diesem Flachland erhalten die Materialien einzigartige mechanische, elektronische und optische Eigenschaften, die ein großes Potenzial für künftige innovative Technologien versprechen, beispielsweise als Materialien für die Energieumwandlung und -speicherung. Berühmte Beispiele für solche 2D-Materialien sind das halbmetallische Graphen oder das halbleitende Molybdändisulfid (MoS2).

In zwei aktuellen Publikationen berichten Physikerinnen und Physiker des Forschungszentrums Jülich und der Universität Graz über einen bedeutenden Durchbruch bei der Entwicklung und Charakterisierung der elektronischen Struktur von 2D-Metallorganischen Netzwerken, sogenannten 2D-MOFs. Dabei handelt es sich um eine besondere Art von 2D-Materialien, die aus Metallatomen bestehen, die durch organische, also kohlenstoffbasierte, Moleküle verbunden sind. Sie vereinen damit das Beste aus beiden Welten – Metalle und organische Materialien – und sind Hoffnungsträger für ein breites Spektrum an Zukunftstechnologien, die unsere elektronischen Geräte kleiner, intelligenter und effizienter machen.

Die Forscher und Forscherinnen verwendeten einen koordinierten Ansatz, in dem sie experimentelle und theoretische Methoden kombinierten. So fanden sie direkte Beweise dafür, wie durch die hierarchische Anordnung von Übergangsmetallen und organischen Verbindungselementen, sogenannten Linkern, Bandstrukturen in dem 2D-MOF-Gitter entstehen.

Die beiden Studien zeigen jedoch nicht nur die Entstehung der Bandstruktur, sondern auch die damit verbundenen multifunktionalen elektronischen und magnetischen Eigenschaften von 2D-MOFs: Diese sind weitgehend unabhängig vom zugrunde liegenden Substrat. Die Ergebnisse bieten eine neue Perspektive, wie elektronische Bandstrukturen in 2D-MOF maßgeschneidert werden können, und ebnen den Weg für die Integration dieser Materialien in zukünftige elektronische und photonische Bauelemente.

Die impulsaufgelösten Photoemissionsexperimente wurden an der Elettra-Synchrotronanlage in Triest, Italien, durchgeführt, wo die Jülicher Gruppe ihre eigene NanoESCA-Beamline betreibt, mit Beiträgen von ­Simone Mearini, Dr. Daniel Baranowski, Dr. Vitaliy Feyer und Prof. Claus M. Schneider. Alle theo­retischen Untersuchungen für dieses Projekt wurden von Dominik Brandstetter, Dr. Andreas Windischbacher und Prof. Peter Puschnig von der Universität Graz, Österreich, durchgeführt.

Weitere Experimente wurden in enger Zusammenarbeit mit Prof. Laerte L. Patera und Marco Thaler von der Universität Innsbruck, Dr. Luca Floreano und Dr. Luca Schio vom italienischen Nationalen Forschungsrat sowie Dr. Pierluigi Gargiani und Dr. Manuel Valvidares von der BOREAS-Beamline am ALBA-Synchrotron durchgeführt. Die Forschung erfogte in enger Zusammenarbeit mit Dr. ­Iulia Cojocariu von der Universität Triest.

Originalpublikationen

D. Baranowski, M. Thaler, D. Brandstetter, A. Windischbacher, I. Cojocariu, S. Mearini, V. Chesnyak, L. Schio, L. Floreano, C. Gutiérrez Bolaños, P. Puschnig, L.L. Patera, V. Feyer, C.M. Schneider: Emergence of Band Structure in a Two-Dimensional Metal-Organic Framework upon Hierarchical Self-Assembly; ACS Nano, 18 (30), 19618-19627 (2024), DOI: 10.1021/acsnano.4c04191

S. Mearini, D. Baranowski, D. Brandstetter, A. Windischbacher, I. Cojocariu, P. Gargiani, M. Valvidares, L. Schio, L. Floreano, P. Puschnig, V. Feyer und C.M. Schneider: Band Structure Engineering in 2D Metal-Organic Frameworks; Adv. Sci. (2024) 2404667, DOI: 10.1002/advs.202404667

Text zum Titelbild: Metallorganische Netzwerke (englisch metal-organic frameworks, MOFs) sind mikroporöse Materialien, die aus Schichten von anorganischen Baueinheiten und organischen Molekülen als Verbindungselementen (englisch linkers) zwischen den anorganischen Baueinheiten aufgebaut sind (© Brandstetter/Universität Graz)

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