Großer Bahnhof für die Galvanotechnik

Oberflächen 08. 10. 2024

Galvanotag und Einweihung des neuen Galvanik-Zentrums am 27. September in Solingen

Das Technische Berufskolleg Solingen (TBK) eröffnete am 27. September das Galvanik-Zentrum Solingen. Der Neubau ist Teil des Förderprojekts der regionalen Wirtschaftsförderung. Mit dem Neubau des Technikums und der Sanierung des dazugehörigen Schulungs- und Laborgebäudes ist dies der aktuell modernste Ausbildungsstandort Deutschlands in der Oberflächentechnik. Zusammen mit dem renovierten Wohnheim ist es nun auch das neue Zuhause für Oberflächenbeschichter und Galvanotechniker von Rheinland-Pfalz bis zur Nordsee. Diese Einweihung ist zugleich Teil des jährlichen Galvanotags, an dem sich Unternehmen über die Ausbildung ihrer Oberflächenbeschichter ausführlich informieren können. Gefördert wurde der Neubau mit Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.

 

Michael Becker (oben links), Solingens OB Tim Kurzbach (oben rechts) und ZVO-Vorsitzender Jörg Püttbach (unten links) zeigten sich erfreut über das große Interesse an der Einweihung des Galvanik-Zentrums in Solingen (Bild: TBK) 

 

Die duale Ausbildung auf dem Gebiet der handwerklich orientierten Berufe ­erfordert von den Ausbildungsstätten häufig erhebliche Investitionen, um die für die Ausbildung notwendige Technologie bereitstellen zu können. Im Bereich der Galvanotechnik kann diese Investition erheblich sein, da die für die Ausbildung erforderlichen Verfahren aufwendige Anlagen für die Peripherie einschließen sowie unterschiedliche mechanische Verfahren für die Vorbehandlung sowie die Wasser- und Abwasserbehandlung. Dass trotz des hohen organisatorischen und finanziellen Aufwands vorbildliche Einrichtungen geschaffen werden können, wurde jetzt in Solingen, einem der Zentren für die Ausbildung von dringend benötigten Fachkräften, unter Beweis gestellt. In einer außergewöhnlich gelungenen Zusammenarbeit von Fachbetrieben, Behörden und unter großem Engagement der Schule, des Technischen Berufskollegs Solingen (TBK), wurde eine beeindruckende Einrichtung zur Ausbildung in der Galvanotechnik für den gesamten norddeutschen Raum im Rahmen einer feierlichen Einweihung in Betrieb genommen.

Einweihung mit ­zahlreichen Teilnehmern

Etwa 120 Teilnehmer und Teilnehmerinnen nutzten die Möglichkeit, sich über das neue Galvanik-Zentrum in Solingen direkt vor Ort zu informieren. In seiner Begrüßung wies Schulleiter Michael Becker darauf hin, dass es sich beim Galvanik-Zentrum um mehr als nur ein schulinternes Projekt handelt: Hier haben mehr als nur die üblichen Fördermittel zum Gelingen beigetragen. Beteiligt waren neben der Galvanikindustrie und Galvanikbetrieben die Stadt Solingen sowie der Landkreis mit den entscheidenden Behördenvertretern. Michael Becker zeigte sich deshalb besonders erfreut, dass von allen Beteiligten Vertreter zur Einweihung erschienen waren.

Erstellt wurde die Anlage von der OTE Scheigenpflug, bei der sich der Schulleiter bedankte. Mit der neuen Einrichtung wird die duale Ausbildung der entsprechenden Fachkräfte realisiert, die nach Ansicht der Schulleitung auch unbedingt notwendig ist. Das neue Galvanik-Zentrum bietet ein breites Ausbildungsangebot unter besten Bedingungen: von der klassischen Ausbildung mit Gesellenabschluss über Meister bis hin zum Techniker. Neben der technischen Anlage wurde auch die Wohnstätte für gewerbliche Auszubildende erneuert, so dass die Nachwuchskräfte auch aus größerer Entfernung einen angenehmen Aufenthalt haben.

Aufstellungsplan der Einrichtungen des neuen Galvanik-Zentrums am Technischen Berufskolleg (TBK) in Solingen; die Galvanikanlage wurde von der OTE Scheigenpflug GmbH geplant und erstellt (Bild: OTE)

Die Gäste der Einweihungsveranstaltung konnten die Anlage im Einsatz besichtigen und erhielten kompetente Erläuterungen dazu

 

­Fachausbildung in Solingen

Die Geschichte der Fachausbildung im Bereich Galvanotechnik in Solingen ist lang: Die Ausstattung der Schule reicht zurück bis Ende der 1950er Jahre, damals aufgebaut von Fachlehrer Bernhard Gaida. 1985 wurde ein Förderverein ins Leben gerufen, um durch umfangreiche Spenden von Unternehmen in der Umgebung ein Galvanikzentrum aufzubauen. 1987 wurde die daraus entstandene Anlage eingeweiht. Da die Anlage inzwischen nicht mehr den notwendigen Anforderungen entsprach, wurde ab etwa 2017 mit der Planung und Realisierung der neuen und jetzt fertiggestellten Anlage begonnen, die unter Nutzung erheblicher Fördergelder, realisiert werden konnte.

Galvanik-Zentrum Solingen

Die gesamte Einrichtung enthält neben der umfangreichen Galvaninkanlage für nahezu alle Abscheidungsmethoden Einrichtungen wie Giftschränke sowie Einrichtungen zur Kunststoffbeschichtung. Zudem werden den Auszubildenden umfangreiche digitale Unterlagen mit dem Lehrstoff angeboten. In diesem Zusammenhang wies der Schulleiter darauf hin, dass die Unternehmen aus dem Umfeld von Solingen intensiv durch Spenden und ihre Mitarbeit zum Gelingen des Projekts beigetragen haben.

Der Oberbürgermeister der Stadt Solingen Tim Kurzbach zeigte sich sehr erfreut darüber, dass mit dem neuen Galvanik-Zentrum ein Zeichen zum Erhalt des Industriestandorts Deutschland gesetzt werden konnte. Mit einem Volumen von annähernd zehn Millio­nen Euro für die Anlagen mit Gebäude und die Sanierung des Wohnheims sollte es gelingen, junge Menschen für das Berufsfeld zu begeistern und motivierte Nachwuchskräfte für die Zukunft bereitzustellen. Besonderen Dank sprach Tim Kurzbach dem aktuellen Schulleiter Michael Becker aus, der ganz erheblich zum Gelingen der Investitionen beigetragen habe. Er habe über all die letzten Jahre zum notwendigen Dialog zwischen Industrie, Schule und Verwaltung beigetragen. Der Oberbürgermeister bezeichnete das neue Galvanik-Zentrum als den modernsten Ausbildungsplatz in Deutschland auf dem Gebiet der Galvanotechnik.

ZVO-Vorsitzender Jörg Püttbach sprach im Namen des Zentralverbands Oberflächentechnik e. V. (ZVO) seinen Dank an alle Aktiven aus, die das Projekt des Galvanik-Zentrum realisiert zu haben. Dabei wies er darauf hin, dass die Galvanotechnik längst aus der Schmuddelecke herausgekommen und zu einer wichtigen Industrie geworden ist, mit guten Aussichten, auch in Zukunft bestehen zu können. Die in Solingen ausgebildeten Fachkräfte würden von den Unternehmen der Branche dringend benötigt, auch wenn aktuell schwierige Zeiten für die Unternehmen neue Herausforderungen bringen. Püttbach sieht gute Ansätze, dass die neuen Anlagen bestens genutzt werden und die jungen Fachkräfte umfangreiches Fachwissen erhalten werden, da vor Ort die richtigen Experten für die Ausbildung bereitstehen.

Frank Tischlinger, Abteilungsleiter Fachschule und Oberflächentechnik, zeigte sich erfreut, dass der Wandel der Schule von den Anfängen aus den 1950er Jahre zu dem heutigen Spezialzentrum für Galvanotechnik gelungen ist. Wie er ausführte, beinhaltet das neue Galvanik-Zentrum alle Verfahren der Galvanotechnik einschließlich der Vor- und Nachbehandlung. Die Einrichtungen dienen zur Durchführung von Meisterarbeiten sowie allen Zwischen- und Abschlussprüfungen. Ergänzt werden die Praxisplätze für die galvanische Abscheidung durch ein Chemielabor. Erweiterungen durch Einrichtungen für die mechanische Vorbehandlung kommen in Kürze hinzu. Frank Tischlinger bedankte sich besonders für die seit 2007 bestehende Unterstützung von aktiven 30 Unternehmen, die bis heute beibehalten wurde.

Auch ehemalige Absolventen der Technikerschule zeigten ihr Interesse an den neuen Einrichtungen und erhielten von Frank Tischlinger (links) ausführliche Informationen dazu (Bild: TBK)

 

Das Wohnheim für den Blockunterricht von Auszubildenden umfasst derzeit 32 ­Plätze. Aktuell nehmen 143 Auszubildende aus 87 Betrieben und zehn Bundesländern an der Ausbildung im Fachbereich Oberflächenbeschichter teil. Der Blockunterricht besteht aus zweimal sechs Wochen mit 30 bis 34 Unterrichtsstunden pro Woche, einschließlich praktischer Tätigkeit im Chemielabor und der Galvanikanlage. Ergänzt wird der Unterricht durch digitale Hilfsmittel, wie beispielsweise mittels Teams oder Lernvideos. Sehr bedauerlich findet Tischlinger das geringe Interesse an der Weiterbildung zum Galvanotechniker: Derzeit werden deutschlandweit deutlich unter 20 Personen ausgebildet, durch die die hohe Nachfrage aus Industrie und Handwerk bei weitem nicht abgedeckt werden kann.

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