Bei der Stromerzeugung mit Wasserstoff entstehen keine klimaschädlichen Emissionen. Doch Speicherung und Transport des Gases sind technisch anspruchsvoll. Fraunhofer-Forschende nutzen deshalb das leichter handhabbare Wasserstoffderivat Ammoniak als Ausgangsstoff. Im Hochtemperatur-Brennstoffzellenstack wird Ammoniak zerlegt und der entstehende Wasserstoff in Strom verwandelt, berichtet das Fraunhofer IKTS in Dresden. Die Abwärme kann beispielsweise als Heizenergie genutzt werden.
Auf dem Energieträger Wasserstoff und seinen Derivaten ruhen große Hoffnungen. In der nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung nehmen sie bei der Energiewende eine zentrale Rolle ein. Insbesondere Ammoniak (NH3) hat dabei ein hohes Potenzial, denn Wasserstoff lässt sich in Form von Ammoniak besser speichern und transportieren.
Ein Forschenden-Team mit Prof. Laura Nousch vom Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden hat auf Basis eines Hochtemperatur-Brennstoffzellenstacks (Solid Oxide Fuel Cells, SOFC) einen Demonstrator entwickelt, der Ammoniak direkt und mit einem hohen Wirkungsgrad verstromen kann. Strom und Wärme entstehen nach Mitteilung des Fraunhofer IKTS in einer einzigen kompakten Anlage – ohne CO2-Emissionen oder andere schädliche Nebenprodukte.
Aus Ammoniak wird Wasserstoff, wird Strom
Laut Fraunhofer-Forscherin Laura Nousch ist Ammoniak in der chemischen Industrie seit Jahrzehnten im Einsatz, zum Beispiel für die Herstellung von Düngemitteln; der Umgang mit dem Stoff sei daher etabliert und bekannt, dennoch müsse der Stoff mit Vorsicht behandelt werden. Als Wasserstoffträger biete Ammoniak eine hohe Energiedichte und sei zugleich relativ einfach zu speichern und zu transportieren. Für die klimafreundliche Herstellung von Strom und Heizenergie ist Ammoniak ein ideales Ausgangsmaterial, sagt Laura Nousch.
Im Prozess wird Ammoniak zunächst in die Brenngasaufbereitung, den Cracker, eingeleitet und auf Temperaturen von 300 °C und höher erhitzt. Es zerfällt in Wasserstoff (H2) und Stickstoff (N2). Letzterer kann am Ende des Prozesses zusammen mit Wasserdampf als unschädliche Abluft entlassen werden. Anschließend wird der Wasserstoff in die Hochtemperatur-Brennstoffzelle geleitet. In keramischen Elektrolyten wird er über die Anode geführt, während die Kathode von Luft umflossen wird. Bei der Aufspaltung des Wasserstoffs entstehen Elektronen, die von der Anode zur Kathode wandern. So beginnt Strom zu fließen.
Neben Wasserdampf produziert die elektrochemische Reaktion auch Wärmeenergie. Außerdem entsteht durch die Nachverbrennung Abwärme. Diese wird zum einen verwendet, um die hohe Temperatur im Cracker zu halten, und zum anderen als Abwärme entkoppelt. Dann kann sie beispielsweise für eine Gebäudeheizung eingesetzt werden, erklärt Nousch.
Demonstrationsanlage zur CO2-freien Stromerzeugung mit Ammoniak in Hochtemperatur-Brennstoffzellen (SOFC)(© Fraunhofer IKTS)
Hoher Wirkungsgrad bei 60 Prozent
Bei der Konzeption der Anlage kam den Forschenden aus dem Fraunhofer IKTS die jahrzehntelange Expertise im Bereich keramischer Brennstoffzellenstacks zugute. Damit konnte das Team einen Brennstoffzellendemonstrator bauen, der das Zerlegen von Ammoniak in Wasserstoff und dessen anschließende Verstromung praktisch in einem Gerät erledigt. Der Wirkungsgrad liegt dabei ebenso wie bei Erdgas-basierten Verfahren bei 60 Prozent, nur dass Ammoniak-SOFC-Systeme vergleichsweise einfach und robust aufgebaut sind.
Das System ist laut Fraunhofer IKTS ideal für kleinere Industrieunternehmen, die Strom ohne CO2-Emissionen erzeugen wollen und nicht am zukünftigen Wasserstoffkernnetz anliegen. Oder für Kommunen und Stadtwerke, die ihre Kunden mit grüner Wärme versorgen wollen. Auch große Schiffe lassen sich auf diese Weise mit umweltfreundlichen Antrieben auf Ammoniak-Wasserstoffbasis ausstatten.
Maßgeschneiderte Brennstoffzellensysteme
Je höher die Temperatur im Cracker, desto vollständiger wird Ammoniak in Wasserstoff zerlegt. Umgekehrt gilt, dass bei niedrigeren Temperaturen, also bei etwas über 400 °C ein beträchtlicher Teil des Ammoniaks zurückbleibt. Unsere Tests haben jedoch gezeigt, dass die Ammoniakmoleküle auch vollständig in der Hochtemperatur-Brennstoffzelle zu Wasserstoff zerfallen, sagt Laura Nousch. Damit könne sogar eine Steigerung der Gesamtleistung der Anlage erreicht werden.
Durch die gezielte Auslegung und ein intelligentes thermisches Management sowie anderen Modifikationen, etwa an Leistung und Größe der Brennstoffzellenstacks, sind die Forschenden nach Aussage von Laura Nousch in der Lage, gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen maßgeschneiderte Lösungen zur klimafreundlichen Strom- und Wärmeerzeugung zu entwickeln.
- www.ikts.fraunhofer.de