In-situ innere Spannungsmessungen an Nickelüberzügen in Abhängigkeit von Anodenmaterial und Elektrolytzusammensetzung

Oberflächen 07. 03. 2025

Von Jonas Rehbein, Mathias Fritz, Andreas Bund; TU Ilmenau, Fachgebiet für Elektrochemie und Galvanotechnik, ­Ilmenau1); Markus Guttmann, Marco Ehrhardt; Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Mikrostruktur­technik (IMT), Eggenstein-Leopoldshafen2); Haitham Saleh, Theodor Stuth; hpulcas GmbH, Freiberg3)

Unter bestimmten Bedingungen kommt die Verwendung von hochreinem Nickel als Anodenmaterial an Stelle von konventionellen schwefeldepolarisierten Nickelanoden in Betracht. Um die Unterschiede der beiden Anodenarten auf den Prozess und die abgeschiedenen Schichten zu vergleichen, werden In-situ-Messungen der inneren Spannungen vorgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zugabe von Bromidionen, insbesondere in Form von Natriumbromid, das Auflöseverhalten der Anodenmaterialien signifikant beeinflusst. Bei der Verwendung von neuartigen Anoden aus hochreinem Nickel der hpulcas GmbH sinkt das Auflösepotential mit steigender Bromidkonzentration, wobei der Effekt der Herabsetzung ab etwa 4 g/l maßgeblich beobachtet wird. Im Gegensatz dazu zeigen kommerzielle beziehungsweise herkömmliche S-Nickel-Coins bereits ohne Bromid ein reduziertes Auflösepotential. Die Bromidionen greifen die Oxidschicht der Nickel­oberfläche an, was zu einer verbesserten Anodenauflösung führt. Zudem wurde festgestellt, dass die inneren Spannungen in den abgeschiedenen Nickelschichten bei Verwendung von hpulcas-Materialien im Vergleich zu S-Nickel-Coins unter bestimmten Elektrolytparametern geringer ausfallen. Die Untersuchungen legen nahe, dass die Nickelmaterialien der hpulcas GmbH unter den richtigen Bedingungen eine mögliche Alternative darstellen, um die Anodenauflösung zu optimieren und die Bildung von Anodenschlamm zu minimieren. Die erzielten Erkenntnisse ermöglichen Perspektiven für weiterführende Untersuchungen, um einen industriellen Einsatz des Materials voranzubringen.

1 Einleitung

Die galvanische Abscheidung von Nickel spielt weltweit in verschiedensten Anwendungen eine wichtige Rolle. Die natürliche Fähigkeit von Nickel, eine korrosionsbeständige Oxidschicht zu bilden, ermöglicht vielseitige Anwendungsmöglichkeiten auf dem Gebiet des Korrosionsschutzes. Außerdem spielt Nickel eine wichtige Rolle bei der Anwendung von dekorativen, galvanisch abgeschiedenen Schichten. Seine glänzende Nickeloberfläche und die Fähigkeit, als Basis für weitere Beschichtungen wie Chrom zu dienen, machen das Metall ideal für die Beschichtung von Schmuck, Haushaltsgegenständen und Fahrzeugkomponenten. Die Kombination aus Ästhetik und Funktionalität ermöglicht vielseitige Anwendungen für Nickelbeschichtungen in der Gestaltung moderner Produkte.

Nickel ist ferromagnetisch und temperaturbeständig. Diese Eigenschaften machen Nickel zu einem Material, welches aus der modernen Elektronik und der Mobilitätsindustrie schwer wegzudenken ist. Ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld von Nickelbeschichtungen liegt zudem in der Galvanoformung. Hierbei handelt es sich um ein Fertigungsverfahren, welches es ermöglicht, besonders komplexe Formteile herzustellen. Die mecha­nischen Eigenschaften von Nickel, welche eine verzugsfreie Bauteilentnahme ermöglichen, zusammen mit seiner Korrosionsstabilität, machen es zum meist verwendeten Material in der Galvanoformung [1].

Ebenso weit verbreitet ist die Anwendung von Nickelbeschichtungen in der Halbleitertechnik. In photoresistiven Chips wird Nickel genutzt, um pn-Übergänge zu ­kontaktieren oder um Schottky-Kontakte zu ­realisieren. Außerdem dienen Nickelbeschichtungen in Leiterplatten als Diffusionsbarriere, um die unkontrollierte Migration von Kupfer in benachbarte Leiterbahnen zu verhindern. Besonders in der ENIG-Beschichtung (Electroless Nickel Immersion Gold) schützt Nickel das Kupfer vor Oxidation und verbessert die Lötbarkeit [13]. Auch die Anwendung als Kontaktmaterial für Steckverbindungen ist sehr verbreitet. In allen Fällen trägt Nickel entscheidend zur Funktionalität und Zuverlässigkeit elektronischer Bauteile bei.

Darüber hinaus finden galvanische Nickelabscheidungen Anwendung in der Herstellung von mikroelektromechanischen Systemen (MEMS), beispielsweise in Sensoren, Aktoren und Mikrospiegeln. Auch wird Nickel in chemischen Katalysatoren verwendet, insbesondere in der Petrochemie und der Wasserstoffproduktion. Seine katalytischen Eigenschaften tragen zur Effizienzsteigerung bei der Hydrierung und der Reformierung von Kohlenwasserstoffen bei, was in einer zunehmend nachhaltigkeitsorientierten Welt von wachsender Bedeutung ist.

Die Kontrolle über die inneren Spannungen in Nickelüberzügen ist in vielen dieser Anwendungen von relevanter Bedeutung, um die Funktionalität und Langlebigkeit elektronischer Bauteile zu gewährleisten.

Innere Spannungen sind mechanische Spannungen im Inneren eines Werkstücks, die dort ohne den Angriff äußerer Kräfte vorhanden sind [10]. Es wird unterschieden zwischen arteigenen und artfremden inneren Spannungen [15]. Arteigene innere Spannungen sind unabhängig vom Substrat, eine artfremde innere Spannung entsteht durch die Kombination von Substrat und abgeschiedener Schicht [11]. Ab einer Schichtdicke von ungefähr 8 μm gilt die in einer Schicht auftretende innere Spannung als substratunabhängig. Auch werden innere Spannungen in makroskopische (1. Art) und mikroskopische (2. und 3. Art) Spannungen eingeteilt [3, 15]. Für die Entstehung innerer Spannungen gibt es verschiedene Gründe; grundlegend sind innere Spannungen aber auf eine lokale oder globale Verzerrung des Kristallgitters zurückzuführen. Diese kommen durch Gitterfehler zustande, welche beispielsweise beim Herstellungsprozess, oder bei nachträglicher Wärmebehandlung oder Umformung im Material induziert werden können.

Es gibt verschiedene Messmethoden für innere Spannungen [15] bei galvanisch abgeschiedenen Schichten. Zum einen sind mechanisch basierte Verfahren im Einsatz, welche die Durchbiegung eines Streifens messen, der als Substrat einseitig oder doppelseitig beschichtet wird. Diese Methoden ermöglichen In-situ-Messungen der inneren Spannungen, also eine Messung parallel zum Beschichtungsprozess. Übliche Messapparate sind beispielsweise das Spiralkontraktometer nach Brenner und Senderoff oder das IS-Meter. Diese Messgeräte erfassen innere Spannungen 1. Art. Es ist anzumerken, dass die messtechnische Aufzeichnung und Trennung innerer Spannungen 2. und 3. Art technisch schwer realisierbar ist, da die verschiedenen Arten der inneren Spannungen voneinander abhängig sind [3].

Alternativ dazu gibt es auch röntgenografische Messmethoden für innere Spannungen, wie zum Beispiel das sin2ψ-Verfahren. Diese Methoden können anhand der individuellen Beugung von Röntgenstrahlen Rückschlüsse auf Gitterverzerrungen ermöglichen [3].

Auch wenn der Prozess der galvanischen ­Nickelabscheidung schon sehr ausführlich erforscht worden ist, gibt es im Detail noch viele Möglichkeiten, den Prozess zu optimieren, beispielsweise mittels innovativer Elektrolytzusammensetzungen oder neuartiger Anodenmaterialien.

2 Stand der Technik

Für die Abscheidung metallischer Schichten werden konventionell wässrige Elektrolyte verwendet. Diese enthalten Metallsalze als Hauptlieferant für die Ionen des abzuscheidenden Metalls sowie verschiedene Zusatzstoffe. Die Funktion der Zusatzstoffe ist es, den individuellen Abscheideprozess zu gewährleisten und zu optimieren, sowie die Eigenschaften der abzuscheidenden Schicht zu beeinflussen [3, 16].

Die in der Galvanotechnik verwendeten wichtigsten Nickelsalze sind Nickelsulfat, Nickelsulfamat, Nickelchlorid und Nickelcarbonat [4, 16]. Die ­ersten Versuche, Nickelschichten aus Salzlösungen abzuscheiden, wurden im Jahre 1841 von ­Georges De Ruolz durchgeführt, waren jedoch weniger erfolgreich; die verwendeten Salze waren zu unrein und die Niederschläge zu spröde [1, 16]. Innerhalb der ­darauffolgenden 80 Jahre wurden diverse weiterführende Untersuchungen durchgeführt. Ein entscheidender Fortschritt ist für das Jahr 1916 zu vermerken, als O. P. Watts sein Schnellvernickelungsbad vorstellte, mit dem erstmals die damals üblichen Stromdichten von etwa 0,5 A/dm2 auf das Zehnfache zu 5 A/dm2 erhöht werden konnten. Daraus entstand der Watts‘sche Elektrolyt, der auch heute noch die Grundlage für Glanz­nickelelektrolyte darstellt [1, 16]. Die typische Zusammensetzung des Watts-Elektrolyten besteht aus circa 310 g/l Nickelsulfat-Heptahydrat, etwa 50 g/l Nickelchlorid-Hexa­hydrat und circa 40 g/l Borsäure.

Innerhalb der folgenden ­Jahrzehnte haben sich Nickelelektrolyte rasant weiterentwickelt. So wurden einebnende Nickelverfahren eingeführt oder auch welche, die Abscheidungen von Nickelschichten mit besonderen physikalischen Eigenschaften, wie beispielsweise einer hohen Härte, ermöglichten [1, 16].

Im Jahr 1938 wurde erstmalig von Luigi Cambi und Roberto Piontelli die Nickelabscheidung aus Sulfamatlösungen vorgeschlagen [2]. Diese Elektrolyte enthalten das Nickelsalz der Amidoschwefelsäure, das Nickelsulfamat Ni(NH2SO3)2. Nickelsulfamatelektrolyte haben im Vergleich zum Watts-Elektrolyt den Vorteil, dass die Beschichtungen mit geringeren inneren Spannungen abgeschieden werden können. Jedoch ist das nur in chloridfreien beziehungsweise nahezu chloridfreien Elektrolyten möglich [4, 16]. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass bei verhältnismäßig großen Stromdichten noch qualitativ hochwertige, porenfreie Abscheidungen hergestellt werden können [1, 16]. Typische Zusammensetzungen für chloridhaltige beziehungsweise chloridfreie Nickelsulfamatelektrolyte sind in Tabelle 1 zusammengestellt.

 

Das Vorhandensein von Chloridionen im Sulfamatelektrolyten fördert zwar die Anodenauflösung, führt aber auch zur negativen Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften der Niederschläge. Für eine geeignete Anodenlöslichkeit ohne Chloridionen können ­Nickelbromid oder Natriumbromid als Alternative verwendet werden [1]. Bromidionen verbessern die Anodenlöslichkeit, indem sie die Passivschicht auf der Anodenoberfläche destabilisieren. In diesem Kontext sind auch die Auswirkungen von Bromidionen auf die inneren Spannungen von hoher Relevanz, da diese im Vergleich zu chloridbasierten Elek­trolyten geringere innere Spannungen erzeugen sollten [8].

Borsäure wird verwendet, um den pH-Wert des Elektrolyten innerhalb bestimmter Grenzen zu puffern [5]. Außerdem kann ­Borsäure die mechanischen Eigenschaften von Schichten, wie beispielsweise die Härte, beeinflussen [6]. Sulfat- und Sulfamatelektrolyte werden bei pH-Werten von 3,5 bis 4,5 und Temperaturen von 40 °C bis 60 °C eingesetzt [5]. Um innere Spannungen in chloridhaltigen Elektrolyten auszugleichen, werden oft organische Elektrolytzusätze, wie zum Beispiel die Naphtalintrisulfonsäure zugegeben.

Netzmittel sind ein weiterer bekannter Elektrolytzusatz. Sie verbessern die Benetzbarkeit des zu beschichtenden Werkstücks mit dem Elektrolyten [3] und sind in der ­Praxis ein üblicher Zusatz. Über eine lange Zeitdauer wurden hierfür langkettige ­Moleküle, wie beispielsweise Per- und ­polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS), verwendet. Bewährter Vertreter hierfür ist Tetraethyl­ammonium­heptadecafluoroctansulfonat (FT-248), ein Salz der Perfluoroctansulfonsäure (PFOS). Bei diesen polyfluorierten Chemikalien handelt es sich um organisch persistente Schadstoffe. Da diese stark umweltschädigend sind, wird ihre Verwendung in den letzten Jahren immer stärker eingeschränkt. So wurde am 20. September 2024 eine EU-Verordnung verkündet, welche den Einsatz von bestimmten, zur Gruppe der PFAS zählenden Verbindungen nach gewissen Übergangszeiten in vielen Alltagsprodukten verbietet. Dies ruft eine Notwendigkeit für weniger schädliche Alternativen hervor. Ein Beispiel für einen Kompromiss zum Einsatz als Netzmittel in galvanischen Elektrolyten stellt gegenüber den umweltschädlicheren PFAS das in der Praxis oftmals eingesetzte Natriumdodecylsulfat (SDS) dar.

Neben der Elektrolytzusammensetzung spielt auch das verwendete ­Anodenmaterial eine wichtige Rolle im Kontext der inneren Spannungen. Die bekannten löslichen Nickelanoden bestehen zwar in der Regel zu > 99,9 Gew.-% aus Nickel, die geringen Anteile der begleitenden Spurenelemente, wie beispielsweise Kohlenstoff oder Schwefel sind jedoch (auch im Spurenbereich) für das Auflösungsverhalten relevant. Ein ideales ­Anodenmaterial würde ohne Begleitelemente oder anderweitige Verunreinigungen aus 100 Gew.-% Nickel bestehen und sich rückstandsfrei, komplett und verlustfrei auflösen [5]. In der Realität wurde ein solches Material jedoch noch nicht vorgestellt.

Problematisch für den elektrochemischen Anodenauflösungsprozess ist die natürlich entstehende, passivierende Oxidschicht auf der Nickeloberfläche. Geringe Zugaben beziehungsweise Gehalte von Schwefel im Nickelmaterial reduzieren die Polarisation beziehungsweise die Passivierung der Anode und sorgen für ein besseres Auflösungsverhalten. Dementsprechend ist sogenanntes S-Nickel mit etwa 0,025 Gew.-% Schwefel ein übliches, kommerziell erhältliches Anodenmaterial für die Erzeugung von Nickelbeschichtungen [7] und kommt in der Praxis als Coins, Crowns, Rounds oder Pellets zum Einsatz. S-Nickel-Anoden (auch schwefeldepolarisiertes Nickel genannt) sind in chloridhaltigen Sulfamatelektrolyten gut löslich [5] und passivieren kaum.

Die hpulcas GmbH in Freiberg fokussiert sich auf die Herstellung und den Vertrieb von sehr reinem, elektrolytisch hergestelltem Nickel für verschiedenste Anwendungen. Bänder, Drähte, Halbzeuge und Folien sind dabei in unterschiedlichen Größen mit Dicken von 10 mm bis 10 µm verfügbar. Ein mögliches Einsatzgebiet gestanzter Ronden könnte dabei als Anodenmaterial im Bereich der Galva­notechnik liegen. Dieses hochreine Material enthält keinen depolarisierenden Schwefel. Die Anteile der Begleitelemente Kohlenstoff, Eisen oder Schwefel liegen im Bereich von weniger als 10 ppm. Nichtdepolarisierte Anoden weisen zwar eine stärker ausgeprägte Passivschicht und somit ein schlechteres Auflösungsverhalten auf, jedoch könnten sie sich vorteilhaft auf die inneren Spannungen aufgrund weniger Fremdelemente auswirken. Im Kontext dessen, sowie im Sinne der resourcenschonenden Weiterverwertung von Schnittresten des hochreinen Nickelmaterials wurde unter anderem im Rahmen dieser Arbeit untersucht, inwieweit es als Anoden­material verwendet werden kann.

Hieraus ergab sich die zentrale Fragestellung, ob hochreines Nickel der hpulcas GmbH im Vergleich zu schwefeldepolarisiertem ­Nickel, beides verwendet als Anoden, geringere innere Spannungen in der Schicht erzeugt und inwiefern sich die Verwendung von verschiedenen Netzmitteln und Bromidkonzentratio­nen im Elektrolyten auf die inneren Spannungen der galvanisch abgeschiedenen Schichten auswirkt. Als Netzmittel wurde hier zum einen das organisch persistente, immer stärker eingeschränkte PFOS und das weniger toxische SDS verwendet. Zudem sollten das Auflösungsverhalten und der Effekt der Oberflächenbearbeitung der Materialien auf die inneren Spannungen charakterisiert werden.

3 Experimenteller Teil

Es wurde untersucht, wie sich verschiedene Elektrolytzusätze und deren Konzentrationen (für Netzmittel und Natriumbromid) sowie verschiedene Anodenmaterialen (S-Nickel und hochreines Material der hpulcas GmbH) auf die inneren Spannungen in Nickelüber­zügen auswirken. Hierfür wurden galvanische Abscheidungen unter Verwendung von vier verschiedenen Anodenmaterialien durchgeführt. Zum Einsatz kamen S-Nickel und drei Variationen des hochreinen Materials der hpulcas GmbH, welche sich ausschließlich durch ihre zuvor durchlaufene Oberflächenbearbeitung unterscheiden (Tab. 2).

 

Für jedes Anodenmaterial wurden Abscheidungen bei verschiedenen Elektrolytzusammensetzungen durchgeführt und dabei das verwendete Netzmittel (einerseits Natriumdodecylsulfat (SDS) und andererseits Tetra­ethylammoniumheptadecafluoroctansul­fonat (PFOS)) und die Bromidkonzentration ­variiert. Tabelle 3 zeigt alle Variationen der Elektro­lytzusammensetzung. Für jeden ­Parameter wurden mindestens zwei Abscheidungen durchgeführt.

 

Alle Abscheidungen wurden im Sulfamatelektrolyten bei pH-Wert 3,5, einer Temperatur von 50 °C und einer Stromdichte von 3 A/dm2 für eine Schichtdicke von 16 µm (entspricht einer Abscheidezeit von etwa 25 min) durchgeführt. Als Substrat wurde ein 50 µm dicker Stahlstreifen verwendet, welcher beidseitig beschichtet wurde. Somit wurden Abscheidungen in zwei Elektrolytzusammensetzungen mit jeweils gleichartig variierenden Bromidkonzentrationen durchgeführt.

3.1 Anodenpräparation

Um eine konstante Auflösefläche der Anoden untereinander zu gewährleisten, wurden die Anoden vor der Verwendung mit einem Abdecklack partiell bedeckt. Abbildung 1 zeigt die lackierten und unlackierten Anoden aus den hpulcas-Materialien. Die Rückseite der Anode ist jeweils komplett mit Abdecklack bedeckt.

Abb. 1: Anoden der hpulcas GmbH (oben lackiert, unten unlackiert)

 

Das S-Nickel lag in kommerziell erhältlichen, sogenannten Coins vor. Diese müssen im Einsatz elektrisch leitend miteinander verbunden sein, so dass die Fläche der Vorderseite der Coins der nicht lackierten Fläche der hpulcas-Anoden entspricht. Hierfür wurde eine Nut in die Rückseite der Coins gefräßt (Abb. 2), in die dann ein Draht, welcher ebenfalls aus hochreinem Nickel bestand, eingefügt wurde und diese wurde dann mit Abdecklack isoliert. Die verbundenen Coins und die für die Versuche präparierte Coin-Anode sind in den Abbildungen 3 und 4 zu sehen.

Abb. 2: S-Nickel Coins (einzeln)

Abb. 3: Unlackierte Coin-Anoden, aufgebaut aus verbundenen Coins

Abb. 4: Lackierte Coin-Anoden

 

3.2 Versuchsaufbau

Als Elektrolytgefäß wurde ein doppelwandiger Glaszylinder mit einem Fassungsvermögen von etwa 1,6 l genutzt. Die Temperatur des Glaszylinders mit dem darin befindlichen Elektrolyten wurde mit Hilfe eines Thermostaten während der Abscheidung konstant gehalten. Die als Substrat dienenden Stahlstreifen wurden auf eine Länge von 230 mm geschnitten, einmal mit Aceton gereinigt, zum Ermitteln der Stromausbeute gewogen und in das IS-Meter eingespannt. ­Anschließend wurde eine kathodische Entfettung (60 s,5 A/dm2, Stahl-Gegenelektrode, 50 g/l HSO Entfetter UNI1) sowie eine Dekapierung (10 Vol.-% Schwefelsäure) des eingespannten Substrats bei ­Raumtemperatur vorgenommen. Damit werden Fette und Oxidschichten von der Substratoberfläche entfernt. Nach der Entfettung und Dekapierung wurde das im IS-Meter eingespannte Sub­strat jeweils mit Leitungswasser und destilliertem Wasser gespült.

Abbildung 5 zeigt das verwendete IS-Meter mit eingespanntem Stahlsubstrat (rotes Quadrat). Beim darauffolgendem Abscheideprozess wurde das IS-Meter mit dem eingespannten Substrat in die Elektrolysezelle eingesetzt.

Abb. 5: IS-Meter mit eingespanntem Stahlsubstrat (= Kathode)

Abb. 6: Versuchsaufbau für Abscheidungen im Nickelsulfamatelektrolyt mit IS-Meter und induktivem Wegaufnehmer

 

Die jeweils verwendeten zwei Anoden wurden links und rechts vom IS-Meter in der Elektrolytlösung positioniert. Zur Messung der Elektrodenpotentiale wurde eine Quecksilber­sulfat-Referenzelektrode (Hg|Hg2SO4||) mit einem Potential von E(Hg|Hg2SO4) = 0,625 V vs. Normalwasserstoffelektrode (NHE) genutzt. Die Ausschläge des IS-Meters wurden mithilfe eines induktiven Wegaufnehmers erfasst, der an ein Militron-Messgerät (Typ 1240, Mahr GmbH) angeschlossen war. Die ermittelten Daten wurden in einer eigens entwickelten Software namens Militron Reader (Version 6.0) aufgezeichnet. Die Abscheideparameter wurden über die Software EC-Lab (Version V11.43) eingestellt. Der gesamte Versuchsaufbau ist in Abbildung 6 dargestellt.

-wird fortgesetzt-

Literaturverzeichnis

[1] R. Brugger: Die galvanische Vernicklung; Eugen G. Leuze Verlag, Bad Saulgau, 1984

[2] L. Cambi, R. Piontelli: Rendiconti dell‘Istituto Lombardo di Scienze e Lettere, 72, S. 126–138 (1938/39) sowie Italienisches Patent Nr. 368824 (1939)

[3] N. Kanani: Galvanotechnik: Grundlagen, Verfahren und Praxis einer Schlüsseltechnologie; Verlag Europa-Lehrmittel Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG, Haan-Gruiten, 2019

[4] T. W. Jelinek: Praktische Galvanotechnik; Eugen G. Leuze Verlag, Bad Saulgau, 2013

[5] S. A. Watson: Galvanoformung mit Nickel; Eugen G. Leuze Verlag, Bad Saulgau, 1976

[6] D. Wayness: Nickel Electroplating without Boric Acid; elektronische Veröffentlichung: https://www.dupont.com/blogs/boric-acid-free-nickel-electroplating-reach.html; abgerufen am 20.12.2023, um 19:48 Uhr

[7] A. Green, C. Enowmbi Tambe, S. Roy: Characteristics of Anode Materials for Nickel Electro-forming; Journal of the Electrochemical Society, 169(9), S: 092510, 2022

[8] Y. Tsuru, M. Nomura, F. Foulkes: Effects of Chloride, Bromide and Iodide Ions on Internal Stress in Films Deposited During High Speed Nickel Electroplating from a Nickel Sulfamate Bath; Journal of Applied Electrochemistry, 30, S. 231–238, 2000

[9] Y. Jiang, C. Y. Chen, T. Kurioka, X. Luo, D. Yamane, M. Sone, T. F. M. Chang: Effects of Bromide Ions in Anomalous Codeposition of Ni-Co Alloys with a Sulfamate Based Electrolyte; Journal of the Electrochemical Society, 7(170), S: 072507, 2023

[10] G. Schulze, H. J. Bargel: Werkstoffkunde; VDI-Verlag GmbH, Düsseldorf, 1988

[11] H. Fischer: Elektrolytische Abscheidung und Elektrokristallisation von Metallen; Springer Verlag, Berlin, 1954

[12] J. W. Dini: Electrodeposition: The Materials Science of Coatings and Substrates; Noyes Publications, Park Ridge, NJ, 1993

[13] C. F. Coombs Jr. (Hrsg.): Printed Circuits Handbook, McGraw-Hill Education, New York, 2007

[14] J. Rehbein: In-Situ Messungen der inneren Spannungen von Nickelüberzügen in Abhängigkeit von Anodenmaterial und Elektrolytzusammensetzung; Bachelorarbeit, Technische Universität Ilmenau, Dezember 2023

[15] Karl Nitzsche: Schichtmeßtechnik; Vogel Buchverlag, Würzburg, 1. Auflage 1997

[16] H. W. Dettner, J Elze: Handbuch der Galvanotechnik; Band II, Carl Hanser Verlag München, 1966; S. 85–136

1) TU Ilmenau, Fachgebiet für Elektrochemie und Galvanotechnik, Gustav-Kirchhoff- Straße 6, 98693 Ilmenau; Tel.: +49 3677/693102; www.tu-ilmenau.de/wt-ecg/; E-Mail: jonas.rehbein@tu-ilmenau.de

2) Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Mikrostrukturtechnik, Hermann-von-Helmholtz-Platz 1, 76344 Eggenstein-Leopoldshafen; www.imt.kit.edu; Tel.: +49 721/60823850; E-Mail: markus.guttmann@kit.edu

3) hpulcas GmbH, Frauensteiner Straße 107, 09599 Freiberg; www.hpulcas.com; Tel.: +49 3731/77494444; E-Mail: t.stuth@hpulcas.com

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