Nickel- und kobaltfreie schwarze Edelmetallschichten für dekorative Anwendungen

Oberflächen 10. 02. 2014
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Von Martin Stegmaier, Schwäbisch Gmünd

Schwarze Oberflächen sind vor allem im Innenbereich von Fahrzeugen, für Schmuck oder bei Haushaltswaren nach wie vor begehrt. In vielen Fällen verändert eine Lackierung das Aussehen und die Haptik der Oberflächen. Damit stellen Edelmetallschichten ohne Nickel oder Kobalt auf Basis von Ruthenium die ideale Lösung dar, die zudem wirtschaftlich interessant sind.

Nickel and Cobalt-free Black Noble Metal coatings for Decorative Applications

Black surface finishes are widely employed for vehicle interiors, for jewellery and for domestic appliances. In many cases, a painted finish serves to enhance the appearance and attractiveness in such settings. As such, noble metal-based coatings free from nickel or cobalt and based on ruthenium, offer an ideal solution and one which is economically attractive.

1 Einleitung

Ob im Autointerieur, bei Schmuckstücken wie Halsketten und Ringen oder ganz simpel bei den Knöpfen einer Jeanshose, der Trend zu schwarzen, elektrolytisch erzeugten Schichten bleibt ungebrochen. Um dieses elegante Schwarz zu erzeugen, werden entweder Nichtedelmetalle, wie zum Beispiel Zinn/Nickel, Zinn/Kobalt, Schwarz-Chrom, oder Edelmetalle, wie Gold, Palladium, Rhodium oder Ruthenium, eingesetzt. Die drei letztgenannten sind in diesem Zusammenhang besonders hervorzuheben. Sie erfüllen die Grenzwerte für die Öko-Tex-Norm beziehungsweise für die europäische Nickelverordnung. Sie sind somit hautfreundlich und hypoallergen.

Im vorliegenden Beitrag werden die verschiedenen Edelmetallelektrolyte zur Erzeugung von schwarzen Schichten gegenübergestellt. Dabei liegt das Augenmerk besonders auf den sauren und neutralen Schwarz-Ruthenium-Elektrolyten. Ohne Verwendung von kritischen, gesundheitsschädlichen Zusätzen konnten früher meist nur graue bis anthrazitfarbene Schichten aus Rutheniumelektrolyten abgeschieden werden. Mit Hilfe einer neuen Elektrolytgeneration lassen sich nun auch schwarze Schichten ganz ohne die gesundheitsschädlichen Zusätze erzeugen. Zur Benennung der exakten Farbe wird das CIE-L*a*b*-System zugrunde gelegt.

2 Farbmessung CIE-L*a*b*-System

Der L*a*b*-Farbraum ist ein Messraum (Abb. 1), in dem alle wahrnehmbaren Farben enthalten sind. Eine der wichtigsten Eigenschaften des L*a*b*-Farbmodells ist seine Geräteunabhängigkeit, das heißt, die Farben werden unabhängig von der Art ihrer Erzeugung und Wiedergabetechnik definiert.

Abb. 1: Farbmessung: CIE-L*a*B*-System 

Die entsprechende deutsche Norm ist DIN 6174 Farbmetrische Bestimmung von Farbmaßzahlen und Farbabständen im angenähert gleichförmigen CIELAB-Farbenraum. Jede wahrnehmbare Farbe im Farbraum ist durch den Farbort mit den Koordinaten {L*, a*, b*} definiert. In Anwendung der Gegenfarbentheorie liegen sich hier Grün und Rot auf der a*-Achse gegenüber. Die b*-Achse entspricht den Gegenfarben Blau und Gelb.

Die L*-Achse steht auf dieser Ebene senkrecht und gibt die Helligkeit wieder. Die L*-Achse kann auch als Neutralgrauachse bezeichnet werden, da sie die Endpunkte Schwarz (L = 0) und Weiß (L = 100) besitzt und die Zwischenwerte auf dieser Achse die Grautöne sind [1].

Die im weiteren Verlauf folgenden L*a*b*-Werte wurden mit einem Spektralphotometer (Abb. 2) ermittelt.

Abb. 2: Spektralphotometer 

3 Schwarze Nichtedelmetallschichten

Zur Erzeugung von anthrazitfarbenen bis schwarzen Schichten aus Nichtedelmetallelektrolyten können folgende Verfahren eingesetzt werden.

  • Nickellegierungselektrolyte zur Abscheidung von beispielsweise Zinn/Nickel
  • Kobaltlegierungselektrolyte zur Abscheidung zum Beispiel von Zinn/Kobalt
  • Chromelektrolyte auf Basis von sechs- beziehungsweise dreiwertigem Chrom
  • PVD (Physical Vapour Deposition)schichten auf galvanisch abgeschiedenem Chrom.

Durch PVD-Technik lassen sich sehr dunkle,­ abriebfeste Schichten erzeugen. Allerdings ist die Anlageninvestition hierfür relativ hoch und die Schichten sind somit dementsprechend teuer.

Die genannten galvanischen Schichten sind zwar kostengünstiger als PVD-Schichten, beinhalten jedoch meist problematische Stoffe wie Nickel oder Kobalt, kritische Stoffe bei der Herstellung, wie beispielsweise sechswertiges Chrom, oder sie müssen zudem noch versiegelt beziehungsweise ­lackiert werden. Unbehandelt würden diese Schichten korrodieren oder oxidieren.

4 Schwarze Edelmetallschichten

Zur Herstellung von schwarzen Edelmetallschichten kommen bevorzugt die Metalle Gold, Palladium, Rhodium und Ruthenium zum Einsatz. Aufgrund des hohen Edelmetallpreises liegen die erzeugten Schichtdicken meist nur bei etwa 0,1 µm. Schwarz-Rhodium wird vorwiegend zum selektiven Stiftgalvanisieren in der Schmuckindustrie eingesetzt, während Schwarz-Palladium beziehungsweise Schwarz-Ruthenium auch im Gestell- sowie Trommelbereich für Massenartikel verwendet wird.

Da Rhodiumschichten durch Entmetallisierung nicht entfernt werden können, gehen fehlerhafte Schichten beziehungsweise eine unzureichende Qualität immer mit einem Verlust der Rohteile einher. Rutheniumschichten lassen sich wie Chromschichten sehr leicht durch eine anodische Behandlung, beispielsweise in Entfettungslösungen, entfernen. Eine Nacharbeit ist ­somit sehr einfach durchzuführen.

Schwarz-Gold wird nur noch sehr wenig eingesetzt, da es entweder bis zu 50 % Nickel­ oder Kobalt als Legierungspartner in der Schicht aufweist. Damit sind die Schichten nicht anlaufbeständig und müssen lackiert werden. Neuere Elektrolyte zur Abscheidung von Schwarz-Gold basieren auf Goldsulfit; sie sind jedoch aufwendiger in der Handhabung.

Schwarze Platinschichten sind nicht bekannt. Silberschichten werden mit Schwefelleber (Kaliumpolysulfid) schwarz eingefärbt um einen Antik Look zu erzeugen, diese sind aber nur sehr dünn und kaum abriebbeständig. In Tabelle 1 sind einige Daten zu verschiede­nen Edelmetallschichten zusammengestellt.

4 Edelmetall Ruthenium

Vielen ist das Edelmetall Ruthenium noch relativ unbekannt. Es gehört jedoch wie Platin, Palladium und Rhodium zu den Platingruppenmetallen. Viele Jahre war der Preis mit etwa 2,- €/g äußerst niedrig. Ende 2006 schoss der Preis überraschend in die Höhe (Abb. 3). Ein wesentlicher Grund war die Information, dass Ruthenium die klassischen Metalle Platin oder Rhodium bei den Autoabgaskatalysatoren teilweise ersetzen könnte. Da sich dieses jedoch nicht bestätigte, fiel der Preis wieder. Aktuell (Stand Januar 2014) kostet Ruthenium 1,75 €/g und ist somit nach Silber das günstigste Edelmetall [2].

Abb. 3: Preisübersicht für Ruthenium in US$/Unze von Januar 2004 bis Januar 2014 [3] 

4.1 Saure Schwarz-Ruthenium-Elektrolyte

Schwarz Ruthenium-Elektrolyte werden­ schon seit langem für dekorative Anwen-
dungen eingesetzt. Bisher waren nur stark saure Elektrolyte auf dem Markt verfügbar, die durch ihren niedrigen pH-Wert von etwa 1 weniger korrosionsfeste Zwischenschichten und Basismaterialien stark angriffen. Die Elektrolyte sind außerdem empfindlich auf Kupferverunreinigungen. In der Regel muss deshalb auf Kupfer, Nickel und deren Legierungen eine korrosionsbeständige Zwischenschicht, wie zum Beispiel Gold, Palladium oder Palladium-Nickel, abgeschieden werden [4].

Die durch saure Elektrolyte erzeugten Schichten sind anthrazitfarben und weisen einen L*-Wert von minimal 60 auf. Dunklere­ Schichten konnten bisher nur durch den Einsatz von kritischen Schwärzezusätzen, wie zum Beispiel Thioharnstoff, erzeugt werden, oder durch Schwärzezusätze, welche die Abriebbeständigkeit drastisch reduzierten.

Neu entwickelte Schwärzezusätze für stark saure Rutheniumelektrolyte ermöglichen die Abscheidung von sehr dunklen Rutheniumschichten bis zu L*-Werten von 50 und darunter. Die maximal abscheidbare Schichtdicke ohne Risse ist vom L*-Wert abhängig. Je dunkler die Schicht, desto geringer ist die maximal abscheidbare Schicht­dicke und desto schlechter das Abriebverhalten.

4.2 Neutraler Schwarz-Ruthenium-Elektrolyt

Der pH-Wert liegt bei diesem neu entwickel­ten Elektrolyten im neutralen Bereich von 7. Es lassen sich Grundwerkstoffe wie Silber, Nickel, Kupfer oder Kupferlegierungen auch ohne eine kostspielige Zwischenvergoldung oder -beschichtung mit Palladium oder Palladium-Nickel direkt beschichten.

Somit kann auf der in der Bekleidungs­industrie eingesetzten Bronzeschicht direkt Ruthenium abgeschieden werden. Für metallisches Zubehör wie Knöpfe und Reißverschlüsse wurden im Rahmen des Öko-Tex®-Standard 100 Grenzwerte für Kobalt und Nickel festgelegt Es wird somit für die Bekleidungsindustrie immer schwieriger, das weitverbreitete Kobalt/Zinn-Verfahren für schwarze Schichten hier einzusetzen. Eine aufwendige Lackierung ist notwendig, um die Freisetzung von Kobalt von 1 mg/kg Ware, beispielsweise bei Babyware, zu garantieren.

Mit den neutralen Schwarz-Ruthenium-Elektrolyten lassen sich L*-Werte von etwa 65 erzielen. Die Schichten sind somit nicht so dunkel wie die mit den aus sauren Schwarz-Ruthenium-Elektrolyten erzeugten Schichten. Sie können aber in einem zweiten Schritt mit einem stark sauren und dunklerem Rutheniumelektrolyten nach­beschichtet werden.

Um die Ansatzkosten für einen Neuansatz geringzuhalten, besitzt der Elektrolyt nur noch einen Rutheniumgehalt von 2 g/l anstelle von 5 g/l Ruthenium. Dies ist speziell bei großen Elektrolytvolumen sehr wichtig.

5 Anwendungsbeispiele

Schwarz-Ruthenium-Schichten finden in der Schmuck- und Brillenindustrie seit langem ihren Einsatz. Auch in der Automobilindustrie wurden in der Vergangenheit für das Interieur schwarze Rutheniumschichten eingesetzt. So wurden beispielsweise Autotürgriffe mit (Abb. 4, Titelbild) Schwarz-Ruthenium beschichtet. Durch den zusätzlichen Bedarf einer Palladium- beziehungsweise Goldzwischenschicht fiel die Beschichtung jedoch einem Kostensenkungsprogramm zum Opfer. So wird derzeit Schwarz-Ruthenium nur noch bei wenigen Automobilen im Interieur eingesetzt; es ist aber durchaus für Metallteile der Bekleidungsindustrie (Abb. 5) einsetzbar.

Abb. 5: Muster der Bekleidungsindustrie, beschichtet mit Miralloy® und dem neutralen Rutheniumelektrolyten RUTHUNA® 490

6 Zusammenfassung

Mit der neuen Generation stark saurer Rutheniumelektrolyte lassen sich sehr dunkle – fast schwarze – Überzüge erzielen. Die Rutheniumschichten sind abriebbeständig und, obwohl es sich um ein Edelmetall handelt, relativ kostengünstig.

Mit neutralen Rutheniumelektrolyten kann auf Silber, Kupfer, Nickel, Nickel-Phosphor oder Bronze ohne eine teure Edelmetallzwischenschicht direkt abgeschieden werden. Die Schichten sind jedoch nicht so dunkel wie bei den sauren Elektrolyten. Werden dunklere Überzüge benötigt, so können die aus dem neutralen Rutheniumelektrolyten erzeugten Überzüge mit dem sauren Elektrolyten noch weiterbeschichtet werden.

Die Rutheniumschichten sind auch nach Temperaturauslagerungen farbstabil und benötigen keine anschließende Lackierung. Damit bleibt die metallische Haptik erhalten. Um die Oberfläche unempfindlich gegen Fingerabdrücke zu machen und den Abrieb zu minimieren, kann zusätzlich der Umicore-Anlaufschutz 616 PLUS aufgebracht werden.

Literatur

[1] Lab-Farbraum – Wikipedia

[2] A. Klotz: Edelmetalle und ihre Verfügbarkeit; PLUS, 2010, 10, S. 2187

[3] Johnson Matthey, Platinum 2014

[4] H. Kaiser: Edelmetallschichten; Eugen G. Leuze Verlag, Bad Saulgau, 2002, S. 59, ISBN 3-87480-173-X

 

Text zum Titelbild: Zinkdruckguss-Türgriffe, beschichtet mit Kupfer-, Nickel-, Palladium-Nickel- und dem sauren Rutheniumelektrolyten RUTHUNA® 479

 

 

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