Energiebeschaffung - und was die Branche sonst noch bewegt

Oberflächen 09. 02. 2023

Bericht über die ZVO-Oberflächentage 2022 – Teil 4

Die europäische Chemikalienverordnung REACh erfordert nach wie vor umfassende Entwicklungen in der Galvanotechnik, insbesondere, um den Einsatz von Chrom(VI)verbindungen zu reduzieren beziehungsweise auf das notwendige Maß zu reduzieren. Die vermutlich wichtigste Eigenschaft der Beschichtungen ist der Schutz von Grundmaterialien gegen Korrosion. Hierfür kommen in breitem Umfang Stoffe zum Einsatz, die als kathodischer Korrosionsschutz einer Auflösung unterliegen und so den Angriff des Substrats verhindern oder stark verzögern. Nach wie vor zählen vor allem Zink und Aluminium zu den bevorzugt eingesetzten Schichtwerkstoffen. Schließlich wurden auf den ZVO-Oberflächentagen 2022 interessante Verfahren und Geräte vorgestellt, durch die Beschichtungen und Oberflächenbehandlungen besser, schneller oder kostengünstiger durchgeführt werden können, vom Einsatz neuer Elektrolytsysteme über Ultraschall zur Verbesserung der Abscheidung bis hin zu effizienteren Technologien für die Aufarbeitung von Produktionsabfällen.

(Bilder: ZVO/Sven Hobbiesiefken)

Fortsetzung aus WOMag 12/2022

Chrom(VI) – wie geht es weiter?

Chrom(III) vs. Chrom(VI) – ­Schwerpunkt dekorative ­Anwendungen im Automobilbereich

Gesetzliche Auflagen, insbesondere die Chemikalienverordnung REACh, ein ­generelles Interesse an umweltfreundlichen ­Verfahren sowie Trends zur Individualisierung (Farbe) und spezielle Anforderungen an den Korro­sionsschutz zählen zu den Auslösern für eine zunehmende Anwendung von Chrom(III)verfahren in den letzten Jahren. Rolf Pofalla von der MacDermid Enthone GmbH wies in seinen Ausführungen darauf hin, dass sich dreiwertige Chromverfahren hinsichtlich der erzielbaren Schichteigenschaften je nach Verfahren mehr oder weniger stark von Schichten aus Prozessen auf Basis von Chrom(VI) unterscheiden. Wichtige Kriterien bei der Implementierung eines oder auch mehrerer geeigneter Chrom(III)verfahren sind die unterschiedlichen Anforderungen der OEM-Spezifikationen.

Die unterschiedliche Elektrolytzusammensetzung und die Verfahrenswartung einschließlich unterschiedlicher Anlagenkomponenten bei dem Betrieb von Chrom(III)verfahren, inklusive einer REACh-konformen Nachbehandlung, erfordern bei der Implementierung von Verfahren auf Basis von Chrom(III) eine sorgfältige Planung. Und mit zunehmenden Anwendungen dieser Verfahren stehen darüber hinaus umwelttechnische Gesichtspunkte, wie beispielsweise Abwasserbehandlung, Energiebedarf und Anodenstandzeit stärker im Fokus und sind ebenfalls wichtige Kriterien bei der Entwicklung von neuen, optimierten Verfahren.

Chemisch-galvanische ­Beschichtung ­additiv gefertigter Kunststoffteile ohne Chrom(VI)

Die additive Fertigung von Bauteilen aus Kunststoffen hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Zwar ist auch der 3D-Druck von Metallen mittlerweile ­etabliert, steht technisch jedoch im Vergleich zu Kunststoffen vor wesentlich größeren Hürden. So begrenzen zum Beispiel hohe Temperaturwechsel die Verfahrensgeschwindigkeit.

Umso mehr sind Kombinationsverfahren interessant, die auf der Fertigung von Kunststoffbauteilen mit anschließender Metallbeschichtung basieren; sie können in vielen Fällen Vollmetallteile bei geringeren Kosten und meist besseren Oberflächenqualitäten ersetzen. Dr. Jürgen Hofinger, Biconex GmbH, befasst sich seit mehreren Jahren intensiv mit der Entwicklung von Verfahren zur Metal­lisierung von Kunststoffen ohne den Einsatz von umwelt- und gesundheitskritischen Substanzen. Voraussetzung für einen praxisfähigen Einsatz von Kunststoff mit Metallschichten ist eine ausreichende Schichtdicke, für die vor allem die galvanische Abscheidung prädestiniert ist sowie ein Verfahren, das ohne die Verwendung von Chromtrioxid auskommt.

Die verschiedenen Verfahren der additiven Fertigung für Kunststoffbauteile unterscheiden sich nicht nur in der Oberflächenstruktur, sondern auch durch die verschiedenen verwendeten Kunststoffe. Neben ABS und ­Polyamiden werden unterschiedliche Materialien verarbeitet, die oft nur über Handelsnahmen identifiziert werden können und deren Zusammensetzung nicht genau bekannt ist. Dies stellt gerade für die Vorbehandlung vor der Beschichtung eine Herausforderung dar. Es gibt verfahrensabhängig jedoch noch weitere Hürden, wie größere Hohlräume, die zu einer Verschleppung von Elektrolytflüssigkeiten führen und die nachfolgenden Prozessschritte durch unkontrollierte Freisetzung vor allem lokal beeinträchtigen.

Dr. Hofinger vergleicht und bewertet die verschiedenen Strategien und Verfahren zur chemisch-galvanischen Beschichtung von 3D-gedruckten Kunststoffbauteilen. Neben den Einflussgrößen und Ansätzen zur Vorbehandlung von verschiedenen gängigen Materialien und den damit erzielten Haftfestigkeiten spielen die Möglichkeiten und Grenzen zur Optimierung der Oberflächenqualität durch Veredelungsschritte nach dem eigentlichen 3D-Druck eine wichtige Rolle. Dies hat der Vortragende in den letzten Jahren an konkreten Bauteilen untersucht und zahlreiche Möglichkeiten für deren Einsatz qualifiziert.

Galvanisch ­abgeschiedene Fe-Cr-Ni-Legierungen

Vanessa Meinhold MSc., Technische Universi­tät Chemnitz, Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik, bot in ihrem Vortrag eine mechanistische Betrachtung der Abscheidung einer Eisen-Chrom-Nickel-Legierung aus einem Elektrolyten auf Basis von Chrom(III)verbindungen.

Motivation für die Durchführung der geschilderten Untersuchungen war, dass eine Legierungsabscheidung durch die Schonung von Ressourcen zu mehr Nachhaltigkeit führt. Hochlegierte Stähle wie 1.4301 (FeCr18Ni8) werden als Bulkwerkstoff standardmäßig für Anwendungen eingesetzt, die hohe Anforderungen an die Korrosions- und Verschleißbeständigkeit stellen. Eine Konstruktion aus kostengünstigeren Werkstoffen wie niedriglegierten Stählen mit metallischen Fe-Cr-Ni-Überzügen (abgeschieden aus nicht-toxischen Chrom(III)elektrolyten) können einen Ersatz darstellen und erheblich Kosten senken. Eine galvanische Abscheidung dieser Legierung ist daher von großem wirtschaftlichem Interesse.

Die in einem entsprechenden Elektrolyten enthaltenen Elemente Chrom und Nickel sind in der Lage, durch ihre Passivierung hohe Korrosionsbeständigkeiten und durch ihre geringe adhäsive Neigung eine hohe Verschleißbeständigkeit zu bewirken. Des Weiteren bieten diese Legierungsschichten neben den erwähnten Eigenschaften eine Substitu­tionsmöglichkeit von Schichten, die bisher aus REACh-regulierten Chrom(VI)elektrolyten abgeschieden werden. Gegenüber klassischen Schichten aus Chrom(VI)verfahren bietet eine direkte Applikation von rissfreien und dicken Fe-Cr-Ni-Schichten (bei Schichtdicken von mehr als 10 µm) den Vorteil, dass aufwändige und teure Zwischenschichten aus Kupfer und Nickel nicht mehr benötigt werden.

Die von der Vortragenden durchgeführte mechanistische Betrachtung der unterschiedlichen Prozesse während der Abscheidung liefert einen vertieften Einblick in die Vorgänge der Abscheidung aus Chrom(III)elektrolyten, insbesondere für den Fall der Fe-Cr-Ni-Legierungsabscheidung. Durch Variation von Elektrolyt- und Beschichtungsparametern ist es möglich, Schichtzusammensetzung und Schichteigenschaften zu beeinflussen und zu optimieren.

Verbot von Chrom(VI)verfahren im Tiefdruck

Dr. Julius Gröne, Matthews International, bot mit seinem Vortrag einen Einblick in die aktuelle Situation im Tiefdruck, die sich aus den Bemühungen zur Vermeidung der Chrom­abscheidung aus Chrom(VI)verfahren ­ergibt. Im Tiefdruck werden Stahlwalzen ­verkupfert und anschließend bebildert. Die ­Bebilderung erfolgt in der Regel mittels Laser, elektromechanischer Gravur oder durch ­Autotypie. Abschließend wird die bebilderte Oberfläche verchromt. Ein im Tiefdruck seit langer Zeit etablierter Prozess ist hierbei die Beschichtung dieser Walzen mittels sechswertigem Chrom zur Herstellung einer verschleißstabilen Schicht.

Aufgrund des Verbots von sechswertigen Chromelektrolyten müssen neue Schichtsysteme gefunden werden. Diese müssen bei den relevanten Eigenschaften vergleichbar sein und sollten auch zu vergleichbaren Kosten anwendbar sein.

Viele Ansätze, wie beispielsweise mit harten Partikeln dotierte Nickelschichten, sind hier aufgrund der zusätzlichen Gravur nicht möglich. Um Fehler in der Bebilderung zu vermeiden, muss die abgeschiedene Schicht homogen sein. Somit ergibt sich die Notwendigkeit eines alternativen Prozesses. Hierfür muss unter anderem untersucht werden, welche Eigenschaften der aus einem sechswertigen Elektrolyten abgeschiedenen Chromschicht unverzichtbar sind.

Auch andere Prozessparameter wie das Rakel oder Gravursysteme können das Ergebnis beeinflussen. So können sich unter Umständen durch die Abkehr von Chrom(VI) auch neue Chancen und Möglichkeiten ergeben.

Kathodischer Korrosionsschutz

Abscheidung von ­Aluminiumlegierungen für den kathodischen Korrosions­schutz von Stahl

Aluminium und seine Legierungen weisen vielseitige Eigenschaften auf und sind wichtige Materialien für eine Vielzahl industrieller Anwendungen. Insbesondere das hohe Leichtbaupotenzial und die hohe Korrosions­beständigkeit zeichnen Aluminiumwerkstoffe aus. Galvanisch abgeschiedene Aluminiumwerkstoffe – eine Technologie, mit der sich Dr. René Böttcher von der Technischen Universität Ilmenau befasst – eröffnen zudem die Möglichkeit zum Ersatz von durch REACh betroffene, umweltbedenkliche Werkstoffe, wie zum Beispiel Cadmium.

Aufgrund seines stark negativen Standardpotenzials (-1,66 V gegen NHE) ist eine elektrochemische Abscheidung von Aluminium und seinen Legierungen aus wässrigen Medien nicht möglich. Technologien auf nichtwässriger Basis zeichnen sich dagegen durch ein großes elektrochemisches Fenster von einigen Volt aus. Sie sind ihrerseits allerdings oft begrenzt durch teure und vor allem hochentzündliche Chemikalien (z. B. SIGAL- und REAL-Prozess). Hohe Investitionskosten für Prozess- und Anlagentechnik sind die Folge.

Ionische Flüssigkeiten bieten die Möglichkeit, reaktive Metalle bereits bei Raumtemperatur abzuscheiden. Sie weisen sehr geringe Dampfdrücke auf und sind nicht brennbar. Darüber hinaus zeigen sie eine gute Löslich­keit für zahlreiche Metallsalze und geringere Unterschiede in den Abscheidepotenzialen der Metalle. Dadurch ist es möglich, unterschiedliche Legierungen mit ­verschiedensten Eigenschaftsprofilen abzuscheiden. Durch kontinuierlich sinkende Kosten bieten ionische Flüssigkeiten interessante Perspektiven für industrielle Anwendungen. Damit rücken diese Abscheidetechnologien zunehmend in den Fokus einer akzeptablen Alternative für den kathodischen Korrosionsschutz von hochfesten Stählen. Allerdings sind Entwicklungs­aktivitäten erforderlich, um die optimalen Zusammensetzungen der Elektrolytsysteme zu ermitteln sowie durch passende Überwachungsverfahren das Hochskalieren vom Labormaßstab in die Anwendung vornehmen zu können. Die Entwicklungsarbeiten umfassen darüber hinaus die Ermittlung der optimalen Anlagentechniken sowie der Voraussetzungen für eine Prozessstabilisierung.

Beschichtung hochfester Bauteile

Die Anforderungen an die Beschichtung von hoch und höchstfesten Bauteilen nehmen durch gestiegene Anforderungen im Automobilbau und bei Bauwerken, zum Beispiel beim Brückenbau, nach Aussage von Karsten Stamm, WKLM Werkstoff- und Korrosionslabor Marienheide, deutlich zu. Die Festigkeiten der Bauteile liegen deutlich über 1000 MPa und somit im kritischen Bereich eines möglichen durch Wasserstoff (Prozess/Betrieb) verursachten Ausfalls.

Karsten Stamm ging in seinen Ausführungen auf die Vor- und Nachteile für den Beschichter anhand von realen ­Schadensfällen der letzten Jahrzehnte ein. Dies betrifft neben Bauteilen und deren Besonderheiten auch die Fehler der Beschichter, vom Angebot bis hin zur Beschichtung. Der Vortragende ging darauf ein, wie Reklamationen vermieden werden können, indem beispielsweise die erforderlichen Grundlagen im Vorfeld ausreichend geklärt werden.

Vermeidung potenzieller Wasserstoff­versprödung bei ­hochfesten ­Verbindungselementen

Bastian Bußmann von der Hillebrand Chemicals GmbH beschäftigt sich mit der Qualitätssicherung bei der Oberflächenbehandlung von hochfesten Verbindungselementen. Bei diesen stellen neben dem kathodischen Korrosionsschutz funktionelle Eigenschaften einen wichtigen Bestandteil eines Oberflächenschutzsystems dar. Dabei steht bei der galvanischen Oberflächenbehandlung immer wieder das Risiko von wasserstoffinduzierten Sprödbrüchen im Fokus, die sowohl durch die Beschichtung als auch durch die Vorbehandlung hervorgerufen werden können.

Neben verschiedenen Entfettungsschritten durchläuft das Material eine Beizbehandlung. Dieser Prozessschritt wird allgemein als besonders kritisch in Bezug auf die Gefahr von Wasserstoffversprödung angesehen, da hier die Bauteile mit einer starken Säure, zum Beispiel Salzsäure, behandelt werden. Es besteht die Gefahr, dass atomarer Wasser­stoff in das Metallgitter des Bauteils eindiffundiert und im Betrieb zu ­Schädigungen führt. Dieses Risiko erhöht sich, je höher die Festigkeit der Bauteile ist. Im Allgemeinen wird hier als Grenze eine Zugfestigkeit > 1000 MPa genannt. Es werden entweder Maßnahmen zum Austreiben von eventuell eingebrachtem diffusiblem Wasserstoff erforderlich (in der Regel ein Tempern) oder es sind prozessbegleitende Prüfungen zur Risikobewertung durchzuführen beziehungsweise eine Kombination beider Maßnahmen.

Beispiel für die Wirkung von Wasserstoff beim Beizen mit Lösungen unterschiedlicher Zusammensetzung (Bild: B. Bußmann)

 

Um das Risiko zu minimieren, beschäftigt sich die Hillebrand-Gruppe seit Jahren mit diesem Thema, speziell mit verschiedenen Analysemethoden, die das Risiko eines wasser­stoffinduzierten Sprödbruchs bewerten. Zu diesen Methoden zählt unter anderem die Permeationsmessung. Die C-Ringmethode ist ein weiteres Hilfsmittel, um die tatsächliche Gefahr einer möglichen Wasserstoffversprödung zu bewerten. Dabei wird geprüft, ob der C-Ringprüfkörper nach dem Beizprozess den Ausgangszustand wieder erreicht. Weiterhin wurden die C-Ringprüfkörper unterschied­lichen Zuständen (der Beize) ausgesetzt, um eine Korrelation hinsichtlich des Bruchverhaltens und der Permeation herzustellen.

Mit dieser Vorgehensweise lassen sich zum Beispiel die Wirkung von Inhibitoren in Beizen abschätzen und die optimale Konzentration der Inhibitoren ermitteln. Bastian Bußmann verfügt hier über eine umfangreiche Datensammlung mit detaillierten Angaben zu den Zusammenhängen bei unterschiedlichen Parametern.

Hinweis der Redaktion: Ein ausführlicher Fachbeitrag von Bastian Bußmann zum Thema wurde in der WOMag 1-2/2022 veröffentlicht; https://www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2022/01-02/06_bussmann_wasserstoff_1-2j2022/06_bussmann_wasserstoff_1-2j2022.php

Kurzzeitkorrosionstests und ­deren Leistungsfähigkeit

Die Bewertung von Korrosionsschutzsystemen erfolgt häufig über mehr oder weniger feldnahe Korrosionsprüfungen, wie beispielsweise Salzsprühnebel- oder Klimawechseltests, wie Prof. Dr. Andreas Bund, TU Ilmenau, einleitend betonte. Die Prüfzeiten solcher Verfahren liegen in der Größenordnung von Tagen bis Wochen. Für die schnelle Bewertung des Korrosionsschutzes wäre ein Kurzzeittest überaus wünschenswert. Idealerweise würde dieser innerhalb von Minuten eine zuverlässige Aussage über den Korrosionsschutz im Feld liefern. Da Korrosion jedoch eine Systemeigenschaft ist, wird ein Schnelltest in der Regel nur begrenzte Aussagekraft für die spätere technische Anwendung haben.

Die Basis für derartige Schnelltests sind in der Regel Verfahren, die elektrochemische Grundlagen nutzen, zum Beispiel Kennwerte aus Polarisationsmessungen oder der Impedanzspektroskopie. Polarisationsmessungen lassen sich einfach und mit relativ ­geringem Zeitrauwand ausführen, lassen aber kaum Aussagen für das Verhalten im Feld zu. Bezüglich der Messtechnik ist die Impedanzspektroskopie erheblich aufwändiger, aber auch im Hinblick auf das Verhalten im Feld ist sie kritisch zu sehen. Ein weiteres Verfahren richtet sich auf die Bestimmung des Korrosionswiderstands; bei diesem treten jedoch unter anderem Verfälschungen durch Deckschichten oder Korrosionsprodukte auf und führen zu unterschiedlichen Beurteilungen.

Es zeigt sich allein schon aus diesen Beispielen, dass eine einfache Methode mit starker Aussagekraft für das Verhalten im Feld kaum möglich ist, wozu sicher auch die Komplexität der großen Zahl an unterschiedlichen Systemzuständen eines Korrosionsverlaufs beiträgt.

Aluminiumlegierungen als REACh-konforme Alternative zu Cadmium

Aus Umwelt- und Arbeitsschutzgründen sowie aufgrund von gesetzlichen Vorgaben, zum Beispiel durch die Verordnung REACh, soll in Zukunft bei Airbus kein Cadmium für den Korrosionsschutz von Stahl eingesetzt werden. Mit diesem Thema befasst sich Oliver Rohr, Airbus Defence and Space GmbH. Eine mögliche Alternative zu Cadmium könnten Schichten aus Aluminiumlegierungen sein, die derzeit von Airbus in einem Verbundprojekt zusammen mit Partnern aus der Industrie und Forschung untersucht werden. Neben Cadmium soll im Übrigen auch auf Passivierungen auf Basis von Chrom(VI)verbindungen zukünftig verzichtet werden.

Als Ersatz für Cadmium kommen Schichten aus Aluminiumlegierungen als auch Zink-­Nickel-Schichten in Betracht, für die bereits Abscheideverfahren verfügbar sind. Zur Herstellung von Aluminiumschichten stehen unterschiedliche Ansätze zur Auswahl. Ziel ist es, die Aluminiumlegierung durch Zugabe von Legierungselementen so einzustellen, dass ein Korrosionspotenzial in Meerwasser zwischen -800 mV bis -900 mV (gegen Ag/AgCl-
Elektrode) entsteht. Ein geringes Potenzial erhöht den Verbrauch der Aluminiumschicht und ein höheres Potenzial schützt das Stahlsubstrat nicht ausreichend gegen Korrosion. Diese Anforderungen werden durch die Legierungselemente Indium, Gallium, Chrom, Zinn, Silizium und Zink mit Anteilen zwischen 0,1 % und 5 % erfüllt.

Morphologie der verschiedenen Schichtsysteme (Bild:O. Rohr)

 

Die durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass bei der Abscheidung mittels PVD/IVD die Legierung aus Aluminium und Zinn und im Falle der elektrochemischen Abscheidung aus Aluminium und Zink die besten Aussichten für einen Ersatz von Cadmium besitzen. Zur Bewertung der Beschichtungen wurden die Morphologie und Zusammensetzung der Schichten, die Schichthaftung und das Korrosionsverhalten betrachtet. Für die Korro­sionsbeständigkeit ergaben sich bei der Aufbringung von Aluminium durch IVD (IVD – Ion Vapour Deposition) geringere Werte als für die Beschichtung mit Aluminium-Zink; beide Schichtsysteme schnitten dabei schlechter ab als Cadmium. Für Verbindungselemente wurde eine PVD-Trommelbeschichtung mit Aluminium-Zinn gewählt. Hier zeigte sich zwar grundsätzlich die Machbarkeit, allerdings mit starken Schwankungen in der Dicke der Schichten.

Alkalische Zink-Nickel-Elektrolyte

Wie Marco Rösch, SurTec International GmbH, betonte, unterliegen konventionelle alkalische Systeme zur Abscheidung von Zink-­Nickel einer Reihe von Herausforderungen. So ist es erforderlich, die Elektrolyte auf eine Arbeitstemperatur von unter 27 °C zu halten, was erhebliche Kühlleistungen erfordert. Zudem sind die anwendbaren Stromdichten auf Werte von etwa 2 A/dm2 begrenzt, wobei die mittlere Stromausbeute bei etwa 50 % liegt und diese einer Abnahme mit zunehmendem Elektrolytalter unterliegt. Schließlich ist es notwendig, die Elektrolyte kontinuierlich zu regenerieren, um die sich bildenden Abbauprodukte wie Oxalat, Carbonat, Sulfat und Cyanid abzureichern. Als Regeneration kommen das Verdünnen sowie das Ausfrieren in Betracht, wodurch wiederum Kosten für die benötigte Energie anfallen. ­Verbesserungen treten durch die Verwendung von Membran­anoden ein, die jedoch relativ hohe Investitionen voraussetzen.

Schichtdickenverteilung und Stromausbeute eines Elektrolyten neuester Generation durch ­Alterung (Bild: M. Rösch)

 

Ein neues Elektrolytsystem vereinfacht das Entfernen von Sulfat, Carbonat und Oxalat, die bereits bei Temperaturen von 7 °C bis 10 °C entfernt werden können. Der Cyanidgehalt kann durch eine regelmäßige Regeneration drastisch gesenkt werden. Das System zeichnet sich nach Aussage des Vortragenden bei ordnungsgemäßem Einsatz durch eine sehr hohe Standzeit mit konstanten Abscheidebedingungen sowie eine optimale Metallverteilung aus.

Zinklamellenbeschichtung mit ­reduzierter Härtungstemperatur

Zinklamellensysteme sind vor allem für die Beschichtung von Kleinteilen wie Schrauben und Federn eine gute Wahl. Die Härtung der Beschichtung erfolgt bei Temperaturen um 200 °C. Für Bauteile, die aufgrund des eingesetzten Grundwerkstoffs oder einer ungünstigen Geometrie für die Härtung in entsprechenden Öfen nicht geeignet sind, bietet sich ein neues Beschichtungssystem an, das Markus Nowak, Dörken Coatings GmbH & Co. KG, vorstellte.

Das neue Zinklamellensystem ermöglicht das Trocknen bei Raumtemperatur in einem Zeitraum von 20 Minuten bis 60 Minuten. In den darauffolgenden Tagen erfolgt die finale Aushärtung; in der Regel ist das Beschichtungsmaterial nach etwa sieben Tagen vollständig vernetzt. Erreicht wird dies durch eine Poly­merisationsreaktion, die durch Luftfeuchtig­keit angestoßen wird und keine Wärme benötigt. Die Trocknungszeit kann durch forcierte Trocknung (80 °C) auf zehn Minuten verringert werden und ist damit um 120 °C niedriger als beim klassischen Einbrennsystem.

Dadurch ergibt sich vor allem ein deutlicher Vorteil aufgrund der eingesparten Wärme­energie, wodurch die Kohlenstoffdioxidbilanz des Gesamtprozesses verbessert wird. Darüber hinaus wird der Einsatzbereich der Beschichtung erweitert: bei der Instandhaltung im architektonischen Bereich, dem Anlagenbau, aber auch in der Elektromobilität und in der Automobilzulieferindustrie.

Die hergestellten Beschichtungen erreichen unter Laborbedingungen im Salzsprühnebel­test gemäß DIN EN ISO 9227 mindestens 720 Stunden ohne Grundmetallkorrosion. Zusätzlich kann ein passender Topcoat appliziert werden, der den Korrosionsschutz erhöht und weitere Eigenschaften wie Optik und Haptik verbessert.

Kontaktkorrosion von Zinklamellen­oberflächen in ­verschiedenen ­korrosiven Umgebungen

Eine weitere Betrachtung der Zinklamellenbeschichtung bot Florian Feldmann, ebenfalls von der Dörken Coatings GmbH & Co. KG, mit seinen Untersuchungen zum Korrosionsverhalten von diesen Schichten in unterschiedlichen Umgebungen. Diese werden in breitem Umfang für Bauteile in und an Autos, Windkraftanlagen oder Brücken eingesetzt. Wie er betonte, kommt in Automobilen den Schichten beispielsweise die Aufgabe zu, den Leichtbau zu realisieren durch das miteinander Verbauen von verschiedenen Werkstoffen. Die Kontakte unterschiedlicher Metalle können jedoch zu erhöhter Korrosion in der jeweiligen Anwendung führen, weshalb die Auswahl von geeigneten Materialkombinationen oder Oberflächenbeschichtungen von entscheidender Bedeutung ist.

Korrosionserscheinungen von Feuerverzinkungen mit Schutzschichten (Bild: F. Feldmann)

 

Der Fokus der Untersuchungen, die Florian Feldmann vorstellte, lag aus diesem Grund auf dem Verhalten unterschiedlicher Werkstoffkombinationen in korrosiver ­Umgebung. Betrachtet wurden auch der Einfluss des Flächenverhältnisses auf die Kontaktkorrosion sowie der Korrosionsschutz durch konstruktive Maßnahmen. Auch wenn die Kontaktkorrosion in den meisten Fällen auf Metalle bezogen wird, können auch Kontakte mit unterschiedlichen Holzarten sowie einem Verbau mit Gummi, die ebenfalls zu aggressiven korrosiven Bedingungen führen können, vergleichbare Schädigungen der Werkstoffe hervorrufen.

An zahlreichen Beispielen zeigte der Vortragende die Wirkung der ­Werkstoffkontakte sehr deutlich auf und belegte zugleich die Schutzwirkung der Zinklamellenbeschichtungen. Die Beschichtungen verbessern die Beständigkeit sowohl von Grundwerkstoffen wie Aluminium oder Edelstahl als auch die der gängigen Beschichtungen wie Zink aus galvanischen oder Schmelztauchverfahren.

Ergänzende Technologien

Elektropolieren mit ionischen Flüssigkeiten

Titan- und Palladium-Weißgold-­Legierungen werden vor allem in der Biomedizintechnik beziehungsweise in der Schmuckindustrie eingesetzt. Eine ebene Oberfläche mit sehr geringer Rauheit bietet bei diesen Metallen sowohl einen verbesserten Korrosionsschutz als auch eine geringe Gleitreibung, was eine erhöhte Lebensdauer von Bauteilen ermöglicht. Darüber hinaus verbessert die positive optische Erscheinung die Wertigkeit der ­Produkte.

Das Elektropolieren, mit dem sich Lucia Nascimento, TU Ilmenau, befasst, erlaubt es, die Oberflächengüte von komplexen Werkstücken vergleichsweise einfach und kosteneffizient zu erhöhen. Gegenüber herkömmlichen mechanischen Polierverfahren wird sowohl eine geringere Rauheit erzielt als auch der erforderliche Bearbeitungsaufwand verringert. Allerdings müssen für die Bearbeitung von Titan- und Palladium-Weißgold-Legierungen die gebräuchlichen wässrigen Elek­trolyte deutlich modifiziert werden, nicht zuletzt um die Entwicklung toxischer Verbindungen bei der Verwendung der Elektrolyte zu vermeiden.

Ionische Flüssigkeiten (ILs) und tiefeutektische Schmelzen (DES) wie Cholinchlorid-
Ethylenglykol haben den Vorteil, dass sie ein breiteres elektrochemisches Potenzialfenster und damit eine höhere Stabilität als wäss­rige Lösungen aufweisen. Lucia Nascimento zeigte an ihren Versuchsergebnissen auf, mit welchen Zusammensetzungen und Arbeitsparametern die besten Polierergebnisse bei Titan- und Palladium-Weißgold-Legierungen erzielt werden.

Roboterzelle für das ­automatisierte Bestücken von Galvanikgestellen

Galvanikgestelle werden nach wie vor fast ausschließlich von Hand bestückt. Damit ist die Bestückung einer der arbeitsintensivsten Prozessschritte der galvanischen Beschichtung, der sich in hohem Maße auf die Stückkosten in Galvanikbetrieben auswirkt. Eine automatische Bestückung, mit deren Realisierung sich Markus Roth von der Roth Technik GmbH befasst, scheiterte bisher an den besonderen Anforderungen von Galvanik­betrieben.

Markus Roth ging in seinen Ausführungen auf die Entwicklung einer flexiblen Roboterzelle für das Be- und Endstücken von Galvanikgestellen ein. Dazu müssen beispielsweise Lösungen gefunden werden für das Erkennen der häufig großen Zahl an unterschiedlichen Gestelltypen, den variierenden Zustand der Kontakthaken an den Gestellen oder für die hohe Zahl an unterschiedlichen, zu bearbeitenden Teilen. Des weiteren müssen Roboterzellen einfach zu bedienen und resistent gegen die zum Teil rauen Arbeitsatmosphären in Galvanikbetrieben sein. Optimale Lösungen, die zum Beispiel aus zwei unabhängigen Roboterzellen mit vier Robotern bestehen können, erzielen einen Bestückungstakt von etwa 2,5 Sekunden pro Teil. Als Erweiterungen der Bestückung ist eine Integration von Arbeitsschritten wie Verpacken, Markierung oder unterschiedliche Prüfverfahren möglich.

Bereits in der Anwendung befindliche Roboterzellen für das Bestücken von Galvanikgestellen (Bild: Roth Technik)

 

Akustische Beschleunigung elektrochemischer Beschichtungsprozesse – Teil 1: Modelltechnische Beschreibung

Die Abscheidegeschwindigkeit galvanischer Verfahren wird in den meisten Fällen durch Diffusionsprozesse an der Elektroden-Elektrolyt-Grenzfläche bestimmt. Der Effekt wird durch die Geometrie eines dreidimensionalen Bauteils weiter verstärkt und die stromdichtebedingte ungleichmäßige Schichtdickenverteilung zusätzlich erhöht. Als Lösungsmöglichkeit dieser Herausforderungen bietet sich die Unterstützung der Prozesse mittels Ultraschall an, die an der Hochschule Coburg in einer Arbeitsgruppe mit Johannes Landskron und Dr. Steffen Link, Dr. O. K. Wack Chemie GmbH, untersucht wird; im ersten Teil des Vortrags erläuterte Johannes Landskron die erarbeiteten Erkenntnisse.

Ultraschall kann den Autoren zufolge einen positiven Einfluss auf diverse Schichteigenschaften haben, zum Beispiel eine höhere Härte, und die Prozesseffizienz steigern. Eine Sonderform des Ultraschalls sind geführte akustische Wellen (GAW). Die oszillierende Oberfläche erzeugt eine Wirbelströmung an der Elektrode-Elektrolyt-Grenzfläche, was zu einer Verringerung der Ausdehnung der Nernstschen Diffusionsschicht führt. Weiterhin können dadurch gezielt die Konzentrationsprofile an der Elektrodenoberfläche manipuliert werden, wodurch sowohl höhere Stromdichten für die Abscheidung als auch homogenere Schichtdickenverteilungen erzielt werden können. Die Herausforderung besteht vor allem in der Wahl der Schalleinbringung in den entsprechenden Elektrolyten. Dazu wurden umfangreiche Untersuchungen durchgeführt, um die Wirkung des Schalls in Abhängigkeit von der Schallquelle zu ermitteln. Die Beeinflussung der Strömung in Elektrolyten lässt sich zum Beispiel durch die Einbringung von kleinen Partikeln sichtbar machen. Damit lässt sich die Erhöhung des Elektrolytaustauschs an einer Bauteiloberfläche nachweisen. Des Weiteren kann eine Änderung der Grenzstromdichte, zum Beispiel beim Elektropolieren, durch Ein- oder Ausschalten der Beschallung aufgezeichnet werden.

In einem FEM-Modell wurden Aspekte wie Schallanregung, Schwingungsprofile an den Bauteiloberflächen, die akustisch induzierten Strömungen und der verbesserte Ionentransport im Elektrolyten sowie das Schichtwachstum an der Elektrode theoretisch untersucht. Durch ein Laser-Doppler-Vibrometer wurden die simulativ bestimmten Bauteilschwingungen experimentell validiert. Die akustisch induzierten Wirbelströmungen an der Elektrodenoberfläche wurden mittels Particle-Image-Velocimetry visualisiert. Diese Ergebnisse zeigen eine sehr gute Übereinstimmung von Simulation und Experiment.

Akustische Beschleunigung ­elektrochemischer Prozesse – Teil 2: Experimentelle Validierung

Im zweiten Teil des Doppelvortrags befasste sich Dr. Steffen Link, Dr. O. K. Wack Chemie GmbH, mit der Validierung der akustisch induzierten Strömungen auf Basis der GAW-Technologie. Das Verfahren wurde anhand verschiedener Abscheidungsprozesse, wie schwefelsaurer Kupfer-, Watts-Nickel- und chemisch abscheidender Nickelsysteme untersucht und mit den Ergebnissen der ­Simulationen verglichen.

Im Falle einer Kupferabscheidung zeigt sich zum Beispiel, dass für ein optimales Ergebnis eine leichte Rührung/Umwälzung des Elektrolyts von Vorteil ist. Bei einer optimalen Schallausbreitung und Konvektion des Elektrolyten ist eine Erhöhung der Stromdichte um den Faktor 4 gegenüber einer Abscheidung ohne Beschallung erzielbar. Allerdings erfordert die Reduzierung der Schichtdickenüberhöhung an Kanten eine Optimierung der Verwirbelung im Elektrolyten.

Gegenüberstellung der Stromkurven aus der Simulation und dem Experiment (Bild: J. Landskron)

 

Bei der chemischen Nickelabscheidung führt eine optimale Beschallung zur Abfuhr von Gasblasen an der Oberfläche sowie zur Erhöhung der Abscheidegeschwindigkeit von bis zu 50 %. Zudem kann die Elektrolyttemperatur für die chemische Nickelabscheidung bei fast unveränderten Parametern um bis zu 15 °C reduziert werden.

PACVD- und Nitrierverfahren als Verschleiß- und Korrosionsschutz

Wie Dr. Annika Wagner, Strobl Rübig GmbH & Co KG, einleitend betonte, gehören Hydraulikzylinder zu den Hauptprodukten in der Fluidtechnik. Während ihrer Einsatzdauer sind Kolbenstangen Verschleißbeanspruchungen und korrosiven Umgebungen ausgesetzt. Um eine lange Lebensdauer der Kolbenstangen und Dichtungen zu ­erreichen, ist eine geeignete ­Oberflächenbehandlung zum Korrosions- und Verschleißschutz entscheidend. Neben einer guten Korrosionsbeständigkeit müssen die Beschichtungen eine hohe Oberflächenhärte (850 HV bis 1200 HV) und eine niedrige Rauigkeit (z. B. Ra 0,05 µm bis 0,3 µm) aufweisen, um Dichtungs- und Schichtverschleiß zu minimieren.

Durch Nitrieren, in der Regel mittels Gasni­trieren (durch Ammoniak (NH3)) und Plasma­nitrieren (durch Stickstoffgas (N2)), lässt sich die Randschicht mit Stickstoff anreichern. Die Eindiffusion von Stickstoff in Stähle führt dabei zur Härtung der Randzone. Bei diesem Prozess wird atomarer Stickstoff in Zwischengitterplätze eingelagert, wobei der größte Beitrag zur Härtesteigerung durch die Nitridbildung mit Legierungselementen wie Chrom, Aluminium und Vanadium geleistet wird. An der Oberfläche wird zudem eine Verbindungsschicht aus Eisennitriden gebildet.

Vergleich der Oberflächenstruktur verschiedener Beschichtungssysteme auf Zylindern (Bild: A. Wagner)

 

Darüber hinaus kann zur Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit nachfolgend und im selben Prozess oxidiert werden. Mittels der PACVD-Technologie können siliziumdotierte amorphe Kohlenstoffschichten (a-C:H:Si, Diamond Like Carbon – DLC) abgeschieden werden. Eine derartige Kombinationsschicht ist unter der Bezeichnung Duplex DLC Xtended® verfügbar.

Kommerzielle Beschichtungstechnologie (z. B. GASOX®/PLASOX® erfüllen Korrosionsbeständigkeiten zwischen 24 und 120 Stunden im neutralen Salzsprühtest (NSS, ISO 9227), während die Kombinationsschichten (z. B. Duplex DLC Xtended®) Beständigkeiten von über 500 Stunden im NSS erreichen. Der Vortragenden zufolge erzielen Systeme wie GASOX® und PLASOX® ähnliche ­Ergebnisse in Korrosions- und tribologischen Tests bei Hydraulikzylindern mit Dichtungen als Gegen­körpern wie klassische Chrom- und Nickel-
Chrom-Schichten (Vergleich mit einlagigen Chromschichten mit 20 µm Dicke).

Recycling von ­metallisierten Kunststoffen

Eines der wichtigsten Ziele beim Galvanisieren von Kunststoffen ist die Herstellung ­eines sehr guten Haftverbunds zwischen ­Metall und Kunststoff durch eine spezielle Vorbehandlung des Polymers. Vor allem die gute Haftfestigkeit garantiert die Langlebigkeit und Qualität der beschichteten Teile. Bei der Aufbereitung von herstellungsbedingtem Produktionsausschuss, das Thema, mit dem sich David Zapf von der Hansgrohe SE befasst, stellt diese Haftung jedoch eine Herausforderung hinsichtlich der Wiederauf­bereitung dar.

Um eine möglichst gute Aufbereitung als Basis eines Wiedereinsatzes der verwendeten Materialien erzielen zu können, wurde im Unternehmen des Vortragenden ein mehrstufiges Recyclingverfahren entwickelt. Im ersten Schritt werden die Teile mittels Schneidemühlen zerkleinert und damit die spezifische Oberfläche vergrößert. Anschließend folgt ein Verbundaufschluss in Form eines Schockwellenaufschlusses – hier werden Schockwellen durch Elektroden in Wasser eingesetzt – einschließlich einer Sortierung. Nach Klassierung und Entwässerung werden Kunststoff und Metall magnetisch getrennt. Gemäß diesem Konzept ist eine Containeranlage mit einer Kapazität von 100 Tonnen pro Jahr im Einsatz.

Das hergestellte Recyclat besitzt eine vergleichbaren E-Modul wie Neumaterial, eine höhere Schlagzähigkeit und Haftfestigkeit der galvanischen Schicht im Vergleich zu Neumaterial, während Bruchdehnung und Zugfestigkeit geringfügig abnehmen.

Aufbereitungsmethode zur ­Behandlung von Waschwässern aus der Oberflächenbeschichtung

Dr. Annika Bauer, Hansgrohe SE, befasst sich mit der Entwicklung von Verfahren zur Aufbereitung von Reinigungsmitteln, wie sie als Vorbehandlung vor einer PVD-Beschichtung zwingend erforderlich sind. Um ­anhaftende Schmutzpartikel sowie Fette und ­Wachse restlos zu entfernen, werden häufig Lösemittel eingesetzt, die innerhalb des Prozesses nicht vollständig rückgeführt werden können und unter anderem über das Waschwasser ausgetragen werden. Geltende Grenzwerte schränken eine Indirekteinleitung dieser Wässer in die Kanalisation ein. Infolgedessen werden diese Wässer häufig an lokale Entsorgungsunternehmen gegeben und dort energieintensiv verbrannt.

Als Ansätze zur Aufbereitung der vorliegenden Abwässer wurden die Abtrennung mittels Ultrafiltration, die Spaltung von Schadstoffen durch Oxidation, das Verdampfen sowie das Binden von Schadstoffen durch Adsorption untersucht. Bei den vorliegenden belasteten Abwässern wurden mittels Vakuumverdampfung keine nennenswerte Effekte zur Aufbereitung erzielt und mittels Ultrafiltration wurde eine geringe Reduktion der Schadstoffanteile erreicht. Gute Ergebnisse brachten die eingesetzten Verfahren der Adsorption, die sich zudem durch eine sehr gute Anwendbarkeit auszeichneten. So konnten bei den angewandten Batchversuchen die CSB-Anteile um 77 %, der Anteil an modifizierten Alkoholen um 92 % und der Anteil an Kohlenwasserstoffen um 98 % gesenkt ­werden.

Entscheidungshilfe für komplexe Systeme

Ursachen für ­unbeabsichtigte ­Folgen von Entscheidungen

Wie Dr. Malte Zimmer, ZVO e. V., einleitend betonte, sind Planungen und Entscheidungen sowohl im familiären Bereich als auch in der Industrie natürlich auf die Zukunft gerichtet. Es wird davon ausgegangen, einen stabilen Zustand mit ausreichender Robustheit gegen äußere Einflüsse erreichen zu können, der Vorausplanung und Voraussagen scheinbar erst möglich macht. Betriebliches Controlling verwendet beispielsweise viele spezifische Kenndaten, die aus der Vergangenheit abgeleitet sind. Wettermodelle greifen auf massive Datenmengen zurück, um Vorhersagen zu machen. In der Pandemie werden Populationsmodelle zur Vorhersage des Infektionsgeschehens verwendet und permanent mit Daten gefüttert.

Trotz dieser stets hohen Aufwände sind oft Nachbesserungen und Folgemaßnahmen beziehungsweise Korrekturen nötig und die tatsächlichen Entwicklungen weichen vielfach stark von den Annahmen und Voraussagen ab. Damit können auch kurzfristige Vorhersagen für kleine Bereiche oft unzutreffend sein, was sich besonders eindrücklich an Wettervorhersagen erkennen lässt.

Solche Abweichungen und Schwankungen sind in vielen Systemen unvermeidbar. Auch große Schwankungen können systemimmanent sein bis hin zu chaotischem Verhalten. Dies zeigte Dr. Zimmer an einigen einfachen, auch alltäglichen und betrieblichen Beispielen. Nach Meinung des Vortragenden lassen sich die zunächst überaus schwierig erscheinenden Anforderungen durch ein geeignetes Planungswerkzeug bewältigen. Dieses Werkzeug bietet eine andere Übersicht über die Einflussgrößen als herkömmliche Verfahren und erlaubt es, kritische Eingriffe oder das Übersehen kritischer Größen zu vermeiden.

Einfluss der ­Trommelgröße bei der Anlagenplanung

Ein Faktor bei der Anlagenplanung in Betrieben der Galvanotechnik ist die Auslegung der Anlagenkapazität, im Falle einer Beschichtung von Schüttgut also der Trommelgröße. Mit den sich daraus ergebenden Entscheidungswegen setzte sich Tim Lippert in seinem Vortrag ­auseinander. Seinen Erfahrungen zufolge hat die Größe einer Trommel direkte Auswirkungen bei der Planung einer Anlage aber auch Auswirkungen, die erst im späteren Einsatz zum Tragen kommen.

Wirklich deutlich wird die große Zahl an unterschiedlichen Einflussgrößen, wenn die direkten und indirekten Eigenschaften auf den Beschichtungsprozess, die hergestellten Schichten, die Beziehung zu den Kunden (Preis, Lieferzeiten), die personelle Ausstattung im Unternehmen oder die notwendigen peripheren Einrichtungen eines Betriebs ins Auge gefasst werden – hier listet Lippert mehr als 50 Größen auf. Besonders schwierig ist die Entscheidung für die Trommelgröße, da die Abhängigkeiten zwischen Trommelgröße und betrachteter Parameter häufig einen nichtlinearen Verlauf zeigen. Das Endergebnis für den Beschichtungsbetrieb kann nach Ansicht von Tim Lippert zwischen sehr erfolgreich und insolvent liegen.

Wirkmatrix als Instrument für ­effizientere Analyse komplexer Systeme

Ob im Alltag oder Beruf, äußere Einflüsse bestimmen die Entscheidungen des Einzelnen in vielfältiger Art und Weise. Zudem werden Fragestellungen in der Gesellschaft durch zunehmende Regularien immer undurchsichtiger. Anna Endrikat von der Technischen Universität Ilmenau befasst sich mit Ansätzen zur Entscheidungsfindung für den Fall, das ein konkretes Problem zu komplex wird. Dazu stellte sie einen Ansatz der systemischen Modellbildung am Beispiel der anodischen Oxidation von galvanischen Abwässern vor. Dabei werden für das System relevante Parameter definiert und deren Beziehungen zueinander analysiert. Als Ergebnis resultiert eine sogenannte Wirkmatrix, die als quantifizierbares Instrument zur Bewertung der äußeren Einflüsse dient. Basierend auf der Wirkmatrix können für das System kritische, ruhende, aktive und passive System­elemente identifiziert werden. Zur Bearbeitung der entsprechenden Anforderungen werden folgende Einzelschritte betrachtet:

  • System, Problem und Ziel definieren
  • Wesentliche Elemente des Systems identifizieren (Systemparameter)
  • Wechselwirkungen zwischen den Elementen erfassen
  • Wirkmatrix erstellen
  • Rolle der einzelnen Elemente im System ermitteln
  • Schlussfolgerungen ziehen

Die sich ergebende Wirkmatrix lässt erkennen, wie stark die einzelnen 24 Wirkgrößen auf das Gesamtsystem in welchem Umfang Einfluss nehmen.

Beispiel für eine Wirkmatrix für den Fall der anodischen Oxidation galvanischer Abwässer (Bild: A. Endrikat)

 

Mit Hilfe praktischer Experimente zur anodischen Abwasserbehandlung mit bordotierten Diamantelektroden wurde der Einfluss dieser Elemente aufgezeigt. Daraus ergeben sich Anhaltspunkte dafür, ob ruhende Elemente wirklich den schwächsten Einfluss auf das System haben. In diesem Fall könnten sie für das System als vernachlässigbar eingestuft werden.

Für die Abstraktion auf andere Systeme bedeutet dies, dass bei vorheriger Analyse der Wirkmatrix viele praktische Untersuchungen effizienter gestaltet werden können, da ruhende Elemente nicht detailliert betrachtet werden müssen.

Nachhaltiges Planen und Entscheiden – Zusammenfassung eines Workshops

Mathias Fritz, Technische Universität Ilmenau, gab im letzten Vortrag der Reihe über Entscheidungshilfen für komplexe ­Systeme ein Resümee zu einem Workshop an der TU Ilmenau aus dem Vorjahr, der sich mit der Frage befasste, wie sich Entscheidungen in komplexen Umgebungen bewertbar und gegeneinander abwägbar machen lassen.

Komplexe Systeme bestehen aus zahlreichen Komponenten, die in vielfältiger Form wechselwirken und rückkoppeln. Bekannte mathematische Herangehensweisen scheitern hier oft bei der Folgenanalyse. Komplexe Systeme weisen keine eindeutige Ursache-Wirkung-Beziehung auf.

Für den Workshop wurde unter anderem die Edelmetallbeschichtung für siliziumbasierte Halbleitermaterialien als Übungsbeispiel herangezogen und der Fokus auf die lichtunterstützte Abscheidung von Platin gelegt.
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