SCHOOLPLATE II – Transferprojekt zur Berufsbildung auf der Zielgeraden

Oberflächen 04. 04. 2023

Von Dominique-Navina Pantke, Fraunhofer IPA, Stuttgart

Das deutsch-thailändische Kooperationsprojekt zur Berufsbildung, kurz SCHOOLPLATE (I+II), hat es sich zum Ziel gesetzt, die thailändische Galvanikindustrie zu stärken und vor Ort berufliche Bildungsmaßnahmen zu etablieren. Ein Resümee nach etwas mehr als drei Jahren Gesamtlaufzeit.

Das Berufsbildungsprojekt, das seinen Ursprung in einer Forschungskooperation zwischen dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart und der Chulalongkorn ­Universität Bangkok hat, befindet sich trotz massiver pandemiebedingter Einschränkungen auf einem vielversprechenden Weg. In zwei Projektphasen [1, 2] wurde ein umfassendes und bedarfsorientiertes Weiterbildungskonzept entwickelt und mit Fokus auf betriebliche Maßnahmen pilotiert.

SCHOOLPLATE Academy – Kurse für Beschäftigte der Galvanikindustrie

Die ersten Pilotkurse fanden ab der zweiten Jahreshälfte 2022 vor Ort und in Kooperation mit dem Materials Science Research Institute (MMRI) der Chulalongkorn Universität Bangkok statt. Thematisch wurde dabei zunächst ein Basiskurs umgesetzt, in welchem die Teilnehmenden ganz praktisch neben dem Elektrolytansatz auch die Grundzüge der Titration und Abscheidung kennenlernten. Daneben wurde ein Kurs für Fortgeschrittene zum Thema Fehleranalyse realisiert. Das langfristige Ziel des binationalen Projektteams ist die Etablierung einer eigenständigen Trainingsakademie (SCHOOLPLATE Academy), die regelmäßig Kurse für Beschäftige der thailändischen Galvanikindustrie anbieten soll. Das Projektteam hat neben weiteren Maßnahmen die Ausgründung der SCHOOLPLATE Academy angestoßen.

Die qualitative Grundlage zur Ausgestaltung entsprechender Themen und Kurse war hierbei die Betriebsbefragung, die in der ersten Projektphase im Sommer 2020 durchgeführt wurde, sowie ein ebenfalls seit 2020 bestehender nationaler Qualifikationsrahmen für Berufe der Metallverarbeitung, der durch das örtliche Thailand Professional Qualification Institute (TPQI) entwickelt wurde. In drei unterschiedlichen Kompetenzbereichen (beispielsweise dem Electroplating Practitioner) und verschiedenen Niveaustufen wird hierin festgelegt, welches Wissen Beschäftigte mitzubringen haben, um dem Standard zu entsprechen.

Um nicht nur das Wissen der aktuell wie zukünftig Beschäftigten anzureichern, sondern auch ihre Handlungskompetenz und ihre Fertigkeiten zu stärken, wurden verschiedene Kursformate im Projektkontext entwickelt und übergreifende Kompetenzfelder in die Kursstruktur der SCHOOLPLATE Academy eingefügt, die (noch) nicht in dem vorhandenen TPQI-Standard abgebildet sind. So ist im Projektverbund ein 40 Maßnahmen umfassendes Kurssystem entstanden, welches in Zukunft in thailändischer Verantwortung weitergetragen wird. Das Fraunhofer IPA wird hierbei nach Projektabschluss beratend zur Verfügung stehen.

Das Ziel: Ein regelmäßiges und stetiges Kursangebot

Im Lauf des Jahres sollen von thailändischer Seite nun Schritt für Schritt weitere Maßnahmen, zum Beispiel ein grundlegender Kurs zu Electrochemistry, umgesetzt und die Aktivitäten rund um die SCHOOLPLATE Academy verstetigt werden. Langfristiges Ziel ist ein regelmäßiges und stetiges Angebot verschiedener Kurse im Jahresverlauf, so dass es Teilnehmenden möglich ist, sich nach entsprechenden Kursbesuchen für einen bestimmten Kompetenzbereich und der passenden Niveaustufe auch zertifizieren zu lassen. Dies ermöglicht auf lange Sicht sowohl für die einzelnen Mitarbeitenden wie auch für die Betriebe eine gewisse Transparenz darüber, was an fachlichem Know-how und an Fertigkeiten im Betrieb vorhanden ist.

Von deutscher Seite wurde im Projektverlauf zur Sicherstellung dieses Vorhabens neben der übergeordneten Struktur, dem Kursaufbau und inhaltlichen Leitfäden auch intensiv an der Ausbildung der thailändischen Academy-Lehrkräfte gearbeitet. So fanden zuletzt im März 2023 zwei Workshops zum Thema Train-the-Trainer statt. Aufgrund der Projektverlängerung ist es nun zudem möglich, die Verstetigung der bisherigen Aktivitäten noch ein Stück weit zu begleiten und weiter zu forcieren.

Das Projektteam und die Teilnehmenden nach Abschluss des zweiten Pilotkurses Failure Analysis, 26. Oktober 2022 (Bild: MMRI)

 

Basiskurs an Bedürfnisse des ­Eastern Economic Corridor angepasst

In Bezug auf eine grundlegende Erstausbildung war das Vorhaben dagegen zusätzlichen Hürden aufgrund der stark bürokratisierten und hierarchischen Strukturen in Thailands Bildungslandschaft unterworfen. Zum Erscheinen dieses Artikels konnte hierzu zunächst eine sogenannte Insellösung rea­lisiert werden. Die in Thailand stark im ­Fokus stehende Region des Eastern Economic Corridor (EEC) erwies sich diesbezüglich als starke Partnerin. Gemeinsam mit Betrieben des lokalen Galvanikverbandes TEPNET wurde eine speziell an die Bedürfnisse des EEC angepasste Pilotierung des Basiskurses umgesetzt, mit dessen Hilfe sowohl Lehrkräfte als auch Schülerinnen und Schüler angesprochen werden können. Die weitere Entwicklung im Rahmen der Erstausbildung liegt nun hauptsächlich in der Hand der thailändischen Seite.

Literatur

[1] Dominique-Navina Pantke, Klaus Schmid: Internationales Kooperationsprojekt zur Berufsbildung in der Galvanotechnik; WOMag 6/2020; https://www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2020/06/20_ipa_rubrik_06j2020/20_ipa_rubrik_06j2020.php

[2] Dominique-Navina Pantke: SCHOOLPLATE II – Deutsch-thailändisches Kooperationsprojekt zur Berufsbildung geht in die zweite Runde; WOMag 6/2021; https://www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2021/06/22_ipa-rubrik_06j2021/22_ipa-rubrik_06j2021.php

Text zum Titelbild: Teilnehmerinnen des ersten Pilotkurses Applied Electrochemistry - Practical Electroplating, 1. bis 2. Juni 2023 (Bild: Fraunhofer IPA)
 

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