Die ZVO-Oberflächentage 2019 in Berlin fanden erneut einen außergewöhnlich guten Zuspruch, was nicht nur am attraktiven Veranstaltungsort und der hohen Politpräsenz am Eröffnungstag lag, sondern auch an dem breit gefächerten Tagungsprogramm. Moderne Aspekte der Prozessführung fanden beispielsweise unter dem Stichwort Industrie 4.0 mit sechs Einzelvorträgen zu ERP-Systemen, Lösungen für die Automatisierung oder verschiedenen Mess- und Sensoranwendungen Berücksichtigung. In einem weiteren umfangreichen Themenblock zu neuen Anforderungen an die Oberfläche wurden neun Vorträge über die chemische Vernickelung, Chromabscheidung oder PVD-Technologie geboten.
Der Vorsitzende des Zentralverband Oberflächentechnik e. V. ZVO, Walter Zeschky, eröffnete die ZVO-Oberflächentage 2019 mit berechtigtem Stolz: Nicht nur 680 Teilnehmer und 78 Aussteller belegten das hohe Interesse der Branche an der Veranstaltung – mit gewichtiger Politikpräsenz durch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier als Eröffnungsredner sowie Wolfgang Bosbach als Festredner wurde die Bedeutung der Oberflächentechnik für die deutsche Wirtschaft unterstrichen. Zeschky wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Branche der Oberflächentechnik, insbesondere die Galvanotechnik mit ihrem hohen Energiebedarf, mit ihren mehrheitlich kleinen und mittleren Unternehmen, stark durch gesetzliche Regulierungen belastet ist. Zu nennen sind Anforderungen durch REACh oder das EEG. Hieraus erwachsen hohe Belastungen durch Netzentgelte, Abgaben für freigesetztes Kohlenstoffdioxid, aber auch durch überhandnehmende Bürokratie. Neben diesen negativen Rahmenbedingungen sind im Moment zunehmende Unsicherheiten durch die - meist politisch verursachte - sich verschlechternde weltweite Wirtschaftssituation zu spüren. So wird in der Branche bereits über die Einführung von Kurzarbeit, vor allem bei den Zulieferern der Automobilwirtschaft, nachgedacht.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier mit Walter Zeschky (links oben), Wolfgang Bosbach (rechts oben) boten den Auftakt zu diesjährigen Tagung von ZVO und DGO in Berlin, die am ersten Tag mit einer beeindruckenden Musikshow endete(Bilder: ZVO/Sven Hobbiesiefken)
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier griff den Faden von Walter Zeschky auf und zeigte Verständnis für den Mittelstand, der nach seiner Überzeugung der eigentliche Wirtschaftsmotor der deutschen Industrie darstellt. Ganz besonders wies er auf die Bedeutung der Galvano- und Oberflächentechnik als Lieferant für einen ressourcenschonenden und sehr wirkungsvollen Korrosionsschutz hin. Er betonte aber auch, dass die Industrie in ganzer Breite Innovationen schaffen muss, um den nicht aufzuhaltenden Wechsel in der Automobilindustrie auszugleichen. Hier sind ihm zufolge bereits deutliche Versäumnisse festzustellen. So darf nicht reaktionslos hingenommen werden, dass praktisch der gesamte Umfang an Batterien und Akkumulatoren aus Asien bezogen wird, insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass die Stromspeicher etwa 30 Prozent der gesamten Wertschöpfung eines Automobils ausmachen.
Zudem dürfen sich die deutsche und europäische Industrie nicht von der Herstellung wichtiger Güter verabschieden, wie es beispielsweise für die Herstellung von Schienenfahrzeugen erfolgt ist. Auslöser war hier die Verhinderung eines Zusammenschlusses von Siemens und Alstom, der sich nach Ansicht von Bundesminister Peter Altmaier auf anderen Gebieten nicht wiederholen darf. (Grund waren vor allem kartellrechtliche Bedenken der EU-Behörden.).
Zu den wichtigen Herausforderungen für die Bundesregierung zählen nach Aussage von Bundeswirtschaftsminister Altmaier:
- Senkung der Stromkosten (Netzentgelte und Höhe der EEG-Umlage)
- Senkung beziehungsweise Begrenzung der Sozialabgaben
- Wiedereinführung der Meisterpflicht (als Basis für eine Betriebsgründung)
- Reduzierung der Bürokratie für Unternehmen
- Abschaffung der Solidaritätsabgabe
- Schaffung einer Kultur der Wertschätzung für Berufsgruppen in Handwerk und Produktion, verbunden mit einer Wertschätzung des Unternehmertums
Um diese Ziele zu erreichen, setzt sich der Bundesminister für eine deutliche Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein. Dazu sollen verstärkt Anreize geschaffen werden, um Fachkräfte zu gewinnen und in zunehmendem Maße deren Aus- und Weiterbildung zu fördern. Dies wird nach Ansicht von Peter Altmaier den Mittelstand erheblich unterstützen, insbesondere wird es die derzeit bestehenden Probleme bei der Findung von Nachfolgern in den kleinen und mittleren Unternehmen mildern.
Walter Zeschky begrüßte die Bemühungen des Bundeswirtschaftsministers und forderte die Unternehmen der Oberflächenbranche auf, die Bundesregierung bei ihren Bemühungen zu unterstützen und an der angestrebten Verbesserung der Wirtschaftssituation aktiv mitzuwirken.
Ehrungen und Preise
Im Rahmen der ZVO-Oberflächentage und der zeitgleichen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik e. V. (DGO) wurden am Eröffnungsabend Mitglieder für das Mitwirken in den Verbänden geehrt beziehungsweise Preise für Arbeiten aus dem Bereich der Oberflächentechnik vergeben.
In Anerkennung seiner besonderen Verdienste für den Verband überreichten Dr. Andreas Dietz und Rainer Venz Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Lampke eine DGO-Plakette. Prof. Lampke ist neben seiner Mitarbeit im DGO-Fachausschuss Forschung auch im Gemeinschaftsausschuss Kombinierte Oberflächentechnik aktiv. Im Jahr 2012 wurde er in den Vorstand der DGO gewählt und war bis zu seinem Ausscheiden Ende 2017 stellvertretender Vorsitzender. In diese Zeit fiel auch das BMBF-Forschungsprogramm InnoEMat, das er maßgeblich mitinitiierte und für die DGO vorantrieb. Ein großes Anliegen ist es ihm, den wissenschaftlichen Nachwuchs an den Universitäten und Hochschulen in die Aktivitäten der DGO einzubinden.
Dr. Andreas Dietz, Prof. Dr. Lampke und Rainer Venz (v.l.n.r.) (Bild: ZVO/Sven Hobbiesiefken)
Die DGO-Ehrennadel für zehn Jahre Mitgliedschaft in der DGO erhielten Lukas Henningsen, Dr. Thorsten Kühler, Christine Niederle und Michael Nitzsche; die DGO-Ehrennadel für 25 Jahre Mitgliedschaft erhielt Andreas Bayer.
Der diesjährige Nachwuchsförderpreis der DGO, überreicht durch Prof. Dr. Wolfgang Paatsch und verbunden mit einem Scheck über 1000 Euro, ging an Rayko Ehnert von der Hochschule Mittweida. Er hat im Rahmen seiner Promotionsarbeit einen cyanidfreien Prozess zur Goldabscheidung entwickelt. Mit dem von ihm hergestellten Gold(I)-Methansulfonsäure-Komplex lassen sich Goldschichten für elektronische Schaltungen im ENIG-Prozess herstellen.
Prof. Dr. Paatsch (r.) überreicht den Nachwuchsförderpreis an Rayko Ehnert (Bild: ZVO/Sven Hobbiesiefken)
Christiane Knoblauch und Klaus Schmid (beide beschäftigt am Fraunhofer IPA in Stuttgart) erhielten den diesjährigen Heinz-Leuze-Preis, überreicht von Prof. Dr. Bund, für eine Veröffentlichung zur elektrolytischen Abscheidung von Gallium und dessen Einsatz in der Recyclingindustrie. Gallium wird vor allem als III-V-Verbindungshalbleiter Galliumarsenid in der Hochfrequenztechnik, beispielsweise für HF-Transistoren, und in der Optoelektronik, beispielsweise für Leuchtdioden, verwendet. Eine Besonderheit von Gallium ist dessen niedriger Schmelzpunkt von unter 30 °C, was wiederum nach elektrolytischer Abscheidung erlaubt, das Metall durch leichtes Erwärmen der Elektrode in flüssiger Form abzutrennen und einer Wiederverwendung zuzuführen. Die Arbeit wurde in der Zeitschrift Galvanotechnik veröffentlicht.
Prof. Dr. Bund (r.) und Sylvia Leuze-Reichert überreichen den Heinz-Leuze-Preis an Klaus Schmid (Bild: ZVO/Sven Hobbiesiefken)
Festvortrag
Dass Politik auch humorvoll sein kann, bewies der langjährige CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach mit seinem Festvortrag Halbzeit in Deutschland - die Welt im Wandel. Bosbach verstand es, mit seinem kaum zu übertreffenden, rheinischen Humor den Zuhörern auch ernste Themen eingänglich zu vermitteln. Er verwies darauf, dass Humor in der Politik in vielen Fällen unerlässlich ist, um die häufig vorkommenden Diskrepanzen zwischen den Lagern aus dem Weg räumen zu können. Er betonte aber auch eindringlich, dass man derzeit das beste Deutschland in seiner 1000-jährigen Geschichte hat. Dies wird nach seinen Worten leider durch viele unverständliche, vor allem durch nationalistisch falsch verstandene Aktivitäten schlechtgemacht. Anders als in den USA oder in Frankreich versteht es Deutschland kaum, auf die Leistungen der Nation stolz zu sein. Als eine solche sieht Bosbach die gelungene Wiedervereinigung von West- und Ostdeutschland mit den enormen Anstrengungen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Anpassungen der früheren Systeme.
Darüber hinaus vertritt er die Ansicht, dass die Europäische Union unerlässlich ist, um mit den bestehenden Riesenstaaten USA, China oder Indien in Zukunft auf Augenhöhe bestehen zu können. Dabei machte er deutlich, dass die Unternehmen als Garanten des bestehenden Wohlstands von der EU verlässliche Rahmenbedingungen und Grundlagen für ihre Planungen benötigen. Bei einem Scheitern der Europäischen Union mit Rückfall in die selbst agierenden Nationalstaaten wird Deutschland ebenso wie alle anderen in die Bedeutungslosigkeit abrutschen.
Fachtagung
Die Fachtagung der ZVO-Oberflächentage wurde vom scheidenden DGO-Vorsitzenden Rainer Venz eröffnet. Dieser lobte die hohe Beteiligung und zeigte sich sehr erfreut über die große Zahl an jungen Fachleuten und den hohen Anteil an Tagungsteilnehmerinnen.
Cyberphysische Systeme in der Galvanotechnik
Die moderne industrielle Produktion strebt in zunehmendem Maße eine Optimierung der gesamten Fertigungsprozesse, auch über mehrere Unternehmen hinweg an, um Energie und Ressourcen einzusparen oder die Flexibilität der Herstellprozesse zu erhöhen. Wie Prof. Dr. Christian Herrmann vom Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST, Braunschweig, einführend betonte, werden dazu die Fertigungsprozesse detailliert beschrieben, was sich nach bisheriger Erfahrung für die Galvanotechnik als schwierig herausgestellt hat. Alternativ wird zu diesem Zweck verstärkt auf eine Modellbildung, wie sie unter dem Begriff Industrie 4.0 bekannt ist, gesetzt, wodurch Zeit und Kosten eingespart werden können. Als Vorteil wird dabei gesehen, dass die dafür eingesetzte Visualisierung der Prozessabläufe besser erfassbar ist, als die Auflistung der Kennwerte in Tabellenform.
Prof. Dr. Christian Herrmann (Bild: ZVO/Sven Hobbiesiefken)
Die Umsetzung der Technologie wurde im Rahmen eines Projekts zur Abschätzung der Belastung mit Chrom(VI)verbindungen, wie sie für REACh benötigt wird, vorgenommen. Dabei zeigt es sich, dass die Planungssicherheit für die Produktion steigt. Mit den heute verfügbaren technischen Mitteln entsteht mit dem Ansatz des cyberphysischen Systems ein reales Abbild eines Produktionsprozesses als digitaler Zwilling. Dadurch werden Eingriffe in die reale Produktion möglich, wenn ungeplante Änderungen oder Störungen im Prozess auftreten. Im nächsten Schritt lassen sich daraus Vorhersagen, beispielsweise in Bezug auf die Energieverbräuche, ermitteln oder Änderungen im Ablauf von Beschichtungsprozessen simulieren. Inzwischen befinden sich die ersten derartigen Systeme in der praktischen Erprobung bei Unternehmen.
Ein weiterer Ansatz richtet sich darauf, dass die digitalen Systeme nicht mehr aus vorhandenen Datensätzen erzeugt werden, sondern zu selbstlernenden Systemen werden und damit noch schneller auf mögliche Einflüsse reagieren können.
Impulsvorträge
Michael Schätze, Atotech Deutschland, stellte ein neues Reinigungsverfahren vor, das mit einer niedrigen Temperatur, hoher Standzeit und sehr stabiler Reinigungsleistung betrieben werden kann. Das sich seit 2017 im praktischen Einsatz bei 17 Unternehmen befindliche Verfahren hat inzwischen eine Standzeit von etwa zwei Jahren erzielt. Das hochalkalische System ist für alle gebräuchlichen Werkstoffe einsetzbar und kann auf Ölabscheider verzichten. Das abgereinigte Öl wird unter Einsatz eines Additivs zersetzt und in gasförmiger Form entfernt.
Rainer Klein, Spiraltec GmbH, Sachsenheim, präsentierte ein System auf Basis der Dialyse, mit dem Säure aus wässrigen Systemen zurückgewonnen werden kann. Bisher findet das System vor allem im Bereich des Anodisierens Anwendung, wo es die Trennung von Schwefelsäure und gelöstem Aluminium bewirkt. Damit erhöht es die Effizienz der Verfahren und unterstützt die Bemühungen zur Vermeidung von Abfällen. Derzeit wird daran gearbeitet, die Dialyse auch für andere wässrige Lösungen einzusetzen.
Christian Kaiser, Coventya GmbH, Gütersloh, stellte die Produkte der zur Coventya-Gruppe gehörenden Microgleit vor. Die Produkte der Microgleit sind darauf ausgelegt, ein definiertes Reibverhalten zwischen Festkörpern zu gewährleisten. Die damit herstellbaren Trockengleitfilme kommen beispielsweise in Fahrzeugen zum Einsatz. Bei den zukünftigen elektrisch betriebenen Fahrzeugen garantieren sie die geforderten Eigenschaften bei Aluminiumverschraubungen.
Das Unternehmen von Heike Schneider, eska Schneider Lagersysteme GmbH, Eichenzell, stellt Paternosterlager her, die zunehmend Interesse in Galvanikbetrieben für die platzsparende Lagerung von Galvanogestellen finden. Die Systeme lassen sich beispielsweise an der Decke von Hallen anbringen, wodurch bauliche Änderungen entfallen können. Sie zeichnen sich unter anderem durch ihre kurzen Zugriffszeiten oder eine optimale Einbindung in ERP-Systeme aus.
Das Unternehmen Ellenburger Elektrolyse- und Umwelttechnik GmbH bietet Verfahren und Geräte für die Metallrückgewinnung und Wasseraufbereitung an, die Dr. Jens Krümberg vorstellte. Die dafür eingesetzten Diamantelektroden erlauben unter anderem die kostengünstige Herstellung von Peroxodisulfat.
Prof. Dr. Helmut Foppe, Fachhochschule Südwestfalen, Iserlohn, stellte den Studiengang Werkstoffe und Oberflächen vor. Dieser Fachbereich kommt der sehr großen Nachfrage aus der Industrie nach und unterstreicht den Bedarf der fachübergreifenden Kenntnisse auf dem Gebiet der Werkstoffkunde, Werkstofftechnik und Werkstoffverarbeitung in Kombination mit modernen Verfahren der Oberflächentechnik.
Im letzten Impulsvortrag zeigte Johannes Spahn, Gravitech GmbH, Rodgau, verschiedene Anwendungen angepasster Analyseeinrichtungen für die Galvanotechnik. Seiner Aussage zufolge ist der Grund für die hohe Akzeptanz und Effizienz der eingerichteten Systeme eine bestmögliche Anpassung an die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten. Dafür werden neben der baulichen Substanz des Kunden die fachlichen Qualitäten der zuständigen Mitarbeiter auf die verfügbaren Analysengeräte abgestimmt und mit einer betriebsorientierten Schulung verbunden.
Themenblock: Industrie 4.0
Virtuelle Badkarte
In modernen Produktionsbetrieben verhilft eine umfassende, automatisierte Erfassung von Maschinendaten bei der Optimierung der Produktion. In der Galvanotechnik ist nach den Erfahrungen von Dr. Maximillian Donath (SurTech Deutschland) dagegen eine manuelle Erfassung von Kennwerten der Elektrolyte üblich. Dies ist zum Teil dem Mangel an geeigneten Sensoren geschuldet, aber auch dem teilweise komplexen Zusammenspiel der Bestandteile von Elektrolytsystemen, dem Einfluss der Werkstoffe der zu beschichtenden Teil oder der unzureichenden Kenntnis über die Wirkungsweise und Wechselwirkung der beteiligten Systemgrößen.
Dabei kann eine Erfassung und zeitabhängige Darstellung von Prozessgrößen dabei helfen, beim Auftreten von Fehlerbildern deren Ursache schnell zu erkennen und gegen zu steuern.
Durch die Nutzung von IT-Lösungen für die Erfassung und Darstellung in Form einer virtuellen Badkarte kann beispielsweise Unterstützung durch technische Fachleute mittels Ferndiagnose erfolgen. Derartige Daten können zudem in Zukunft verstärkt für die Durchführung von Simulationen genutzt werden, die zu einem besseren Verständnis der Prozesse beitragen und die Prozessanpassung bei sich ändernden Rahmenbedingungen beschleunigen. Dazu wurde vom Unternehmen des Vortragenden ein Managementsystem entwickelt, das derzeit in der Praxis auf seine Tauglichkeit getestet wird. Zu den wichtigen Elementen des Systems zählt ein Modul für Troubleshooting, das mit oder ohne externe Unterstützung vom Anwender eingesetzt werden kann.
Smarter denken
Ebenfalls mit dem Einsatz von IT-Systemen, jedoch aus dem Blickwinkel der Produktionsplanung mittels ERP befasst sich Michael Helmuth (Softec AG). Dazu ist es nach Ansicht des Vortragenden notwendig, dass der Durchlauf der Produkte durch eine Fertigung zeitnah erfasst wird. Zu diesem Zweck wird seit vielen Jahren auf Barcodes gesetzt, in denen beispielsweise Kenndaten über ein Bauteil und dessen Bearbeitungsschritte verschlüsselt sind.
In einem neuen Ansatz wird diese Art der Datenerfassung im Unternehmen durch die RFID-Technologie erweitert. Dazu werden Behälter für den Transport von Teilen durch eine mehr oder weniger umfangreiche Produktionskette mit Dokumententaschen, die mit RFID ausgestattet sind, versehen. Im Betrieb eingerichteten Antennen lesen diese RFIDs und liefern damit sehr genau die Position der jeweiligen Teile. Durch die Festlegung von Standflächen für die Transportbehälter ist es so möglich, den Zustand der Bearbeitung über die Standfläche zu bestimmen.
Das damit erstellte Bewegungsprofil hilft, den Kunden mit exakten Lieferterminen zu versorgen, aber auch die eigenen Kapazitäten im Unternehmen abzuschätzen und die eigenen Mitarbeiter zu entlasten.
Neue Automatisierungslösungen
Holger Klempnow (KleRo GmbH) befasst sich mit der Effizienzverbesserung von Beschichtungsprozesse in galvanischen Betrieben. Dazu wurden in Zusammenarbeit mit der TU Chemnitz drei Ansätze ausgearbeitet.
Im ersten Ansatz wird ein Roboter dazu verwendet, Probenbehälter durch ein Labor zu lenken, die erforderlichen Kenngrößen der Elektrolyte und Aktivlösungen zu ermitteln und diese mit der Galvanikanlage in Steuergrößen für die Zudosierungen, Stromdichten oder Arbeitstemperaturen zu verarbeiten. Zugleich können daraus mit Hilfe statistischer Analysen Verlaufsprotokolle erstellt werden, die bei der Fehlersuche wertvolle Unterstützung leisten.
Im zweiten Ansatz entstand ein Mess- und Analysensystem zur online-Ermittlung der Stromdichte in den Abscheidepositionen. Dabei kommen beispielsweise Blenden, Hilfsanoden oder Anströmtechniken zur Anwendung, um die erforderlichen Schichtdickenverteilungen zu optimieren. Das System soll aufwändige Simulationen entbehrlich machen.
Der dritte Ansatz arbeitet mit Sensoren zur Steuerung der Ströme an Werkstücken oder Gestellen unter Einsatz mehrerer Anoden. Damit sollen Überbeschichtungen an Kanten vermieden werden.
Neue Ansätze zur Elektrolytführung
Die Zusammensetzung der galvanischen Elektrolyten zählen zu den wichtigen Einflussgrößen der daraus hergestellten Schichten. Dafür werden gezogene Proben in festgelegten Abständen analysiert und die Elektrolyte und Wirklösungen auf erforderlichen Sollwerte korrigiert. In der Regel erfolgt die Analyse und eine eventuelle Korrektur der Elektrolyte allerdings zeitversetzt, woraus sich Abweichungen von den geforderten Sollwerten bei den Schichten ergeben.
Der Verbrauch an Stoffen eines Elektrolyten unterscheidet sich bei Ermittlung aus Stoffbilanzierung und umgesetzter Ladungsmenge (Bild: K. Schmid)
Die Arbeitsgruppe um Klaus Schmid (Fraunhofer IPA) hat dafür ein Prozessmodell entwickelt, bei dem Abschätzungen hinsichtlich der zu erwartenden Veränderungen in der Zusammensetzung der Elektrolyte getroffen werden. Hierzu werden die zu beschichtenden Teile in Kategorien zum Beispiel aufgrund der Oberflächengeometrie mit den dabei auftretenden lokalen Stromdichteschwankungen (die sich wiederum auf den Verbrauch an Elektrolytbestandteilen auswirken) eingeteilt. Unter Einsatz eines cyberphysischen Systems (entwickelt im Rahmen eines ZIM-Projekts vom Institut IWF, Stuttgart, und der TU Braunschweig) lassen sich in Abhängigkeit der anfallenden Fertigungsmengen an Teilen die tatsächlichen Verbräuche der Elektrolyte (einschließlich der unvermeidlichen Verschleppungsverluste) simulieren. Erste Tests des Systems in der Praxis zeigen, dass die Analysenhäufigkeit bei Einsatz der neuartigen Elektrolytführung deutlich reduziert werden kann und gleichzeitig die Schichtqualität verbessert wird.
Online-pH-Messung
Daniel Schlak (Deutsche Metrohm) stellte ein wartungsarmes und zuverlässiges pH-Messsystem zum Einsatz in hochkonzentrierten Elektrolyten vor. Zwar zählt die pH-Messung zu der am häufigsten angewandte Messung beim Einsatz von wässrigen Lösungen, allerdings kann die Messung durch zahlreiche Faktoren in ihrer Genauigkeit deutlich beeinträchtigt werden. Dazu zählen Temperaturschwankungen, Beschädigung der Elektrode, Drifteffekte bei den zum Einsatz kommenden Elektroden oder Bildung von Ausfällungen an der Elektrode.
Durch die Einwirkung verschiedener Stoffe auf die Glasmembran einer pH-Elektrode (links) wird das Messergebnis verfälscht; dieser sogenannte Akalifehler ist je nach vorhandener Ionensorte unterschiedlich stark (rechts) (Bild: D. Schlak)
Um daraus resultierende Fehlmessungen zu vermeiden, wird die Verlegung der eigentlichen Messung von den jeweiligen Aktivpositionen in einer Galvanikanlage in eine externe Messzelle empfohlen. Eine externe Messzelle kann so eingerichtet werden, dass die regelmäßige automatisierte Kalibrierung und kontinuierliche Reinigung des Systems eine sehr stabile, dauerhaft korrekte Messung gewährleistet. In der Regel lassen sich die hierbei gewonnenen Messwerte ohne großen Aufwand einer Protokollierung zuführen und einer Auswertung im Sinne der Industrie 4.0 Philosophie unterziehen.
Automatisierung von Galvanikanlagen
Die in den letzten 10 bis 20 Jahren konzipierten Anlagen zur galvanischen Metallabscheidung zeichnen sich durch eine immer intensivere Nutzung der Datenerfassung aus. Trotzdem liegt nach Ansicht von Dr. Siegfried Kahlich (Ditec GmbH) immer noch ein großes ungenutztes Potenzial zur Optimierung der Beschichtungsprozesse unter Einsatz der Anlagensteuerung vor. Dies gilt besonders im Hinblick auf eine bessere Auslastung der Anlagen und eine Erhöhung der Produktionsqualität. Grund für die derzeit noch verbesserungswürdige Situation ist, dass die vorhandenen Daten nicht für vorausschauende Planungen genutzt sowie nicht in ausreichendem Maße erfasst werden.
Der Vortragende setzt wiederum unter Anwendung von cyberphysischen Systemen (z.B. das von der TU Braunschweig zusammen mit dem IWF, Stuttgart, entwickelte System) auf eine zukunftsweisende Verarbeitung von Daten. Daraus kann dann ein Verfahren zur intelligenten Wartung der Elektrolyte und Anlagentechnik (Pumpen, Heizungen, Sensoren), einem optimierten Einsatz von Chemikalien oder Warendurchfluss entstehen. Sinnvollerweise müssen diese Verbesserungen in bestehende ERP-Systeme eingebunden
werden.
Neue Anforderungen an die Oberflächentechnik
Moderne Kunststoffmetallisierung
Desiree Lemke befasst sich mit den Alternativen zu den derzeit in Anwendung befindlichen Verfahren zur Kunststoffmetallisierung. Diese werden sowohl im Hinblick auf die Aktivierung von Kunststoff unter Einsatz von Chromsäure als auch die galvanische Verchromung der aufgebrachten Metallschicht durch die Anforderungen aus REACh einem deutlichen Druck zur Entwicklung neuer Verfahren unterworfen.
Trocknung für Galvanikprozesse
Kernpunkte der Trocknungsanlagen sind die selbst entwickelte Technologie der sehr effektiven Luftentfeuchtung im Niedertemperaturbereich sowie die auf den jeweiligen Aufgabenbereich optimierte Luftführung. Das von Reinhold Specht (Harter GmbH) vorgestellte Trocknungsverfahren wird für jede Art der zu trocknenden Teile so angepasst, dass schnell und zielgerichtet die unterschiedlichen Trocknungsaufgaben erfüllt werden. Die Anlagen finden daher in Branchen wie der Automobilindustrie, Uhrenindustrie, Pharmatechnik, Entsorgung (vorwiegend zur Entfeuchtung von Schlämmen) oder Medizintechnik ihren Einsatz.
Gestelltrockner für die Galvanotechnik mit beweglichen Düsen für die fleckenfreie Trocknung (Bild: R. Specht)
Zu den besonderen Kennzeichen der Technologie zählt die Trocknung im Temperaturbereich zwischen etwa 40 °C und 75 °C, die hohe Effizienz durch Luftentfeuchtung mittels Wärmepumpe, die Trocknung im geschlossenen System (ohne Austausch mit Umgebungsluft) unter Verwendung angepasster Deckelsysteme, das druckluftfreie Ablasen und die hohe Energieeffizienz. Die geschlossene Luftführung erlaubt es zudem, dass die Technologie in Reinräumen zum Einsatz kommt und dadurch auch hochempfindliche Produkte der Elektronikbranche oder der Uhrenindustrie in bester Qualität trocknen kann. Für komplex geformte Teile werden beispielsweise Erweiterungen durch Luftpulsverfahren und für die nasschemische Oberflächenbehandlung in Trommeln oder Körben spezielle Anlagen zur gezielten Absaugung eingesetzt.
Moderne Gleichrichter – Aspekte der Betriebskosten
Die Stromversorgung zählt zu den entscheidenden Komponenten einer Galvanikanlage. Dabei ist nach Erfahrung der Referenten Thomas Mark und Lukas Büscher (Munk GmbH) zunehmend festzustellen, dass die Beschichtungsunternehmen aus Kostengründen und aufgrund nicht ausreichender Kenntnis über den Aufbau einer zuverlässigen Stromversorgung auf minderwertige Geräte ausweichen.
Dem Erwerb einer zuverlässigen, modernen Gleichrichtertechnik für galvanische Anwendungen sollte den Vortragenden zufolge eine intensive Planung vorhergehen. Hierzu müssen vor allem eine optimale Auslegung der Komponenten mit Leistungsreserven, die Kühlung der Geräte, das bestehende Verschmutzungsrisiko, die zu wählenden Leitungen zwischen Gleichrichter und Abscheideposition sowie die Möglichkeiten zu Wartung und Austausch von Geräten in Betracht gezogen werden. Darüber ist es von Vorteil, ein besonderes Augenmerk auf die im Gleichrichter verbauten Einzelteile zu legen. Hierbei zeigt es sich in der Praxis, dass die Zahl der verbauten Leistungsmodule das Ausfallrisiko einer Stromversorgung erheblich beeinflusst – je höher die Zahl um so höher das Ausfallrisiko. Im Falle eines erforderlichen Austauschs machen sich neben den Kosten für den Tausch die Ausfallzeiten für die Produktion deutlich bemerkbar, wie an Beispielen gezeigt wurde. Lieferanten von hochqualitativen Geräten legen darüber hinaus großen Wert auf eine möglichst lange Nutzungsdauer und tragen damit zu einer hohen Leistungsfähigkeit und Effizienz einer Galvanikanlage bei.
Kostenübersicht in der Nutzungsphase bei Einsatz modularer Gleichrichter (Bild: Th. Mark)
Verbesserung der Anodisierbarkeit
Die Aluminiumlegierungen der 2000er Reihe werden in der Luft- und Raumfahrt in umfangreichem Maße eingesetzt, da sie hervorragende mechanischen Eigenschaften besitzten. Allerdings zeigen sie nach Aussage des Vortragenden Roy Morgenstern, TU Chemnitz, eine schlechte Anodisierbarkeit. Dieser Effekt wird auf das in der Legierung vorhandene Kupfer und die daraus entstehenden Ausscheidungen zurückgeführt.
Wie Untersuchungen zeigen, werden teil- und inkohärente Ausscheidungen der Zusammensetzung Al2Cu beim Anodisieren bevorzugt aufgelöst, wodurch Hohlräume in der Anodisierschicht entstehen. Die Auflösung der Ausscheidungen führen zu höheren Anodisierspannung und damit auch zu dickeren Oxidschichten. Im Endeffekt ergibt sich daraus eine höhere Energieeffizienz der Anodisation. In weiteren Arbeiten werden die gewonnenen Erkenntnisse aus der variierten Wärmebehandlung mit den positiven Auswirkungen auf das Anodisieren auf andere technische Aluminiumlegierungen übertragen.
Einfluss der Vorbehandlung auf die Wertschöpfung
Nach Aussage von Jörg Martin (Galvimax) macht es Sinn, beim Einsatz einer Vorbehandlung die verschiedenen Kenngrößen des Verfahrens näher zu betrachten. Diese sind bei einer typischen Vorbehandlung die eingesetzten Bestandteile und die Standzeiten, die zu verwendende Arbeitstemperatur der Lösung, die notwendige Behandlung des anfallenden Abwassers oder die entstehenden Schlammmengen. Damit verbunden sind die Länge der Behandlungszeiten, der anfallende Wartungsaufwand sowie der notwendige Analysenaufwand. Die Optimierung der genannten Kenngrößen verbessert die Wertschöpfung der Vorbehandlung und damit die Wertschöpfung des gesamten Bearbeitungsprozesses.
Standzeit von chemisch abscheidenden Nickelelektrolyten
Die chemische Vernickelung von Aluminium gewinnt zunehmend an Interesse. Um Aluminium mit einer Nickelschicht versehen zu können, ist eine spezielle Vorbehandlung erforderlich, bei der das stets vorhandene Aluminiumoxid entfernt und mit einer ersten Metallschicht, in der Regel Zink, als Haftgrund versehen wird. Bei der nachfolgenden Vernickelung wird diese Zinkschicht durch Nickel ersetzt. Durch diesen Prozess reichert sich nach Aussage von Dr. Mathias Schnippering (Riag Oberflächentechnik AG) der eingesetzte Nickelelektrolyt mit gelöstem Zink und Aluminium an, was die Standzeit des Elektrolyten deutlich verringert. Allerdings treten deutliche Unterschiede zwischen Labor- und Praxisergebnissen bezüglich der Lebensdauer auf, ohne dass einfache Zusammenhänge zwischen Anreicherung mit Störstoffen und der Qualität der abgeschiedenen Nickelschichten zu erkennen sind.
Durchgeführte Untersuchungen zeigen, dass sich die Struktur der aufgebrachten Nickelschichten mit der Anreicherung an Störstoffen im Nickelelektrolyten deutlich ändert. Bei neuen Elektrolyten entstehen bei einer Art der Zinkatbeize (Vorbehandlung für die Beschichtung von Aluminium) pyramidenförmige Nickelkeime beziehungsweise Nickelkristalle. Mit zunehmender Nutzungsdauer (MTO-Zahl) des Elektrolyten weisen diese in zunehmendem Maße Störungen auf. Bei einer anderen Art der Zinkatbeize sind gut sichtbare Wachstumslinien in der Nickelschicht erkennbar, die mit steigendem Alter des Elektrolyten starke Störungen aufweisen bis hin zur Enthaftung der Nickelschicht. Parallel vorgenommene Potenzialmessungen zeigen eine Korrelation zur Qualität der Nickelschichten, allerdings in unterschiedlicher Stärke. Der Vortragende ist aufgrund der Untersuchungen zum Schluss gekommen, dass die Wachstumsform und -geschwindigkeit der inselförmigen Nickelkristalle von der zu beschichtenden Legierung und dem Elektrolytalter (MTO) abhängig sind. Darüber hinaus kann die Pyramidenstruktur der Nickelabscheidung als Maß für die Alterung beziehungsweise als Abschaltkriterium interpretiert werden.
Querschliff durch Nickel-Phosphor-Schichten aus unterschiedlich belasteten Elektrolyten zeigen zu Beginn kleine Pyramiden und mit zunehmendem Alter vermehrt Wachstumsstörungen (Bild: Dr. M. Schnippering)
Einführung eines Chrom(III)verfahrens – Praxiserfahrungen
Vor allem im Bereich der dekorativen Verchromung in Europa ist es absehbar, dass zukünftig Verfahren auf Basis von Chrom(III) die bisher verwendeten Verfahren weitgehend ersetzen werden. Thomas Linke (Willy Remscheid GmbH) hat diese Umstellung in seinem Betrieb seit kurzem in Angriff genommen. Allerdings bemängelt er das bisher geringe Interesse der Kunden an der Mitarbeit einer Umstellung. Daher kamen in erster Linie eigene Produkte für die Umstellung von Chrom(VI) auf Chrom(III) in Betracht.
Inzwischen hat sich die Situation verbessert. Die bisherigen Ergebnisse mit der neuen Beschichtung sind erfolgreich verlaufen, so dass in der weiteren Planung von etwa 50 % Anteil für Beschichtung mit Chrom(III)elektrolyten bis 2021 und von einer vollständigen Umstellung bis 2025 auszugehen ist.
Schwarze Oberflächen
Dr. Holger Sahrhage befasste sich mit den unterschiedlichen Arten der galvanischen Herstellung von schwarzen Oberflächen, die neben der Automobilindustrie in zunehmendem Maße auch in anderen Branchen Interesse finden. Zur Auswahl für die Herstellung stehen Verfahren mit Edelmetallen (Gold, Ruthenium), Schwarzchrom, schwarze Nickelverfahren, eingefärbte Anodisationsschichten, Nachbehandlungen für Zinkbeschichtungen, Lamellenbeschichtungen, KTL oder Brünierungen und Phosphatierungen.
Die schwarzen Oberflächen der galvanischen Zink- und Zinklegierungsschichten gewährleisten einen sehr guten Korrosionsschutz, führen aber oftmals zur Bildung eines Grauschleiers im Einsatz. Der Gauschleier entsteht durch eine Eindringen der Passivierung in vorhandene Risse der Zinkschichten, wodurch die Auflösung der Zinkschicht beschleunigt werden kann. Deshalb ist es empfehlenswert, die schwarzen Schichten zusätzlich durch Topcoats zu ergänzen.
Schwarze Schichten nach 1008 Stunden NSST mit Zink-Nickel-Eisen-Beschichtung (obere Doppelreihe) und Zink-Nickel (untere Doppelreich) im Vergleich (Bild: Dr. H. Sahrhage)
Deutlich bessere Ergebnisse im Hinblick auf die Beständigkeit werden durch die Verwendung einer Zink-Nickel-Eisen-Legierung erzielt. Weitere Möglichkeiten zur Verbesserung sind der Einsatz eine Nachtauchbehandlung mit einer Lösung auf Basis von Chrom(III) oder eines Topcoats, der bei 180 °C (anstelle der sonst üblichen 80 °C) eingebrannt wird. Diese Lösungen führen zwar zu höheren Herstellkosten, stellen aber derzeit das Optimum in Bezug auf die Farbe und die Korrosionsbeständigkeit dar.
Hochlegierte Zink-Eisen-Schichten
Das Metall Nickel steht auch bei galvanischen Schichten seit vielen Jahren in Bezug auf seine allergene Wirkung unter Beobachtung. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, sich mit einem möglichen Ersatz beispielsweise für die Zink-Nickel-Beschichtung zu befassen. Mike Krüger (Atotech Deutschland GmbH) stellte dazu das neue Schichtsystem Zink-Eisen mit einem hohen Eisenanteil zwischen 10 % und 20 % vor. Die galvanisch abgeschiedene Legierung bildet eine Gammaphase mit einem Eisenanteil zwischen 12 % und 16 %, die zu den sehr guten Korrosionseigenschaften der Legierung maßgeblich beiträgt.
Beim Aufbau des Elektrolytsystems sowie der möglichen Nachbehandlungen wurde darauf Wert gelegt, keine im Sinne der Gesundheit und Umwelt belastenden Stoffe beziehungsweise Rohstoffe zu verwenden. Dies betrifft insbesondere die notwendigen Passivierungen, Haftvermittler und Versiegelungen beziehungsweise Topcoats. Herstellbare sind neben den silberfarbenen, auf dem Metallton basierenden Beschichtungen auch schwarze Oberflächen.
Die neue Zink-Eisen-Beschichtung mit kobaltfreier Schwarzpassivierung und Nachtauchbehandlung im Korrosionstest (Bild: M. Krüger)
In den durchgeführten Korrosionstests zeigen die neuen Zink-Eisen-Beschichtungen deutliche bessere Ergebnisse als Zinkschichten aus akalischen Elektrolyten und je nach Nachbehandlung gleiche oder bessere Ergebnisse als Zink-Nickel. Bei der Beschichtung mittels KTL-Lack treten keine Abplatzungen, Blasen oder Unterwanderungen auf. Die Härte der Zink-Eisen-Schicht ist vergleichbar mit der von Zink-Nickel.
Dekorative Oberflächen aus Chrom(III)elektrolyten
Julius Gröne (SurTec GmbH) zeigte sich überzeugt, dass die Chromoberflächen aus Chrom(III)systemen in Bezug auf Farbe und Korrosionsbeständigkeit inzwischen durchaus den klassischen Oberflächen aus Chrom(VI)elektrolyten ebenbürtig sind. Allerdings ist es notwendig, sowohl für die Herstellung als auch den Einsatz Anpassungen an die Anforderungen vorzunehmen. Besonderes Augenmerk ist bei der Bestimmung der Chromfarbe auf die Messwerte und deren Vergleich mit Chrom(VI)schichten zu legen.
Bei der Einrichtung der Anlagentechnik steht der Einsatz geeigneter Anoden im Vordergrund. Für das System der SurTec stehen besondere Anoden zur Verfügung, die eine hohe Standzeit und eine hohe Stromausbeute erlauben. Zur Abscheidung von 0,2 µm bis 0,3 µm wird eine Abscheidedauer von 2 min bis 5 min benötigt. Um die erforderlichen Komplexbildner aus den anfallenden Abwässern zu entfernen werden spezielle Systeme angeboten. Darüber hinaus werden Ionenaustauscher zur Abreicherung von Fremdmetallen in den Elektrolyten benötigt. Besonders vorteilhaft ist nach Aussage des Vortragenden die höhere Tiefenstreuung. Im Vergleich zu Chrom(VI)systemen liegen die Betriebskosten für Chrom(III)elektrolyte um etwa 20 % höher.
PVD-Oberflächen für Sanitäranwendungen
Christoph Tschaar (Hansgrohe SE) befasst sich mit der Beschichtung von Kunststoffen durch PVD-Verfahren für Sanitärarmaturen. Für derartige Oberflächen wird in der Regel auf den Kunststoff ein Schichtensystem aus Kupfer, Nickel und Chrom mittels klassischer galvanotechnischer Verfahren aufgebracht. Damit handelt es sich bei der vorgestellten Beschichtung nicht um einen Ersatz von Chrom(VI)verfahren, sondern um eine Erweiterung des Spektrums.
Die galvanische Schicht liefert einmal die elektrische Leitfähigkeit für die PVD-Beschichtung und verhindert zum anderen das Ausgasen des Kunststoffes im Vakuum, das für PVD Voraussetzung ist. Darüber hinaus muss verhindert werden, dass das Substrat zu stark erwärmt wird. Die Erwärmung wird vermieden, indem längere Pausen in den Beschichtungsprozess eingefügt werden. Die Länge der Pausen wurde über eine komplexe Messung der tatsächlich auftretenden Temperaturen ermittelt. Auf Basis der Daten wurde der Beschichtungsprozess optimiert und damit die Bauteiltemperaturen auf 80 °C begrenzt. Bei höheren Temperaturen kommt es zu Haftungsproblemen zwischen Kunststoff und Metall.
Eine weitere einzustellende Kenngröße ist die Farbe der PVD-Schicht. Kritisch sind hierbei die möglichen Gase, beispielsweise Stickstoff, die während der Beschichtung in geringen Mengen in die Prozesskammer eingeleitet werden. Diese verändern die PVD-Schicht. Anspruchsvoll ist die Einstellung der Farbe deshalb, weil durch Hochglanz die Farbabweichungen deutlich schlechter zu erkennen sind. Dazu eignet sich die Festlegung, beispielsweise des b-Wertes eine üblichen Lab-Farbmessung. Zudem werden für die Herstellung von farbigen Oberflächen Grenzmuster festgelegt und benötigt.
Derzeit werden vom Sanitärdesign verstärkt schwarze Oberflächen gewünscht. Für diese eignet sich sehr gut die Kombination aus galvanischer Grundschicht (in großem Umfang matte Schichten) und PVD-Deckschicht. Im Falle der Farbvariante Mattschwarz handelt es sich um eine Mehrlagenschicht, bestehend aus Haftvermittler, Vorschicht und Deckschicht. Neben Farben sind hohe Anforderungen an die Abriebfestigkeit zu erfüllen. DLC-Beschichtungen, die ebenfalls schwarze abriebfeste Oberflächen erzeugen, scheiden aus Gründen der Prozesstechnik aus.
wird fortgesetzt